Von Bier zu Bier: Der Bayerische Brauereiführer – überflüssig

Wieder einmal haben unsere Österreichischen Nachbarn von der Medien-Tochter des Red-Bull-Konzerns uns etwas vorgemacht, vorgemacht in beiden Bedeutungen des Wortes: etwas voraushaben und – sagen wir mal – mit teils alternativen Fakten jonglieren. Anfang des Jahres erschien im bekannten Servus-Verlag „Von Bier zu Bier: Der Bayerische Brauereiführer“ von Katherine Wiesinger und Marc Ritter, letzterer vor allem bekannt als Krimi-Autor. Zwischen allerlei belehrenden und belanglosen Allgemeinplätzen über Bier und Landschaften werden hier auf je vier  Seiten 86 der 642 bayrischen Brauereien vorgestellt, ganz hübsch jeweils beginnend mit einem Bild des Bierfilzes, dann kurzes Brauerei-Portrait, Beschreibung der Biere, der Brauereigaststätte mit kulinarischen Spezialitäten, der Umgebung mit Tipps für Besichtigungen / Ausflüge, speziell auch für Kinder, ein paar Übernachtungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Preiskategorien und ein  paar klein-formatige Bildchen. Eigentlich ganz praktisch, sollte man denken, wenn man sich süffelnder-dings auf bierischer Erkundungstour durch Bayern bewegen will.

Doch bei genauerem Hinsehen kommen selbst einem Beute-Bayern wie mir („Zuagroaste“ nennt man uns hier) sehr rasch massive Zweifel. Dass zum Beispiel in Miltenberg die Faust-Brauerei lobend erwähnt wird, ist schön und gut und berechtigt, das Bier ist exzeptionell; dass dann aber das Gasthaus zum Riesen empfohlen wird, ist fragwürdig, ich jedenfalls würde mit jedem hadern, der mich in dieses Lokal, das für mich nicht mehr als eine Touristenfalle ist, schickt. Nächster Griff daneben: der Winkler Bräu in Velburg, verkehrsgünstig gelegene Tagungsmaschinerie in der Oberpfalz, das Kupferbier ist in der Tat süffig, den ganze Rest von Location, Küche, SPA, Terrasse, Frühstück, Großparkplatz kann man aus meiner Sicht vergessen, das ist für mich gesichts- und qualitätsloser Massenbetrieb. Letztes Beispiel: Riegele Brauerei in Augsburg, über das Bier kann man geteilter Meinung sein, schwerlich aber über das dort servierte Essen; und warum für Augsburg ausgerechnet Baden im 1 Stunde entfernten Wörthsee – um Augsburg gibt es tolle Badeseen – empfohlen wird, entzieht sich meinem Verständnis.

Das waren jetzt drei Aufreger, die mir beim Durchblättern spontan in’s Auge sprangen. Es gibt andere Einträge, die ich voll und ganz mittragen würde, Meckatzer, Schweinsbräu, Wiethaler etwa; und dann gibt es Brauereien, die ich einfach vermisse, das Herzoglich Bayrische Brauhaus Tegernsee (das trotz Massenbetrieb nicht nur hervorragendes  Bier macht, sondern auch kulinarisch ganz ok ist), der Neumarkter Lammsbräu oder Augustiner (bestes Bier Münchens!!!).

Tja, und da fragt man sich als kritischer Leser schon, was man denn als Brauerei machen muss, um zu den 13,396 % bayrischen Brauereien zu zählen, die in diesem Führer erwähnt werden. Die Autoren selbst geben die Antwort: „Wichtig waren bei der Auswahl drei Dinge: Die Besonderheit der Brauerei und des Bieres, die Gastfreundschaft des Brauers oder Wirtes und die Schönheit des Ortes und der Umgebung. Nur die Betriebe, die alle drei Attribute in sich vereinen, sind in den Reiseführer ‚Von Bier zu Bier‘ aufgenommen worden.“ Was wohl – monetär betrachtet – unter „Gastfreundschaft des Brauers oder Wirtes“ zu verstehen sein mag? Es war die Ex-Bohlen-Geliebte, die Werbung für Iglo-Rahm-Spinat „mit dem großen Blubb“ machte. Stöbert man dann in den Eingeweiden des Buches, so stößt man  auf aufschlussreiche Anmerkungen, etwa auf Seite 400 (in fett!): „Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw. Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.“ Ich bin ja nur ein kleiner, übellauniger, oft wadelbeißender Blogger, aber ich recherchiere die Informationen, die ich wiedergebe, und bearbeite sie nicht  nur. Und wenn man dann noch liest: „Fotos auf den Seiten der Brauereien zur Verfügung gestellt mit freundlicher Genehmigung der jeweiligen Brauereien“ dann denkt man sich doch seinen Teil als kritischer Leser über den Recherche-Aufwand dieses Buches.

Summa summarum: so sehr ich den Slow-Food-Führer und andere Bücher von Servus mag, diesen Brauerei-Führer braucht’s nicht.

Marc Ritter, Katherine Wiesinger: Von Bier zu Bier. Der Bayerische Brauereiführer. Salzburg – München, 2019, Servus Verlag Benevento Publishing, ISBN-13 9783710401831, 18,00 EURO

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One comment

  1. Dirk

    Hadern Sie nicht mit dem Riesen. Der wird von der Faust Brauerei betrieben und trägt zum Überleben der Brauerei und zur Belebung der Innenstadt bei, die es jeweils schon schwer genug haben.

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