Mövennepp Genf

Summa summarum: kotz!

Mövenpick, damit verbinden sich Erinnerungen, durchaus sentimentale, schöne Erinnerungen. Das Mövenpick-Restaurant am Kröpke war immer eine halbwegs sichere kulinarische Bank für ordentliches bis gehobenes Futter in dem Messegelände mit angeschlossenen Wohnklos namens Hannover. Im Mövenpick am Ku’damm konnte man eigentlich fast immer irgendwelche Promis sehen. Die einzige Zechprellerei, die ich jemals in meinem Leben begangen habe (ist verjährt, sagt Caro, daher schreibe ich dies hier so frank und frei) war im Münchner Mövenpick im Künstlerhaus am Lenbachplatz, zu Studentenzeiten, nach einem für studentische Verhältnisse recht formidablen Mahle stand ich auf, ging zur Toilette und verließ darauf das Restaurant ohne zu zahlen durch den hinteren Ausgang; mein Adrenalinspiegel war auf 1.200, Herzrasen, Schweißausbrüche, Bauchkrämpfe, eine ganz kuriose Mischung psychosomatischer Symptome, die sich erst wieder langsam legten, als ich im Menschengewirr den Marienplatz erreichte, dort stellten sich dann Glücksgefühl und Scham zu gleichen Teilen als Empfindungen ein, Glücksgefühl, weil ich das Unerhörte gewagt hatte und erfolgreich war, Scham, weil man so etwas einfach nicht macht. Nun gut, ich hatte diese Zechprellerei lange vorgehabt, nicht etwa, um ein kostenloses Essen zu ergattern, sondern weil ich wissen wollte, wie das so ist, wie es sich anfühlt, als – machen wir uns nichts vor – Kleinkrimineller (einem guten Freunde von mir erging es Zeit nicht vollends nämlich, der trug und trägt den Familiennamen einer großen, hochpreisigen Champagner-Marke – ohne etwas mit den französischen Luxus-Brause-Machern zu tun zu haben – und hatte sich in den Kopf gesetzt, just solch eine Flasche in der Feinkost-Abteilung eines örtlichen Kaufhauses zu entwenden, wohl aus nämlichem Grunde wie ich, nicht um der Bereicherung willens, sondern alleine wegen der Erfahrung, er allerdings wurde vom Kaufhaus-Detektiv geschnappt, der Polizei übergeben und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, die er jahrelang in seiner Führungsakte mit sich rumschleppte, bis sie endlich verjährterdings gelöscht wurde, und heute ist dieser Freund ein massiv staats- und gesellschafts-tragendes Element); ich hatte bewusst das Mövenpick (wir sind wieder bei meiner Zechprellerei) dazu gewählt, weil ich mir dachte, solch einem Konzern tut das weitaus weniger wert als dem kleinen Wirt an der Ecke, doch bald schon kamen mir Zweifel, ob ich tatsächlich eine Milliardärs-Familie geschädigt hatte oder aber meine arme Bedienung vor Ort, die ja all meine Bestellungen boniert, serviert, aber eben kein Geld dafür bekommen hatte. Ich weiß es bis heute nicht. Aber – um das vorwegzunehmen – wenn ich damals die Eigentümer geschädigt haben sollte, so war das nur eine kleine Vorab-Wiedergutmachung für das, was man mir jüngst in Genf angetan hat (mehr dazu unten); wenn ich eine arme Servicekraft geschädigt habe, so seien Sie versichert, zahllose Ihrer Kolleginnen und Kollegen haben über die Jahre ein Vielfaches in Form von guten Trinkgeldern von mir zurück erhalten, trotzdem nachträglich nochmals in aller Form Entschuldigung. Außerdem habe ich nach dieser einmaligen Erfahrung nie-nie-nie wieder Zeche geprellt, selbst bei miesester Gegenleistung, ich löhne immer brav und redlich, manchmal mit Murren und Knurren, aber immer auf den Heller genau. Das Mövenpick in Leipzig schließlich war Mitte der Neunziger unbestreitbar eines der kulinarischen Highlights der gesamten Region, wenngleich dazu sicherlich nicht viel gehörte, von wegen Einäugiger und Blinde und so. In Zürich, Bern oder Lugano musste und muss man nun wahrlich nicht in ein Mövenpick Restaurant gehen – da gibt es unmittelbar drum herum weitaus bessere Alternativen –, aber gastronomisch war das Mövenpick in Kloten mit das Beste, was man am Zürcher Flughafen finden konnte. Hotel-mäßig schockte mich das Haus in El Gouna, eine Ambiente-freie, geölte Großhotelmaschinerie am warmen Wasser, das Mövenpick in Beirut war – trotz aller, angesichts der Situation vor Ort zeihlichen Macken – eine Art sicherer Zufluchtsort, nicht nur im Hinblick auf westliche Standards und eine gewisse Wohllebe, sondern auch im Sinne von ganz profan cover my ass, aber spätestens das Mövenpick am Goldenen Horn entzauberte die Marke komplett. Mövenpick Restaurants, die standen weiland für mich für ein ordentliches Zürcher Geschnetzeltes, frisch gemachte Rösti, Tatar mit getoastetem Labberweißbrot, eine ziemlich gute Salatbar, weitaus besser als in den diversen Steakhausketten, eine interessante, preislich eher atemberaubende Auswahl weitgehend unbekannter Schweizer Weine und natürlich für fulminante Mövenpick Eisbecher. Mövenpick, das war irgendwie das McDonalds der besseren Leute, leger, einfach, unkompliziert – eben jene Möwe, die im Vorbeifliegen einen Happen aufpickt, daher stammt auch der Name – und trotzdem von einer ordentlichen Qualität, sicherlich hier und dort mit zentral vorgefertigten Kartoffelschnitzen für Rösti und industrielle produziertem Eis Convinience-gepimpt, aber sei’s drum.

Heute ist das alles anders, aber das war mir bis dato nicht bewusst. Schon 1992 hatte Ueli Prager, der Schweizer Gründer von Mövenpick, seinen Konzern an die Deutsche Bankiers-Familie Finck verkauft, und die filetiert die Möwe nun offensichtlich Stück für Stück. Mövenpick Ice Cream, ursprünglich im Schweizer Bursins selber hergestellt, wurde dann vom Deutschen Schoeller-Konzern produziert, heute gehört die Marke komplett den Wasserverbrechern von Nestlé. Mövenpick Fruchtaufstriche sind die Premium-Marke der Schwartauer Werke. Die Marché Autobahnrestaurants wurden von der Schweizer Coop übernommen. Und seit April 2018 ist überall, wo Mövenpick Hotel draufsteht, AccorHotels drinnen (nur zur Erinnerung, Accor, das steht für 4.800 Hotels, 3,6 Milliarden EURO Umsatz und 33 Hotelmarken: RAFFLES, ORIENT EXPRESS, BANYAN TREE, DELANO, SOFITEL LEGEND, FAIRMONT, SLS, ³…ٜ, SOFITEL, THE HOUSE OF ORIGINALS, RIXOS, ONEFINESTAY, MANTIS, MGALLERY X 21C, ART SERIES, MONDRIAN, PULLMAN, SWISSOTEL, ANGSANA, 25 HOURS, HYDE, MOVENPICK, GRAND MERCURE, PEPPERS, THE SEBEL, BREAKFREE, IBIS, IBIS STYLES, IBIS BUDGET, JO&JOE, HOTELF1, MANTRA, NOVOTEL, MERCURE, ADAGIO, MAMA SHELTER, TRIBE; Mövenpick zählt hier noch nicht einmal zu den Luxury Brands, sondern nur zu den Premium Brands, und falsch geschrieben wird es auch noch). Also, wir halten fest: seit letztem Jahr ist Mövenpick eine zweitklassige Hotelmarke eines internationalen Hospitality-Konzerns. Und wie genau wirkt sich das aus?

Nach meinen jüngsten Erfahrungen in Kloten und Cointrin: desaströs. Nun gut, wirklich schön von außen waren die Mövenpicks noch nie, hier zählten eher innere Werte. Kloten wie Cointrin sind gesichtslose, funktionale, 08/15 Industrie-Bauten, ohne nennenswerte Außenanlagen oder Kunst am Bau, aber hey, wir sind am Flughafen. Cointrin sticht nochmals durch das angegliederte Casino und Fitnessstudio heraus. Das Publikum ist … schlichtweg nicht der Menschenschlag, mit dem ich Zeit verbringen möchte. Am harmlosesten noch die Mitarbeiter der Airlines, präpotente Luftverkehrspiloten/innen mit Streifen, Sternen und Epauletten an der feuerfesten Dienstkleidung, die meinen, die 50.000 PS einer 747 auch in der Hose / im Höschen zu haben, dazu abenteuerlustiges, ansonsten Saftwagen-schubsendes Hilfspersonal in Phantasieuniformen, mal mit, mal ohne Schandfetzen, mal hetero-begattungs- und -heirats-, mal homo-begattungs- und -heirats-, mal sonstige-Geschlechter-begattungs- und -heirats-willige Personen. (Ich schreibe das jetzt nicht, um die Leute, denen ich mehrmals die Woche mein Leben anvertraue, zu beleidigen und zu diskreditieren, und es mag gewiss auch andere geben, aber mir haben mehrere Piloten erzählt, dass dies schon oft / meist die Realität sei, und meine Eindrücke in diversen Hotels sprechen ebenfalls nicht dagegen.) Dann Horden asiatischer Touristen mit fragwürdiger Körperhygiene (aber vielleicht riecht man einfach so nach 12 Stunden Flug), unsäglichen Essmanieren und Photographier-Manie, schließlich imperiale Besatzer mit entsprechendem Benehmen, diplomatische UN-Spesenritter, die sind ein ganz ein widerliches Volk und reiche Russen. Der Rest des Publikums sinkt dazwischen unter die Wahrnehmungsschwelle und sollte dort wahrscheinlich auch bleiben. Anonyme, fensterlose Hotelhalle in Cointrin, lange Check-In Counter, mitten drin eine U-förmige Lobby-Bar samt Riesenbildschirm mit medialem Profisport-Verblödungs-Dreck, Grünzeugs – echt oder nicht – und Gänge, Lifte, Türen zu weiteren Gelassen. Check-In problemlos. Zimmer für über 300 Fränkli die Nacht recht klein, Klimaanlage scheppert, gute Matratzen, Bettwäsche und Handtücher, ein paar Pflegeprodukte, Laptop-Tresor (ohne Stecker, groll), U-Elektronik, Minibar, ordentliches Internet, die Basics sind da, aber warum das fünf Sterne sein sollen, erschließt sich mir nicht, solche Zimmer gibt’s auch in gehobenen drei Sterne Häusern, dazu der Wohlfühl- und Heimeligkeits-Faktor einer Hauptbahnhof-Toilette. Nach einer raschen Dusche dann der Barkeeper in der Ambiente-freien Hallenbar verstünde sein Handwerk, nur die die Gin-Auswahl speziell, und Spirituosen-Auswahl generell wiederum auf dem Niveau eines drei Sterne Landgasthofs (manche Dorfkneipen haben deutlich mehr Sprit im Regal), und mit labbrigem Eis aus dem Kübel lässt sich nun mal kein ordentlicher Martini Cocktail mixen, selbst wenn der Keeper tatsächlich auf Anhieb weiß, was man mit gewaschenem Eis und extra, extra dry meint: der Mann steht buchstäblich auf verlorenem Posten. Im Mövenpick Cointrin gibt’s zwei Restaurants, ein Japanisches und ein International-Schweizerisches Mövenpick Restaurant, und letzteres ist wirklich ein Trauerspiel. Was das Ambiente dieser industriellen Großverköstigungs-Stelle anbelangt, so kenne ich Kantinen, die sind gemütlicher. Die jungen Leute vom Service sind jung, bemüht und freundlich. Ich hatte um einen Tisch an der Wand gebeten, hatte aber übersehen, dass diese um 21:30 Uhr bereits zum Frühstück eingedeckt waren; noch bevor ich einen anderen Tisch wählen konnte – warum sollte ich dem Servicepersonal ohne Not in einem fast leeren Großrestaurant unnötige Umstände bereiten? – sauste die junge Dame schon los und lies sich nicht mehr davon abhalten, die Frühstücksgedecke von dem gewünschten Tisch wieder abzuräumen und neu für Abend einzudecken: der Service-Gedanke ist durchaus massiv da, aber Accor wird das diesen Hospitality-Eleven schon noch erfolgreich abdressieren. Speisekarte und Getränke kamen flott und freundlich, so weit, so gut, dann ging’s nur noch bergab. Für die Convenience-Aufwärm-Station, Küche wäre nach meinen Erfahrungen viel zu viel gesagt, zeichnet ein Jérémie Marteau verantwortlich, ich würde mich ja schämen, meinen Namen für sowas herzugeben. Amuse-Gueule Fehlanzeige, stattdessen zwei labbrige Roggenbrötchen vom Frühstück, dazu abgepackte Butter im Plastiknäpfchen. Mövenpick-Lachs mit Meerrettich-Creme und Brioche-Toast (19 CHF): Lachs von der Konsistenz her schleimig, vom Geruch fischig, wahrscheinlich überlagert, Meerrettich-Creme irgendein Zeugs aus dem Plastikkübel, von Schärfe keine Spur, Brioche-Toast kommt daher als zwei Scheiben erwärmtes (noch nicht einmal gebräuntes) Industrie-Wabbel-Weißbrot, dazu abgepackte Butter im Plastiknäpfchen, habe alles nach zwei Bissen zurückgehen lassen. Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti (36 CHF): früher ein „signature dish“ aller Mövenpick-Restaurants, heute kommt ein gepresster, homogener, schwerer, blasser, lauwarmer Kartoffelbrei-Flatschen (nichts mehr zu erkennen von gebräunten Kartoffel-Stiftchen in dem Matsch) daher, wahrscheinlich in der Convenience-Verpackung kurz in der Mikro erwärmt, aber nie und nimmer liebevoll mit Butter à la minute in einer Pfanne gebraten und gewendet, dazu ein Näpfchen mit harten, lauwarmen Fleischstreifen in einer lauwarmen, bräunlichen Flüssigkeit, von der Konsistenz viel mehr Suppe als etwa Sauce, und vom Geschmack vollkommen belanglos-salzig, alles gekrönt mit einem Tupfer Sprühsahne aus dem Siphon, habe alles nach zwei Bissen zurückgehen lassen. In meiner hungrigen Verzweiflung, um nach 24 Stunden des Darbens (Abendessen am Sonntag in der Französischen Provinz, da hat fast nichts auf, mehr als zu einem mäßigen Flammenkuchen dick mit Beaufort überbacken hat es nicht gereicht, am Morgen Französisches Hotelfrühstück und anschließenden 12 Stunden non-stop am Verhandlungstisch mit Französischen Sandwiches zu Mittag) noch irgendetwas zwischen die Kauleiste zu kriegen schließlich Clubsandwich (28 CHF) bestellt, das sollte ein internationales fünf Sterne Hotel doch halbwegs hinbekommen: wieder dieses erwärmte (noch nicht einmal gebräunte) Industrie-Wabbel-Weißbrot, dazwischen dicke Brocken lauwarmen toten Huhns, verwelkte Salatfetzen, Tomatenmatsch, eine übel schmeckende industrielle weiße Pampe, für mich nie und nimmer richtige Mayonnaise und – jetzt kommt’s – roher, ungebratener Bacon (!), dazu ein Metallkörbchen voller blasser, wabbliger, alles andere als krosser, innen lauwarmer Fritten, die wohl in’s zu kalte Fett geworfen wurden und daher mit selbigem vollgesogen waren, habe alles nach zwei Bissen zurückgehen lassen. Die junge, freundliche Bedienung versank fast im Boden vor Scham für die Leistung ihrer Kollegen  in der Küche, wollte mir unbedingt noch etwas anderes bringen. Aber ich lehnte frustriert und hungrig ab, begab mich zu Bett zu der scheppernden Klimaanlage und träumte beim Einschlafen vom Frühstück (35 CHF): tatsächlich alles da, was man von einem großen Hotel-Frühstücksbuffet erwartet, aber dabei richtig miese Croissants, zähes Baguette, Pressschinken, mäßiges Bircher-Müsli, schlampig filetiertes Obst, diesmal waren die „Rösti“ lauwarme, blasse, fettige Hash Browns, daneben ein Chafing Dish bis oben hin voll mit einer homogenen, Rührei-genannten Masse, nicht etwa wie ein Berg von Rührei aus einer Pfanne, sondern eine glatte, mit dem Geschirrrand abschließende Masse, mehr einer Dessertcreme gleichend denn Rührei, in welcher industriellen Gastro-Teufels-Maschine sowas wohl zubereitet wird, ich tippe auf gestocktes Tetrapack-Fertig-Ei aus der Mikrowelle. Und die letzten beiden Male (die ohne Not auch die letzten Male gewesen sein werden) in Kloten war’s – bis auf die Backwaren – auch nicht besser.

Eigentlich schade. Aber Mövenpick steht ab sofort komplett auf meiner persönlichen Hass- und Boykott-Liste. Punktum.

Mövenpick Hotel & Casino Geneva
Mövenpick Hotels & Resorts Management AG
Route de Pré Bois 20
1215  Geneva
Switzerland
Tel.: +41 (22) 7 17 11 11
E-Mail: hotel.geneva.airport@movenpick.com
Internet: www.movenpick.com/en/europe/switzerland/geneva/

Hauptgerichte (im Mövenpick-Restaurant) von 17,80 € (Nudeln mit Tomatensauce) bis 44,60 € (Entrecôte), Drei-Gänge-Menue von 39,20 € bis 70,50 €

Doppelzimmer mit Frühstück (pro Zimmer, pro Nacht) 250 € bis 505 €

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