Wenn man mit dem Wagen von London nach Birmingham fährt und dabei die M1 bzw. die M40 meidet und stattdessen lieber über Land reist, so beginnt hinter Oxford eine Region, die die Engländer Cotswold nennen, im Süden begrenzt durch die Themse, im Norden durch den Avon (bekannt durch die Shakespeare-Rummel-Stadt Stratford-upon-Avon), eine grüne, hügelige, liebliche Landschaft mit ganz typischem gelbem Jurakalkstein, viele wohlhabende Londoner haben hier ihren Zweitwohn- oder Ruhesitz. Und wenn man dann bei Chipping Norton auch noch die A44 verlässt und sich auf dem kleinen, meist von alten Bäumen gesäumten Landsträßchen B4026 nach Norden begibt, niemanden würde es hier wundern, wenn Miss Marple fröhlich winkend auf ihrem Rad vorbeigefahren käme, und hier versteht man plötzlich den tieferen Sinn, wenn Elton John von „Englands greenest hills“ singt, vorbei an den Rolling Stones, nicht die Musiker, sondern weit älter ein Ensemble aus verwitterten Megalithen aus Jurakalkstein aus dem Neolithikum und der Bronzezeit, wenig spektakulär, eher für Geschichtsbegeisterte und Anglophile interessant, gelangt man nach einer guten viertel Stunde Fahrtzeit in das wunderhübsche Städtchen Stourton. Und am Stadtrand von Stourton liegt die Brennerei Cotswolds, nicht etwa – wie andere Destillen der Region – 100 und mehr Jahre alt, sondern vor drei Jahren, 2014, von dem Londoner Banker Daniel Szor gegründet. Um sich hat er ein illustres Team versammelt: geleitet wird die Brennerei von Nickolas Franchino, einem ehemaligen Mixed Martial Arts Kämpfer (MMA – Wrestling ist Kinder-Pille-Palle dagegen) mit Studienabschlüssen in Archäologie, Anthropologie und Philosophie; Brennmeister ist der gelernte und studierte Brauer und Brenner Shaun Smith; den Verkauf leitet der Oxford- und INSEAD-Absolvent und ehemalige Moët Hennessy-Manager James Mason — eine wahrlich bunte Truppe, deren Produkte sich aber durchaus sehen bzw. schmecken lassen können. Neben Cotswolds Dry Gin werden in der funkelnagelneuen, imposanten Destillieranlage von der Deutschen Firma Arnold Holstein in Markdorf auch zwei Single Malts und ein Absinth produziert, daneben noch diverse Liköre.
Der Cotswolds Gin mit seinen kräftigen 46% besticht durch eine sehr klare, aber nicht erschlagend-dominante Wacholder-Note sowohl in der Nase, am Gaumen als auch im Finish, daneben sehr komplex und passend-abgestimmt schwarzer Pfeffer, Lavendel, Zitrus und ganz leichter Eukalyptus. Ausnahmsweise muss ich seinen Machern einmal Recht geben, wenn sie im Werbeprospekt schreiben: „It’s robust enough to stand up to tonic and smooth enough to craft the ultimate gin martini.“ Der Martini Cockatil aus Cotswold Gin, Belsazar Wermut, Bareis und Zitronenzeste ist wirklich phänomenal. Den heute anscheinend eingependelten Premium-Gin-Markt-Preis von 60 EURO kostet der Liter Cotswolds, wenn man ich direkt in der Destillerie in Stourton kauft und im Gepäck mit nach Deutschland bringt, umso verwunderter ist man dann, wenn man denselben Gin dann in Deutschland für 50 EURO im Laden sieht. Aber er ist sein Geld wert.
P.S.: Im Jahr 2007 hat der ehemaligen Investmentbanker Anshuman Vohra in New York die Marke Bulldog Gin auf den Markt gebracht; Anfang dieses Monats wurde Bulldog für 70 Millionen US$ + Earn-Out an Campari verkauft. Mal schauen, ob Cotswolds eine ähnliche Nummer wird.