Summa summarum: Multikulturelles Zentrum in ebensolcher Lage, ordentlich renovierte Zimmer, teils gemütliches Ambiente, aber offensichtlich ohne richtiges Hotelleben, die Selbstverständlichkeiten eines Fünf-Sterne-Hauses fehlen gänzlich, schlechter Service, kurzum, ein Trauerspiel.
Es ist gewiss nicht leicht, eine standesgemäße Unterkunft in Innsbruck zu finden. Natürlich gibt es die die imperialen Stützpunkte, Hilton und Ramada, in hässlichen, gesichtslosen Betonbauten, wo sich der gemeine US-Amerikaner als solches auch außerhalb der imperialen Kernlande wie daheim fühlen kann; ihnen eifern das Austria Trend Hotel oder das Penz West in Sachen betonener Gesichtslosigkeit munter nach; durch das Café Central hat zumindest das etwas versteckt gelegene Hotel Central ein wenig von seinem Österreichischen Charme gerettet; Das Adlers, The Penz (wie schick, diese Artikel im Hotelnamen) oder Hotel Innsbruck dilettieren ambitioniert in Sachen Boutique-Hotel; und rund um’s Goldene Dachl ballen sich schließlich die einstmals ehrwürdigen Österreichischen Gasthöfe und Hotels – Weißes Kreuz, Maximilian, Goldener Adler, Grauer Bär, Goldene Krone und wie sie alle heißen mögen –, allesamt alte Häuser mit langer Tradition, heute nur noch Drei- oder Vier-Sterne Massentourismus-Herbergen für die aus aller Welt einfallenden Reisenden, viele verhangene Muselmanen und laute, gänzlich Kultur-freie, sich als Herrenmenschen gebärdende Imperial-Amerikaner, unaufhörlich schnatternde Italiener, freundlich dreinblickende Asiaten, fette Westfalen in Sommersandalen, das komplette Klischee-Repertoire eben, die sich für ein paar Tage Arsch an Arsch durch die engen, durchaus hübschen, teils pittoresken – wären da nicht die Touristen – Gassen der Altstadt schieben, Wienerschnitzel, Flammenkuchen und Rotbarschfilet in fragwürdiger Qualität, aber unfragwürdig zu überteuerten Preisen in Gastgärten, Straßenlokalen und in alten Wirtshausgewölben fressen, ohne Ende mit Funken und Digitalkameras all das photograpieren, was schon millionenfach im Internet zu sehen ist, die dann noch rasch in Sandalen mit einer Gondelbahn für ein Heidengeld (ha-ha: Muselmanen – Heidengeld) auf einen hohen Berg fahren, von oben runterglotzen auf die Stadt und die umliegenden Berge, wiederum überflüssige Photos, die dann daheim sowieso niemand sehen will, machen, ebenso wiederum mäßige Speisen – Kaiserschmarrn und Tiroler Speckknödel werden gerne genommen, nach den Strapazen des Aufstiegs in dieser wilden, unberührten Bergwelt, fern jeder Zivilisation (haha) – zu unmäßigen Preisen in die unersättlichen Touristenschlünde schaufeln, wieder im Tale lässt man sich gern noch per Bus oder Bahn in’s malerische Ziller- oder das etwas wildere Stuibai-Tal karren – nochmals schnell knips-knips –, und dann verschwindet der Spuk auch schon wieder in Richtung Kristallwelten zum überteuerten Swarowski-Kitsch, wird allerdings umgehend ersetzt durch den nächsten Schwung touristischen Zahlviehs. Bevor jemand fragt: nein, ich mag Massentourismus nicht.
Das einzige Fünf-Sterne-Haus in Innsbruck ist seit Jahrzehnten, wahrscheinlich schon seit immer das Grand Hotel Europa vis-à-vis des Hauptbahnhofes gelegen, früher, als sich nur die reichen Leute das Reisen leisten konnten, eine feine, privilegierte Lage, heute ein mehr oder minder heruntergekommenes Bahnhofsviertel, bei dem der Multi nicht immer kulti ist, sondern durchaus schon mal ausgesprochen unkultiviert daherkommt; das mag der Grund sein, warum viele Fußballmannschaften hier nächtigten. Aber auch die Queen, die Rolling Stones oder Catherine Deneuve stiegen weiland im Grand Hotel Europa ab. Nichtsdestotrotz stellt sich der geneigte Reisende schon die Frage, wie dieses Haus zu seinen fünf Sternen gekommen sein mag. Park- und Gepäckservice bei der Ankunft Fehlanzeige: man schleppt seine Koffer und Taschen selber zur Rezeption und dann in’s Zimmer (obwohl ein Page ständig irgendwie in der Lobby untätig oder maximal putzend rumlungert), den Wagen parkt man ebenfalls selber in der öffentlichen Hauptbahnhof-Tiefgarage (immerhin gibt es einen unterirdischen Gang von der Tiefgarage zurück in’s Hotel), beim Check-In wohl eine ausgebildete Hotelfachfrau und ein mehr Fragen stellender und Chaos anrichtender als Arbeit verrichtender Lehrling, es dauert gefühlte Äonen, bis wir die Zimmerkarten in den Händen halten. Den Zimmern hat der Verkauf des Hauses im Jahre 2007 durch die Österreichische Hoteliers-Legende Otto Plattner an Italienische Finanzinvestoren, die Gebrüder Palenca, gut getan. Im Vergleich zu früheren Jahren ist alles tipp-top renoviert, teils in modernem, teils in alpenländischem Stil, Marmor in den Bädern, Schallschutzverglasung, Klimaanlage, Safes mit Steckdose, elektrische Zimmerverdunkelung, … alles netter Fünf-Sterne-Standard, trotzdem sind die Standard-Zimmer recht klein geblieben.
Unverständlich ist und bleibt mir nach wie vor, wie solch ein Haus fünf Sterne haben kann. Die Zimmer sind schlecht geputzt (vier Tage lang eine angebrochene Packung Pflaster mit asiatischer Beschriftung unter der Heizung, ebenso lang Papier unter dem Waschtisch im Bad, da kam in der Zeit kein Staubsauger und kein Wischmopp hin), von Morgens 09:00 bis Abends 17:00 Uhr stehen die Putzwägen auf den Gängen, die Putzfrauen lärmen und schreien, dass an Arbeiten oder Mittagsschlaf nicht zu denken ist, vor 16:00 Uhr wurden zumindest unsere Zimmer trotz lärmender Putzfrauen vor den Türen nicht gemacht, die ausdrückliche Aufforderung an das Management auf frühere Reinigung, mit dem Hinweis, dass ich mein Zimmer am Nachmittag zum Arbeiten benötigte, wurde schlichtweg ignoriert. Dieser Service ist eine Katastrophe. Dazu kein Spa, nur eine kleine, defekte, sonst muffige Sauna im Keller, bei unseren letzten beiden Besuchen kein Restaurant im Hause (angeblich wechselt der Küchenchef gerade), die Speisekarten-Vitrine des – früher einmal legendären und wirklich guten – Europa-Stüberls am Restauranteingang verwaist und leer und von Spinnweben geziert, es gibt eine Art Not-Karte mit ein paar Gerichten, die auf Nachfragen frisch ausgeruckt und in eine Speisekarten-Mappe geklemmt wird, der wunderschöne Barocksaal ebenso verwaist wie die Innenterrasse, das einzige Hotel-Leben findet in der Lobby-Bar mir reichlich (echten oder nachgemachten?) Egg Chairs im Fritz-Hansen-Stil statt, nun gut, man sieht, wer kommt und geht, es gibt Alkohol und eine Snack-Karte und kostenlose Nüsse aus fett-verschmierten Glasflaschen, dazu wartende Reisende und zuweilen lärmendes Volk und immer guten Durchzug. Dazu passt das durchweg chaotische Frühstücksgeschehen. Der „Frisch gepresster Orangensaft“ ist eiskalt, also nicht frisch, sondern aus der Kühle, Obst mit brauen Stellen, vollkommen überfordertes Personal, ewige Wartezeiten, die auch die geradezu überbordenden Dirndl-Dekolletés (ich empfand das schon als anzüglich-unangenehm, ohne sonst prüde zu sein) nicht wett gemacht wurden, reichlich Tischnachbaren mit einer gänzlichen Ferne zu mitteleuropäischen Tischsitten und Benehmen, …
Brechen wir hier ab, das Grand Hotel Europa in Innsbruck steht für mich ab jetzt auf meiner persönlichen tiefschwarzen Liste …
GRAND HOTEL EUROPA
Südtiroler Platz 2
A-6020 Innsbruck
Österreich
Tel.: +43 (5 12) 59 31
Fax: +43 (5 12) 58 78 00
Email: info@grandhoteleuropa.at
Internet: http://www.grandhoteleuropa.at
DZ Ü/F 109 € bis 312 € (pro Zimmer, pro Nacht) (über Buchungsportale und Pauschalanbieter oft deutlich preiswerter; Preise schwanken stark nach Jahreszeit, Veranstaltungskalender und Auslastungsgrad)
Das sagen die Anderen:
- Google: 4,2 von 5 Sternen (bei 107 Bewertungen)
- HRS-Klassifizierung: 5 von 5 Sternen; HRS-Kundenbewertung: 9,0 von 10 (bei 4 Bewertungen)
- Booking.com-Klassifizierung: 5 von 5 Sternen; Booking.com-Kundenbewertung: 8,2 von 10 (bei 1.65 Bewertungen)