Marginalie 51: Die Geschäfte des Herrn Tapadinhas

Zweifelsohne gibt es da ganz große Geschichten um den freundlichen alten Herrn Tapadinhas, die es allesamt wert wären, recherchiert und aufgeschrieben zu werden. Aber das will ich heute gar nicht. Vorerst. Ich will nur erzählen, dass Herr Tapadinhas ein netter Wein- und Olivenöl-Importeur und –Händler ist, seines Zeichens gebürtiger Portugiese, und entsprechend gibt es bei ihm nur Portugiesische Produkte. Seit Jahr und Tag hat er seine Lagerhalle, aus der heraus er am Wochenende auch verkauft, in einer zugigen, schäbigen Garage in einem Hinterhof eines Gässchens in der Augsburger Jakobervorstadt. Keine Reklametafeln, keine Neonschriftzüge, noch nicht einmal eine Internet-Seite, es gibt das verwitterte Plastik-Schild „M. Tapadinhas Weinimport“ in verschnörkelten altdeutschen Lettern an der Hauswand, ein Weinfass vor der Tür, und wenn Herr Tapadinhas Freitagnachmittag und Samstagvormittag in seiner Garage ist, dann stellt er ein paar Weinflaschen auf das Weinfass, daran erkennt der Eingeweihte, dass geöffnet ist. Ansonsten klappert er mit seinem Kombi Gastwirte ab, vorwiegend Portugiesische Wirte im Großraum München, Augsburg, Weinschlauch, Portugal, Vinho Verde, Portwein, Olivenöl, Jakobervorstadt, Tapadinhas, Touriga Nacional, Dourotal, Alentejo, Cabernet Sauvignon, Syrah, Santa Vitoriaund beliefert sie mit Portugiesischen Weinen und Öl. In der Garage selber herrscht scheinbares Chaos, Stapel von Weinkartons, dazwischen enge Gänge, ein paar alte, wertvolle Portweinflaschen in einem Regal an der Wand, eine kleine Sitzgruppe aus Hockern um ein Weinfass, sonst nichts. Herr Tapadinhas ist schon 80 Jahre und sitzt meist in seinem winzigen Büro neben der Garage und erledigt Schreibkrams. Jeder Kunde wir sogleich in ein Gespräch verwickelt, im Laufe der Jahre habe ich viel von Herrn Tapadinhas erfahren, von seiner griechischen Ex-Frau, die ihn bei der Scheidung bis auf’s Hemd ausgezogen hat, von seinen Eltern, seiner Familie, seiner Wohnung in Figueira da Foz, von Augsburg, Weinschlauch, Portugal, Vinho Verde, Portwein, Olivenöl, Jakobervorstadt, Tapadinhas, Touriga Nacional, Dourotal, Alentejo, Cabernet Sauvignon, Syrah, Santa Vitoriaunzuverlässigen Spediteuren, phantastischen Winzern, kriminellen italienischen Olivenöl-Pantschern, korrupten Politikern, seine Sicht auf die Deutschen als solches, … so’n Zeugs halt. Und er hat auch viel von mir erfragt, erkundigt sich regelmäßig nach den Jungs, schimpft gemeinsam mit mir auf geschiedene Ehefrauen, diskutiert die Vorzüge des Jeeps gegenüber dem Porsche, … Ich glaube, ich kenne keinen meiner Weinhändler so gut wie den Herrn Tapadinhas, und keiner kennt mich so gut wie er – ohne dass wir tatsächlich wirklich etwas voneinander wissen würden, aber was soll’s, es sind nette, angenehme Plauderstündchen, die allerding leicht in Stunden ausarten, wenn man nicht aufpasst. Und die Weine des Herrn Tapadinhas sind wie das Leben selber, da gibt es unsägliche Säuerlinge und lacke Tropfen eben so wie fein ausbalancierte, nuancenreiche Weißweine und richtig fette, schwere Rotweine, dazu eine beachtliche Auswahl an alten Ports, eines der besten Olivenöle, das ich kenne und – eine Seltenheit – Rot- und Weißwein im 5 Liter-Weinschlauch, die nicht nur ausgesprochen wohlfeil, sondern dazu auch noch durchaus trinkbar sind. Jeden seiner Erzeuger kennt Herr Tapadinhas selber, es sind vielleicht zwei, drei Dutzend, mehr nicht, alle ausschließlich aus Portugal, und überall kauft er direkt ein und importiert die Waren dann selber, hier kommt nichts aus der Metro oder dem Großhandel, insgesamt umfasst sein Angebot – lässt man die alten Portwein-Flaschen einmal außen vor – keine hundert Positionen. Und wenn ein Erzeuger bei der Qualität oder dem Preis schlampt, dann wird er aus dem kleinen Programm geworfen, hammerhart. Und durch den eigenen Import, die einfache Verkaufs-Garage, keine Mitarbeiter und vor allem keinerlei Werbung und Marketing sind alle Produkte beim Herrn Tapadinhas wohlfeil, nicht billig, aber durchaus wohlfeil und vom Preis-Leistungs-Verhältnis her weit unter dem sonstigen Handels-Niveau, hier kriegt man noch was für sein Geld, sei es ein kleiner Vinho Verde für 4 EURO, sei es ein phantastischer 2012er Santa Vitória Grande Reserva Tinto (eine Cuvée aus der autochthonen Rebsorte Touriga Nacional aus dem Dourotal, Cabernet Sauvignon und Syrah) für 14 EURO, sei es ein 30 Jahre alter Port für lächerliche 60 EURO, seien es 5 Liter Vino Tinto aus dem Schlauch für 12 EURO, sei es ein exzellentes kalt gepresstes Olivenöl aus dem Alentejo  für 5 EURO die Flasche.

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Ich mag den Herrn Tapadinhas, seinen Laden, sein Produktangebot und vor allem auch sein – welch profanes Wort – Business Modell. Hier wird kein EURO für Werbung und Marketing ausgegeben, die Produkte sind „einfach da“, und wer sie findet und mag, der kauft sich was davon, und wenn es ihm geschmeckt hat, kommt er wieder, kauft mehr und erzählt auch seinen Freunden darüber, mehr nicht. So kann ein Laden auch laufen, vielleicht kein Weltkonzern werden, aber laufen. Schade ist, dass das alles demnächst einmal einfach „weg“ sein wird, bei einem Ein-Mann-Betrieb ohne Nachfolger …

 

E. Tapadinhas
Weinhandlung
Kappeneck 22
86152 Augsburg
Tel.: +49 (8 21) 3 82 79

Offizielle Öffnungszeiten: Freitag 16:30 bis 18:30, Samstag 10:00 bis 13:30 … oder einfach wenn der schwarze Kombi vor der Tür steht und Licht brennt

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