Katzbrui Mühle: idyllische Lage, romantische Location, sehr unbefriedigendes Essen, bemühter Service

Summa summarum: behutsam renovierte, fast schon romantische alte Mühle mit Gasthaus, Biergarten und kleinem Hotel in idyllischem Bachtälchen im tiefsten Allgäu mit sehr großem Ausflugs-Parkplatz, ausgesprochen optimierbarem Futter, zünftigen Brotzeiten, süffigem Hausbier und sehr bemühten jungen Servicekräften

Wenn man von Landsberg aus die Hauptverkehrsschlagadern der Region, die A96 in west-östlicher und die B17 in nord-südlicher Richtung vermeidet und stattdessen auf kleinen Kreis- und Landsträßchen in südwestlicher Richtung fährt, kommt man in’s Allgäu, genauer in’s Unterallgäu. Es ist schön und idyllisch hier, so schön und idyllisch, dass es dem Stadtmenschen fast wehtut. Sanfte Hügellandschaft, satte, grüne Wiesen und Felder wechseln sich ab mit kühlen, dichten Forsten, unbegradigte Bächlein mäandern durch die Talsenken, fettes Braunvieh steht auf den Weiden, stattliche alleinstehende Bauerngehöfte und kleine, schmucke, intakte Dörfer, fast alle noch mit einem einladenden Dorfwirt, kaum ein verfluchter Flapp-Flapp, keine Industrie, nur einzelne propere Handwerksbetriebe, zwitschernde Vöglein, warme Luft, strahlend blauer Himmel, darin eine gleißende Sonne, und hinter dem ganzen Tableau die Silhouette der Berge im Süden. Unvermittelt fühle ich mich an Otto Dix erinnert, den Maler, den die Nazis aus Berlin in die tiefste Provinz nach Hemmenhofen im Westallgäu verbannt hatten. Dort schrieb er: „Ein schönes Paradies. Zum Kotzen schön. Ich müsste in der Großstadt sein! Ich stehe vor der Landschaft wie eine Kuh.“

Über eines der kleinen Sträßchen gelangt man nach Dirlewang und von dort nach Katzbrui, eine Einöde mit zwei Bauernhöfen und, etwas weiter unten am Bach im Wald, einer kleinen, romantischen Kapelle und der Katzbrui-Mühle, eine Ölmühle aus dem Jahr 1661. Brui, so vermuten Sprachforscher, steht für „Brühe“ oder allgemein für ein sumpfiges, wasserreiches Gelände, und das Präfix Katz deute auf etwas Minderwertiges hin, also bedeutet Katzbrui wohl so viel wie minderwertiges Sumpfgelände. Und tatsächlich gibt es um die Mühle im Wald unzählige Bächlein, Rinnsale und Teiche, und natürlich den künstlich angelegten Mühlbach, der hier früher ein mittelgroßes Wasserrad für die Mühle antrieb. Der Film Hans im Glück wurde in der Katzbrui-Mühle einst gedreht. 1990 entdeckte Max Endras, Ordonanz im Offizierscasino bei der Bundeswehr, danach Finanzbeamter, danach 10 Jahre Betreiber eines Tanzlokals in Kaufbeuren, das denkmalgeschützte Ensemble, kaufte und renovierte es kräftig, ohne die alte Bausubstanz und das Flair zu beschädigen, richtete ein Lokal mit Biergarten ein, das 1992 eröffnete; ein Mühlenmuseum, Tagungsräume und ein kleines Hotel mit 14 Zimmern folgten. Heute wird die Katzbrui-Mühle Betriebs-GmbH geführt von Marina Schneider als kaufmännische Leiterin und Christian Mayer als Küchenchef.

Der ziemlich große, gekieste, von Bäumen und Büschen umgebene Parkplatz des Gasthauses lässt erahnen, welche Besuchermassen hier zu Stoßzeiten auflaufen können. Etwas abseits davon die Mühle selber, ein durchaus idyllisches, romantisches, historisches Ensemble, selbst der neue, teils holzverkleidete Hotelanbau stört nicht wirklich, dazu Wirtschaftsgebäude und die alte Kapelle. Überall Wasser, ein Paradies für Kinder, vor der Mühle ein zünftiger Biergarten, in der Mühle selber niedrige, holzvertäfelte, gemütlich-urige Gasträume mit Sprossenfenstern, Kachelofen und rustikalem Mobiliar. So geht Landgasthof, denkt sich der geneigte Besucher aus der Stadt.

Die Speisekarte ist recht umfänglich. Zur Vorspeise gibt es u.a. verschiedene Salate, geräucherte Forelle, gebratenes Gemüse, allerdings keinerlei Suppe. Dann gibt es Allgäuer Klassiker wie Kässpatzen, Maultaschen, Kesselfleisch mit Kraut, weiter verschiedene Schnitzel, Kurzgebratenes wie den unvermeidlichen Zwiebelrostbraten (mit Champignonsauce! – aber die gibt’s verdächtig oft auf der Karte), ein Mühlentöpfchen oder ein Filetsteak. Auf der Tageskarte steht Schweinsbraten mit Knödeln. Spezialitäten des Hauses sind Forelle oder Grillhähnchen. Für die Essgestörten gibt es Grünkernmedaillons oder Gemüsemaultaschen. Die Posten auf der Dessertkarte – u.a. Apfelstrudel, Germknödel, Apfelküchle – habe ich alle schon mal in der Metro gesehen, selbst- oder hausgemacht steht hier auch nirgends. Eine zünftige Brotzeit-Auswahl – der gefürchtete Allgäuer Backsteinkäse, Wurstsalat, Presssack, Vesperplatte –, Kinder- und Eiskarte beschließen das Angebot. Bis auf das Veggie-Zeugs und eine Currywurst gibt es wenigstens keine Kniefälle vor dem zeitgeistigen kulinarischen Internationalismus-Brei in Form von Burgern, Flammenkuchen und Bowls. Aber es gibt süffiges Mühlenbier aus einer Ein-Mann-Brauerei. Die jungen Bedienungen sind freundlich, nicht unbedingt flott, etwas unkoordiniert, aber tapfer bemüht. Das führt bei einem zu vielleicht einem Drittel gefüllten Biergarten zu lästigen Wartezeiten und auch dazu, dass Speisen nicht zeitgleich am Tisch serviert werden.

Die gebackenen Champignons mit Remoulade vorweg sind schlichtweg ein Fiasko: eine steinharte (steinhart, nicht knusprig) Panade, darinnen wässrige, matschige, vollkommen geschmacklose Pilze, dazu statt der von der Karte avisierten Remoulade ein Klecks übel nach Konservierungsstoffen schmeckende Industrie-Majo aus dem Eimer, außerdem ein paar schlecht geputzte Salatblättchen mit einem dünnflüssigen säuerlichen Dressing, in dem auch die unteren gebackenen Champignons schwimmen (so weicht die steinharte Panade wenigstens auf, zu einem breiigen Pamp), als Krönung über das ganze unappetitliche Trauerspiel noch reichlich braune industrielle Balsamico-Creme gespritzt. Immerhin nimmt der Kellner das Gericht später beim Bezahlen klaglos und ohne Diskussion von der Rechnung. Das Mühltöpfchen ist ganz ok, große Filetstücke von Rind, Schwein und wahrscheinlich Pute, trocken-totgebraten, viel sämige, geschmacksstarke Sauce unbekannter Herkunft, die Käsespätzle hingegen kommen mir bekannt vor, die Zwiebeln waren tatsächlich irgendwann mal frisch frittiert; trefflich satt nach langer Wanderung durch dunk’len Forst macht sowas allemal. Die Forelle blau ist nicht blau, sondern grau, Schwanz und Maul sind nicht zusammengebunden, der Fisch ist übergart, unterwürzt (eigentlich gar nicht gewürzt), breiig und schwimmt in einer unappetitlichen bräunlichen Flüssigkeit auf dem Teller, ebenso die aufgewärmten Salzkartoffeln, die aber immerhin wohl tatsächlich selbstgemacht und mit vertrockneter Petersilie bestreut. Also nein, das Essen in der Katzbrui Mühle hat keinen Spaß gemacht, idyllisches Ambiente hin, idyllisches Ambiente her. Entsprechend bekommt das Katzbrui auf tripadvisor von den Gästen nur 3 von 5 möglichen Punkten, eine schon dramatisch schlechte Bewertung auf diesem Portal. Aber immerhin konnte das Katzbrui 2020 damit einen Jahresüberschuss von 143.374,59 EURO erwirtschaften, davon träumen die meisten Landgasthöfe nur.


Katzbrui Mühle
Restaurant, Hotel, Mühlenmuseum
Katzbrui-Mühle Betriebs-GmbH
Geschäftsführer: Christian Mayer und Marina Schneider
Katzbrui 7
D – 87742 Apfeltrach
Tel.: +49 (82 69) 5 75
Fax: +49 (82 69) 5 76
E-Mail: info@katzbrui-muehle.de
Online: www.katzbrui-muehle.de

Hauptgerichte 8,50 € (Currywurst mit Pommes) bis 28,90 € (Filetsteak mit div. Beilagen), Drei-Gänge-Menue von 18,30 € bis 50,10 €

Doppelzimmer (Ü/F) 76 bis 78 € (pro Zimmer, pro Nacht)

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top