… nämlich eine Sommer- und eine Winteredition. Ethusiasmiert von der ersten Sonnenstrahlen griff ich im Bauernmarkt in Dasing doch glatt zur letztjährigen Sommeredition des Hans-Jürgen Gins aus Wehringen, einem Dörfchen südlich von Augsburg am Rande der Westlichen Wälder, und ich bin – wie soll man sagen – zwiegespalten. Seit 2012 produziert der 44jährige Hans-Jürgen Flip aus Bobingen Spirituosen, zuerst seinen Singold Whisky, benannt nach einem kleinen örtlichen Flüsschen, und seit letztem Jahr auch zwei London Dry Gins mit den sinnigen Namenszusätzen „Heisszeit“ mit gelbem und „Eiszeit“ mit lila Etikett. Flip ist eigentlich Gesellschafter und Geschäftsführer der BayPack Vertrieb GmbH in Stetten, weiß aber offensichtlich mit seinem Geld und seiner Freizeit sehr sinnvolle Dinge anzufangen, etwa – nachdem er sechs Jahre lang in fremden Auftrags-Brennereien Spirituosen nach seinen Rezepten hat produzieren lassen – in Wehringen eine Schnapsmanufaktur vom Feinsten auf die Grüne Wiese zu setzen. Herzstück des mit viel Holz und Glasfronten offen gehaltenen Gebäudes ist eine 300 Liter Kupferdestille mit vier Böden und Aromakorb von Arnold Holstein aus Markdorf am Bodensee, vielleicht nicht der Rolls-Royce unter den Brennanlagen, aber eine S-Klasse gewiss.
Tja, und der Heisszeit-Hans-Jürgen der kommt mit seinen 40% Alkohol in der Nase sehr Zitrus-lastig daher, Wachholder geht vollkommen unter. Auch im Mund dominieren Zitrus- und Lavendelnoten, der Sprit brennt für meinen Geschmack zu stark am Gaumen, der Abgang ist insgesamt flach. Aber mit einem neutralen Tonic oder einfach auch nur Wasser und Eis ist das ein netter Sommer-Gin für Longdrinks. Für die Königsklasse – pur oder als Martini Cocktail – ist der Hans Jürgen weniger geeignet. Mit 50 EURO für den Liter positioniert sich Hans-Jürgen fairer Weise in einer mittleren Gin-Liga, da kann er sehr gut mitthalten. Und sehr positiv stößt mir persönlich dann auch noch auf, dass hier kein Marketing-Brimborium von uralten Familienrezepten, Affen, jahrhundertelangen Traditionen, bombardierten Brennblasen, Germanischen Mythen und Großmutters geheimem Kräutergärtlein betrieben wird (wenngleich der Lavendel im Hans-Jürgen tatsächlich aus dem eigenen Garten stammen soll). Hier macht einer mit viel Engagement sein Ding, und ich glaube nicht, dass Singold Whisky und Hans-Jürgen-Gin seine Macher reich macht, zumindest nicht reich an Geld, reich an Spaß vielleicht schon. Und das ist sicherlich bewundernds-, lobens- und fördernswert, auch wenn mich persönlich der Geschmack des Hans-Jürgens nicht wirklich vom Hocker haut, sehr ordentlich ist er allemal.