Wenige Gerichte polarisieren in unserer Familie so wie Graina Kniala, hochdeutsch tatsächlich „Grüne Klöße“, und die Dinger sehen nach dem Kochen tatsächlich – ohne Beigabe von Spinat oder anderen färbenden Zutaten – grünlich aus. Mein Vater und ich lieben sie, meine Schwester hasste sie und trat schlichtweg in Hungerstreik, wenn Mutter sie auftischte; meine Mutter schließlich ertrug sie wohl, wie sie insgesamt viel zu viel still ertragen hat. mein Weib war da anders, sie tat es irgendwann mal meiner Schwester gleich und streikte, wenn es Grüne Klöße gab; sie kochte die Dinger zuweilen zwar, aß sie aber nicht. Tja, und mein großer Sohn hasst sie ebenfalls die Grünen Klöße, während mein Kleiner und ich sie heiß und innig lieben.
Graina Kniala, das ist wieder ein ganz typisches sudetendeutsches Gericht, wenngleich man dieses Rezept auch jenseits der Grenze im Sächsischen Erzgebirge kennt. Kartoffeln, je ein Löffelchen Gries und Stärke, Salz, mehr bedarf’s nicht für dieses Gericht; bis auf das Salz alles Zutaten, die auf einem Bauernhof selber gewonnen wurden. Die Kartoffeln müssen unbedingt Mehlig Kochende sein, mit Halb und Halb oder Festkochenden klappt diese Zubereitung nicht und endet entweder in breiiger Kloßsuppe oder in harten Tennisbällen. Egal ist hingegen der sonstige Zustand der Kartoffeln. Heutzutage sind wir es gewohnt, in den Supermarkt zu gehen und dort ganzjährig gleichförmige, gewaschene, straffe Kartoffeln vorzufinden – wo immer diese Dinger im Winter und Frühling auch herkommen mögen. Nicht so auf dem sudetendeutschen Bauernhof und auch im Hause meiner Eltern: Kartoffeln – vom eigenen Feld oder vom Bauern in Zentner-Säcken bis an die Haustür geliefert – wurden im Herbst in großen selbstgezimmerten Holz-Schütten in der hintersten, dunkelsten, trockensten Ecke des Kellers eingelagert, unsere Schütte war zweigeteilt, für 2 Zentner Mehlige und 1 Zentner Festkochende Kartoffeln, Herbst für Herbst 150 Kilo Kartoffeln. Spätestens nach Neujahr waren die Kartoffeln schrumpelig und unansehnlich, Einzelne begannen auch zu faulen und mussten regelmäßig von Hand aussortiert werden. Und ab Februar/März begannen die Knollen trotz Kühle, Trockenheit und Dunkelheit das Keimen, was weder ihrer Ansehnlichkeit noch der einfachen Verarbeitung der Selben zuträglich war. Salzkartoffeln waren daher im Winter / Frühling grundsätzlich weder Augen- noch Gaumenschmaus, aber dennoch – Sudetendeutscher ehelicht Hessin, da war die Dominanz der Kartoffel auf dem Speiseplan quasi genetisch vorgegeben – war die Kartoffel nicht wegzudenken, es gab ab Winter stattdessen verstärkt Bratkartoffeln, Kartoffelbrei, Kartoffelgratin, Kartoffelsuppe, Suppen mit Kartoffeln, Rösti, Heanagscharrarich (s.d.) und eben Kartoffelklöße in jeder Form, vor allem aber Graina Kniala.
Das Gericht ist einfach und doch aufwändig in der Zubereitung, zumal wenn man – wie früher – ohne Maschinen kocht. Für eine Frau oder Kind – sagte meine Großmutter, nicht auf mich losgehen! – rechnet man ein Pfund Kartoffeln, für ein Mannsbild 1 Kilo und für einen Erntearbeiter 2 bis 2,5 Kilo. Wollte man für einen Hof – neun-köpfige Familie mit Kindern, Altbauern, Bastard (tatsächlich, meine Großeltern hatten ein uneheliches Kind einer Nichte angenommen, die sich als Zimmermädchen im Pupp in Karlsbad von einem wohlhabenden „Reichsdeutschen“ hatte schwängern lassen), 4 Mägde und Knechte, dazu ein Dutzend Erntearbeiter – Graina Kniala kochen, dann musste man (genau genommen natürlich frau) schon 40 Kilo Kartoffeln schälen, die Hälfte weich kochen, die andere Hälfte roh auf alten, meist stumpfen Küchenreiben zu Brei reiben (Gunther Emmerlich, mit dem ich weiland ein ausgesprochen nettes und kompetentes Gespräch über Klöße führte, kennt diese spezielle Zubereitungsart ebenfalls aus dem Sächsischen Erzgebirge; er sagte mir, das Geheimnis guter Klöße sei nicht nur, dass ein wenig Fingernagel mit in den Kartoffelbrei gerieben werden müsse, richtig gut würden die Klöße erst, wenn auch ein paar Tropfen Blut von einer Verletzung beim Reiben mit dazu kämen: Mahlzeit!), den geriebenen Kartoffelbrei sodann in einem Leinensack ausdrücken, bis die Masse möglichst trocken ist, die austretende Flüssigkeit auffangen und die darin befindliche Kartoffelstärke absetzen lassen und wieder zur Kartoffelmasse geben, die gekochten Kartoffeln durch eine Presse treiben, gekochten und rohen Kartoffelbrei mit einem Löffelchen Gries und ggf. – sollte sich nicht genügend Stärke in der Auspress-Flüssigkeit abgesetzt haben – einem Löffelchen Stärke und Salz gut vermengen. Ganz wichtig ist an dieser Stelle (meine Großmutter und Mutter brauchten das nicht, sie kannten das Rezept aus dem ff und „fühlten“ ganz einfach die richtige Beschaffenheit des Kloßteiges) einen Probekloß zu formen, ein wenig größer als eine Walnuss, diesen sodann in einen großen Topf mit gesalzenem, simmerndem (keinesfalls kochendem, da sonst Kloßbrühe) Wasser zu geben und dort 10 Minuten köcheln lassen. Hat man zu wenig Stärke im Kloßteig erwischt, so ist der Kloß nach 10 Minuten ganz oder großteils weg, hat sich aufgelöst und zu Kloßbrühe verflüssigt; hat man zu viel Stärke genommen, hat der Kloß die Konsistenz eines Tennisballs, zäh, flummig, hart (dann ist alles weitgehend verloren, also Vorsicht mit der Stärke, mehr kann man immer noch dazugeben, zu viel kriegt man aber nicht mehr aus dem Teig raus, dann hilft nur noch, nochmals mehr Kartoffeln reiben und kochen und zu dem Teig zu geben, um die Stärke quasi zu „strecken“); in Idealfall hat man einen weichen, aber halbwegs festen, tatsächlich grünlichen Kloß, der beim Zerteilen mit der Gabel nicht zermatscht, sondern sich in separate Stücke teilen lässt, die sodann mit dicker Soße überzogen werden, die Soß schmiegt sich förmlich an den Kloß und seine Vertiefungen, Spalten, Unebenheiten und beide wollen sodann rasch gemeinsam zum Munde geführt werden – wo sie dann Entzücken oder Entsetzen auslösen.
Ganz wichtiges Thema: Soße. Denn ohne Soß ist mit so nem Kloß reichlich wenig los, geschmacklich, meine ich. Die Sudentendeutsche Küche meiner Großmutter kennt drei traditionelle Soßen zu Grünen Klößen: das sind die Weißa Brai, die Schwammerbrai und die Bombenbrai. Zweifelsohne am einfachsten ist die Weißa Brai: Milch wird mit reichlich Muskatnuss und Salz aufgekocht, Mehl wird mit einem Ei verquirlt und in die heiße Milch gerührt, so dass diese bindet, aber nicht hoddelt (gerinnt); die Weiße Brai wird über die zerteilten Klöße gegossen und dann nochmals mit viel gebräunter Butter überzogen, damit das Gericht auch kalorisch so richtig was hermacht. Heute für Stadtmenschen richtig teuer, zu Zeiten meiner Großmutter ebenfalls wohlfeil und allein mit Bordmitteln herzustellen ist die Schwammerbrai. Schwammerl, das steht für getrocknete Steinpilze, die man früher im Herbst kostenlos im Walde sammelte, aufschnitt, auf großen Brettern in der Sonne trocknete und so einen Vorrat an Steinpilzen für’s ganze Jahr hatte. Heute zahlt man für das Kilo getrocknete Steinpize 60 bis stolze 200 €; wir haben immer ein Pfund davon auf Vorrat, erstens sind die Großpackungen deutlich billiger, zweitens gibt’s nicht immer überall getrocknete Steinpilze zu kaufen, drittens halten die sich ohne Qualitätsverlust sehr lange und viertens und am wichtigsten: getrocknete Steinpilze haben einen unvergleichlichen Geschmack, nicht nur als Pilzsoße, auch als Suppe, als Gewürz in Fleischsoßen, Eintöpfen, Ragouts – ich liebe getrocknete Steinpilze. Ein Hand davon wird leicht in grobe Stücke zerbröselt und für eine Stunde in einem halben Liter lauwarmen Wasser eingeweicht; derweil schwitzt man eine klein geschnittene Zwiebel in Butter an, stäubt mit einem knappen Löffel Mehl, löscht mit den Steinpilzen und dem Einweich-Wasser ab, lässt das Ganze unter Rühren sämig kochen, salzt, pfeffert und verfeinert zum Finish mit einem großen Löffel Schmand. Kurios ist die Namens-Geschichte der Bombenbrai, die keineswegs etwas mit Sprengkörpern zu tun hat, sondern mit dem Ostpreußischen Familiennamen „Bomben“, der sich aus dem Prußischen (eine alte Baltische Sprache) „bumba, bumbinas“ = allgemein Ball, Verdickung ableitet und eng verwandt ist mit den Namen Bombien, Bombullus, Bumblys, Bumboy, Bumbulat, Bumbulis, Bumbulle, Bumbullies, Bumbullis, Bumbullus sowie Bommel (und damit wären wir endgültig bei Otto Walkes, und das führt eindeutig zu weit). Bomben, genau Franz Bomben, das war der Name eines Bauern in Neudorf im Sudentenland (Kreis Petschau), und von diesem ging die Kunde, dass er Frau und Kinder auf’s elendigste schlüge, wenn er nicht wenigsten jeden zweiten Tag das Gericht vorbesetzt bekam, welches nun seinen Namen trägt. Bombenbrai, das ist ein Stück fettes Rindfleisch, das wie Suppenfleisch mit Salz und Zwiebel gekocht wird, die Brühe wird mit Mehl angedickt, mit Saurer Sahne bzw. Schmand verfeinert und sodann werden Fleisch, Soße und Sauerkrau zu den Graina Kniala gereicht: das jeden zweite Tag zu essen, das ist echt ’ne Leistung …
Zutaten:
Für die Klöße
- 2 kg mehligkochende Kartoffeln
- 1 schwach gehäufter Eßl. Gries
- Kartoffelmehl je nach Stärkegehalt der Kartoffeln, mit einem knappen Eßl. beginnen, ggf. mehr
- Salz
Für die Schwammerbrai
- 1 handvoll getrocknete Steinpilze (ca. 10g)
- ½ l Lauwarmes Wasser
- 1 Eßl. Butter
- 1 kl. Zwiebel
- 1 Eßl. Mehl
- 100 – 150 g Schmand
- Salz, Pfeffer, wer mag gemahlener Kümmel
Für die Weißa Brai
- ½ l Milch
- Salz
- 1 Prise Zucker
- Reichlich geriebene Muskatnuss
- 1 Ei
- 1 Eßl. Mehl
- 125 g Butter
- Evtl. geriebener Meerrettich
Für die Bombenbrai
- 1 Pf. fettes Rindfleisch zum Kochen
- 1 Zwiebe
- Salzl
- ¾ l Wasser
- 2 Eßl. Mehl
- 100 – 150 g Schmand
Zubereitung:
- 1 kg Kartoffeln schälen, waschen, in gleichgroße Teile schneiden, wie Salzkartoffeln in gesalzenem Wasser weich kochen, abgießen, bei minimaler Hitze und regelmäßigem Schütteln auf dem Herd gut ausdampfen lassen; Kartoffeln noch heiß durch eine Kartoffelpresse drücken
- 1 kg Kartoffeln schälen, waschen, mit der Hand oder mit der Küchenmaschine zu Brei reiben
- Kartoffelbrei in einem speziellen Leinensack oder –tuch (notfalls geht auch ein festes Geschirrtuch, aber das kann beim richtigen Ausdrücken leicht reißen) füllen und Flüssigkeit unter festem Zusammendrehen des Stoffs so weit als möglich herausdrücken, bis die Kartoffelmasse einen trockenen, festen Klumpen bildet; Kartoffelflüssigkeit auffangen, ca. 20 Minuten stehen lassen, dann sollte sich die Stärke am Boden der Schüssel abgesetzt haben; Flüssigkeit vorsichtig abgießen, Stärke wieder zur Kartoffelmasse geben*
- Aus roher und gekochter Kartoffelmasse je 1 schwach gehäuften Eßl. Grieß, Kartoffelstärke und Salz eine homogene Masse kneten
- Mind. 5 Liter gesalzenes Wasser mit 1 Eßl. Kartoffelstärke** in einem großen Topf (so groß, dass alle Klöße später nebeneinander darin Platz haben) zum Sieden bringen
- Aus der Kartoffelmasse einen Probekloß etwas größer als eine Walnuss formen, in das knapp siedende (keinesfalls sprudelnd kochende) Wasser geben und 10 bis 12 Min. knapp unter dem Siedepunkt ziehen lassen; anfänglich sinkt der Kloß dabei zu Boden, sollte er nach 5 Min. nicht von selbst aufsteigen, ist er am Topfboden festgepappt, was aber kein Problem ist, Kloß einfach sacht mit der Schaumkelle anschubsen
- Wenn nach 10 Min. kein oder fast kein Probekloß mehr da ist, ist zu wenig Kartoffelstärke im Teig, also mehr Stärke einarbeiten und noch ein Probekloß; wenn der Probekloß noch weitgehend vollständig ist, diesen zerteilen, Konsistenz prüfen, falls notwendig nochmals nachsalzen, dann ca. 12 bis 18 Klöße aus der Masse formen und 10 bis 12 Min. knapp unter dem Siedepunkt ziehen lassen.
- Für die Weißa Brai ½ Milch aufkochen, mit Salz, 1 Prise Zucker und reichlich geriebener Muskatnuss nach Geschmack würzen
- 1 Ei in einer Tasse mit 1 Eßl. Mehl verrühren, so dass es keine Klümpchen mehr gibt
- Ei-Mehl-Gemisch mit einem Schneebesen in die heiße Milch einrühren, unter ständigem Rühren (besonders am Topsboden!) ganz sacht einmal kurz aufköcheln lassen, bis das Mehl leicht bindet, dann sofort von der Flamme nehmen und servieren
- 125 g Butter (oder mehr) schmelzen und leicht bräunen („Haselnussbutter“), gesondert zur Weißen Brai reichen
- Wer mag, kann auch noch geriebenen Meerrettich dazu servieren
- Für die Schwammerbrai Steinpilze in der Hand in grobe Stücke zerbröseln und in ½ l lauwarmen Wasser ½ Std. einweichen
- Derweil kleine Zwiebel in kleine Würfel schneiden, Butter in einem Topf mäßig erhitzen, Zwiebel darin glasig dünsten, Mehl dazu geben, unter ständigem Rühren eine helle Mehlschwitze kochen
- Mehlschwitze mit Steinpilzen samt Einweichwasser ablöschen, unter ständigem Rühren gut durchkochen, bis die Soße sämig ist (falls notwendig, noch etwas Mehl mit kaltem Wasser klumpenfrei glattrühren und Löffelchen-weise zur Soße geben – Vorsicht, der Bindungs-Effekt stellt sich immer erst eine Minute oder so nach der Zugabe ein, also nicht gleich denken, da braucht’s noch mehr, erst mal Rühren und Schauen)
- Soße mit Salz, Pfeffer, wer mag Kümmelpulver würzen, Schmand einrühren, servieren***
- Für die Bombenbrai koche man ca. 1 Pfund (oder etwas mehr, oder etwas weniger) fettes Rindfleisch (was es halt gerade gibt, Brust, Querrippe, Beinscheibe, Flanke – der Herr Bomben war da gewiss nicht wählerisch), mit einer klein geschnittenen Zwiebel und Salz in ¾ Liter Wasser weich****
- Wenn das Fleisch weich ist, sollten noch ein guter halber Liter Brühe im Topf sein; Fleisch aus dem Topf nehmen und warm stellen
- 2 Eßl. Mehl mit ½ Tasse kaltem Wasser Klumpen-frei verrühren, Löffel-weise und vorsichtig (s.o., die Bindung tritt zeitverzögert ein) unter ständigem Rühren (auch am Topfboden!) in die Brühe einrühren, bis sie eine sämige Bindung hat
- Soße nochmals unter Rühren gut durchkochen, abschmecken, ggf. nachsalzen, Schmand in die Soße geben, verrühren, nochmals aufkochen lassen, servieren
- Fleisch aufschneiden und separat dazu servieren
- Dazu reicht man Sauerkraut, typischer Weise „schlorziges Sauerkraut“ mit ganzem Kümmel, etwas Zucker und einer fein geriebenen Kartoffel gebunden (die einen nennen solches Sauerkraut „schlorzig“, die anderen abwertend „schleimig“, und tatsächlich erinnert die Konsistenz ein wenig an Schleim)
* Wem das zu viel Aufwand bei zu geringer Ausbeute ist, der kann das Kartoffelwasser auch einfach weggießen und statt dessen etwas mehr gekaufte Kartoffelstärke zur Masse geben, ca. 1 guter Teel.
** 1 Löffel Kartoffelstärke in das Kloßkochwasser zu geben ist ein alter Hausfrauentrick, um Kloßbrühe vermeiden zu helfen.
*** Bei dieser Steinpilzsoße habe ich ein paarmal den Fehler gemacht, zu denken, ein wenig Gemüsebrühe – selbst gekocht, aus dem Glas oder aus Cenofix-Brühwürfeln (aus dem Reformhaus, die ich ansonsten sehr schätze) – könne hier nichts schaden. Weit gefehlt, Steinpilze, Zwiebelchen, Schmand und vielleicht Kümmel ergeben hier ein geschmacklich vollkommen rundes, stimmiges Bild, das keine weiteren Geschmäcker – und sei es harmlose Gemüsebrühe – mehr braucht.
**** Jedem kribbelt es natürlich bei diesem Rezept in den Fingern, noch ein paar Markknochen oder Ochsenschwanzstücke, Suppengemüse, gebräunte Zwiebel, Pfefferkörner, Liebstöckel, Lorbeer, Demi-glace dazuzugeben und weiß der Geier, welche Tricks wir sonst noch auf Lager haben, eine ordentliche Brühe zu kochen, aber das ist – wenngleich schon kein Arme-Leute-Gericht, wer konnte sich früher jeden zweiten Tag Fleisch leisten? Kaum jemand! – ein einfaches Gericht, und jede Verfeinerung verbessert es einerseits vielleicht, verfremdet und verkünstelt es andererseits aber auch. Also: Finger weg: fettes Fleisch, Zwiebel, Salz, sonst nix.
Vielleicht hat Michael aus Obermenzing ja doch Recht, und ich sollte mich tatsächlich kürzer fassen. 6 Seiten für 4 Rezepte, das ist heftig. Meine Mutter hat diese vier Rezepte von Hand auf keinen 40 handschriftlichen Zeilen festgehalten. Aber sie hat ja auch nicht die Geschichten der Rezepte erzählt, ihr historisches Umfeld und die Kniffe, Do’s und Dont’s beim Kochen. Ich kenne die alle, weil ich Großmutter und Mutter beim Kochen zugesehen, zugehört, dann geholfen, dann selber gekocht habe, mit Markus habe ich weiland in München besagte Tennisbälle produziert, und Kloßbrühe hatte ich auch zur Genüge. Freunde der kulinarischen Kurzform sind hier einfach fehl am Platze.