New York New York Bar Wien: unscheinbar, unaufgeregt, unglaublich schlechte Luft, ungeheuer gut

Beim Sorbet frage ich Wolfgang Ebner diskret, ob er uns nach dem Dinner noch zwei Plätze in Krugers Bar um die Ecke besorgen kann. Kurze Zeit später kommt er zurück und sagt fast peinlich berührt, keine Chance, alles sei für heute Abend ausgebucht, selbst für Gäste des Sacher, und das will in Wien was heißen. Aber Krugers Bar sei ja ohnehin nichts Besonderes mehr, ob wir denn die New York New York Bar in der Annagasse kennen würden. Wir verneinen und fragen, ob er uns dort zwei Plätze besorgen kann. Das ist nicht nötig, sagt er, sagen Sie Mounira einfach, dass Sie von mir kommen, sie ist dort die Barkeeperin. Spricht’s und gibt mir seine Visitenkarte, ein Oberkellner mit Visitenkarte vom Haus, das hatte ich bisher so auch noch nicht.

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Tatsächlich ist die New York New York Bar nur ein paar Schritte vom Sacher entfernt, in einer tagsüber ebenfalls belebten Seitengasse der Idiotenrennmeile, vulgo Kärtner Straße. Es ist eines dieser Etablissements, in die ich ohne ausdrückliche Empfehlung nie einen Fuß setzen würde, eine simple Glastür, die über ein paar Stufen zu einem fensterlosen, schmalen, langen Souterrain-Raum, eher schon -Gang führt, an den Wänden Bilder berühmter Zecher, Frank Sinatra etwa, das Publikum bunt gemischt mit gackernden jungen Weibspersonen bei der zweiten Pina Colada, müden Anwälten, die hier noch rasch einen Absacker nehmen, an einem der Tische ein typischer alter Sugar Daddy mit einer rausgeputzten jungen Dame, die gewiss seine Tochter nicht ist, sehr gemischtes Publikum also, hinten rechts im Raum ein kleiner Tresen mit ordentlicher, aber nicht überbordener Spirituosenauswahl, und zahlreichen gerahmten Urkunden, links der Weg zu den Aborten. Die Luft ist verraucht, überhitzt, stickig, es gibt ein paar hohe Bartische mit Hockern, zwei richtige Tische, ansonsten Bretter an der Wand als Abstellfläche für die Drinks. „This could be heaven, this could be hell.“ denke ich mir, als ich mich durch Menschentrauben zur Bar vorarbeite. Dort steht eine vielleicht (hoffentlich schreibe ich jetzt nichts falsches) sechzigjährige Frau, die mit sehr hoher Konzentration, Akribie, Schnelligkeit  und offensichtlich Können Drinks am laufenden Band mixt. Es ist Mounira Ellouzi, die gemeinsam mit ihrem Mann Farhat das New York New York seit 1988 betreibt, neben der Blue Hawaii Bar im 4. Bezirk. Farhat Ellouzi, gebürtiger Tunesier, war u.a. Barchef im Wiener Hilton und im Eldorado und wurde 1998 von Gault Millau als Barmann des Jahres ausgezeichnet, seine Frau gilt offensichtlich unter Insidern als Grande Dame der Wiener Bar-Szene. Und das alles von mir bis dato unbeobachtet. Irgendwann blickt die Keeperin von ihrer schweißtreibenden Arbeit auf, nimmt mich war, ich sage ihr, von wem ich komme und reiche ihr die Karte des Oberkellnerns, quasi als Legitimation, fast schon konspirativ, transpirativ ist es hier drinnen ohnehin. Sie lächelt freundlich und antwortet, ich möge mich doch bitte ein ganz klein wenig hier an der Theke gedulden. Keine fünf Minuten später kommt der junge, schmächtige Kellner (und schmächtig sollte man sein, um kellnernder Dings durch den vollen Schlauch zu flitzen, oder Bud Spencer) mit schwarzer Hose, weißem Hemd und Hosenträgern und bringt uns zuvorkommend an einen der raren Stehtisch mit Hockern. Zufall, dass dies so schnell ging  oder nicht? Einerlei. Die Barkarte verkündet selbstbewusst, dass man weder Wein noch Bier serviere, Respekt, da hat jemand einen Arsch in der Hose. Angeboten werden vielleicht 100 Cocktails und dazu noch Spirituosen, die Preise sind mit 8 bis 10 EURO ausgesprochen moderat, es gibt viele angeblich selbst kreierte Mixgetränke, „Excalibur“ zum Beispiel aus Weißem Rum, Apricot Brandy, Cherry Brandy, Amaretto, Zitronensaft, Ananassaft, ich weiß nicht, ob ich das wirklichen trinken würde wollen, aber mein verschrobenes Sprüchlein bei der Martini-Bestellung („Martini Cocktail, extra, extra, extra trocken, nur gewaschenes Bareis, allen Wermut weggießen, 8 cl Tanqueray Number Ten, gerührt, nicht geschüttelt, Lemontwist, keine Olive, sehr kalt, gefrostetes Glas“) versteht der junge Kellner problemlos, als hätte ich ein Glas Leitungswasser bestellt, wo andere nur dumm glotzen wie ein Kuh und ich meinen Martini mit dem Keeper selber verhandeln muss. Nochmals Respekt. Und die Drinks sind schließlich einfach perfekt, nichts zu kritteln, auch nicht pro forma, zum dritten Male Respekt für die New York New York Bar. Wenn m an mit der chronisch schlechten, rauchgeschwängerten Luft und der Enge zurechtkommt, und wenn man keinen Wert auf typische Barflys und Profitrinker legt, sondern sich mit gemeinen Nachtschwärmern zufrieden gibt, aber dennoch perfekte Drinks haben möchte, so ist das New York New York sicherlich ein guter Ort.

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NewYork NewYork Bar und Musik
Club Dido Gastronomie GmbH Nfg. KG
Farhat und Mounira Ellouzi
Annagasse 8
1010 Wien
Austria
Tel.: + 43 (1) 5 13 86 51
Fax: + 43 (1) 7 18 05 19
Online: www.newyork-bar.at
Email: office@newyork-bar.at

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