Die 10 besten Wege, sich in italienischen Lokalen unbeliebt zu machen

„Luigi, alter Mafia-Gauner, heute schon jemanden im Staudamm einbetoniert? Aber bei Euren guten Beziehungen zur Staatsanwaltschaft und zum Vatikan ist das bestimmt schon vergessen und vergeben! Bring uns eine Spaghetti Frutti di Mare mit viel Parmesan auf zwei Tellern mit Löffeln, danach zwei Espresso mit Milch und getrennte Rechnungen, aber pronto!“

So oder so ähnlich betreten teutonische Trampel gerne mal italienische Lokale in Deutschland. Nun gut. Bestenfalls heißt Luigi tatsächlich Luigi, ist kein Mitglied der Mafia und einfach nur stocksauer über die schlechten Manieren, macht aber gute Miene zum bösen Spiel. Es kann jedoch auch durchaus mal passieren, dass Luigi gar nicht Luigi heißt, tatsächlich aber aktives Mitglied der Mafia, der zeitweise in Deutschland im Geldwäsche-Lokals seines Schwagers wegen zu heißen Bodens daheim untergetaucht und ebenfalls stocksauer ist, aber zumindest vorerst mal gute Miene zum bösen Spiel macht … Wie dem auch sei, man muss italienische Gastwirte ja nicht ohne Not ärgern oder gar demütigen, auch wenn die Gastwirte zu Gast in Deutschland sind, sind wir Deutsche selbst im eigenen Land beim Betreten eines Italienischen Lokals zu Gast bei Italienern. Und als Gast hat man sich zu benehmen, hat mir schon meine Oma beigebracht, aber eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein, zumindest für kultivierte Völker. Es gibt – wenigstens – zehn ganz einfache Regeln, die man tunlichst beachten sollte, wenn man in ein italienisches Restaurant geht, und mag das tausendmal in Deutschland liegen. „Italienisches Restaurant“, damit sind natürlich italienische Restaurants gemeint, und nicht diese domestizierten und pervertierten und systematisierten und internationalisierten Nudel- und Pizza-Fressstellen, denn wo die Küche keinen Benimm mehr hat, da mag sich auch jeder Gast benehmen, wie er mag (sofern keine Gesetze oder Personen dabei verletzt werden).

  1. Also, dieses „Ciao Luigi!“ beim Betreten eines Lokals ist schon mal das erste No-Go, es sei denn, der Patrone heißt tatsächlich Luigi und hat zuvor einmal zu später Stunde das Du bei einem Grappa angeboten. Italiener sind ein sehr höfliches und unter Fremden auf Etikette bedachtes Volk. Vielmehr heißt es korrekt „Guten Abend, Herr Esposito!“, oder – falls der Gast halbwegs sicher im Italienischen ist – „Buona sera, signor Esposito!“ Und Namenszusätze – Conte, Dottore, Segretaria, Giudice – sind natürlich wie selbstverständlich mit anzuführen in der Anrede. Vertraulichkeiten im Umgangston, schön und gut, aber das muss gegenseitig gewachsen sein und nicht gastseitig oktroyiert.
  2. „Portare mio degli spaghetti ala Bolognese con tanto salsa, formaggio grattuggiato, uno insalato misto e un quarto chianti, poi uno espressi con il grappe.” Oder so ähnlich. Jedem Deutschen würd’s bei dieser Vergewaltigung seiner Sprache die Nackenhaare hochstellen. Das kann man machen, wenn man das tiefste Latinum bereist, des Italienischen nicht mächtig ist, der örtliche Gastwirt weder Deutsch noch Englisch kann (wozu auch, er ist ja schließlich Italiener in Italien) und man irgendwie mit den letzten Brocken Italienisch was zu essen bestellen möchte. Italienische Gastwirte in Deutschland und ihr Servicepersonal können in der Regel sehr gut Deutsch und benötigen dieses Radebrechen nicht. Und wenn sie kein Deutsch können, dann sind’s sowieso meistens Albaner oder Tunesier, und die können auch kein Italienisch.
  3. Italien ist eines der wichtigsten Modeländer der Welt, entsprechend spielt Bekleidung auch in italienischen Restaurants eine gewisse Rolle. Muscle-Shirts, Jogging-Hosen, Hotpans und Bauchnabel-freie Laibchen gehören in die Altkleidersammlung oder maximal noch in’s Fitnessstudio oder in’s All-inclusive-Hotel in Antalya, aber nicht in ein italienisches Restaurant (genau genommen in gar kein Restaurant). Und wenn Sie der italienische Kellner trotz Rolex, Hermès Täschchen, Ferragamo Schühchen und Attolini-Anzug spöttisch anschaut und ein wenig von Oben herab behandelt, so können Sie sicher sein, dass er stilsicher gesehen hat, dass Sie billige Fälschungen aus Fernost tragen.
  4. „Sag mal, von wem wurde dieser schwule Parade-Grantl-Bayer vom Anstich auf dem Nockerberg doch gleich mit einem Hammer erschlagen? Und wie lange saß dieser verbrecherische FCB- Präsident im Knast, bevor er wieder in Amt und Würden kam, als wäre nichts gewesen? Stimmt es tatsächlich, dass die Regierungsmaschine des High-Tech-Landes Deutschland gleich drei vier fünf sechs sieben Mal hintereinander kaputt war und Eure Regierungs-Politiker zu spät zu wichtigen internationalen Veranstaltungen kamen?“ Solche Anspielungen findet kaum ein Deutscher wirklich witzig oder angebracht, und schon gar nicht aus dem Munde eines Ausländers. Ähnlich geht es jedem Italiener, wenn ein Ausländer dumm und locker über Themen wie Mafia, Vatikan, Faschisten, Resistenza, Südtirol und italienische Politik daher schwafelt. Das sind Tabu-Themen, über die man weder leichtfertig plaudert, geschweige denn, Witze macht.
  5. Klar ist es zuweilen toll, des Mittags beim Italiener um die Ecke auf die Schnelle einen Teller Nudeln und einen kleinen gemischten Salat zu essen, bevor man wieder im Büro verschwindet. Aber das heißt, das italienische Lokal zum Fastfood-Schuppen zu degradieren. Fastfood, das sind in Italien Piadina aus der Emilia-Romagna, Arrosticini aus den Abruzzen, Tramezzini aus Venezien, Cuoppo aus Kampanien, Panzerotto aus Apulien, aber niemals Pasta. Pasta sind immer Bestandteil eines kompletten Mahles und keine eigenständige Mahlzeit für sich. Eine vollständige italienische Speisefolge besteht aus Antipasto (kalte Vorspeise, z.B. Caprese oder Cocktail di gamberi), Primo Piatto (warme Vorspeise oder kohlehydratlastiger ersten Gang, z.B. Pasta, Risotti, Suppen), Secondo Piatto (proteinreicher zweiten Gang, meist ein Fleisch- oder Fischgericht), Contorni (Sättigungsbeilagen wie Gemüse, Salat, Kartoffeln) werden extra bestellt und sind in der Regel nicht im Preis des Hauptgerichtes enthalten, zum Nachtisch gibt es Dolce oder Frutta, einen Digestiv und einen Espresso. Die Kalkulation eines „richtigen“ italienischen Wirtes basiert darauf, dass pro Person wenigstens drei oder vier dieser Menue-Bestandteile geordert werden, sonst geht seine Rechnung schwerlich auf und entsprechend begeistert ist der Service bei solchen „Ein-Teller-Nudeln-und-Salat“ – Gästen. Aber ich muss zugeben, in Deutschland, Europa, USA und auch Asien habe ich genügend Restaurants mit italienischem Duktus (ich spreche jetzt bewusst nicht von „italienischen Restaurants“) kennengelernt, die sich resigniert oder geschäftstüchtig in ihre Rolle als Nudel-Fastfood-Schuppen ergeben haben.
  6. „Die Schweinshaxe hätte ich gerne dick mit Käse gratiniert, wenn sie eh schon im Rohr ist.“ „Und bitte Heinz-Ketchup zu dem rosa Rehmedaillon mit Wachholdersauce und handgeschabten Spätzle.“ „Maggi zu Kaviar passt immer.“ Kulinarische Gänsehaut und subkutanes Erbrechen? Kann ich nachvollziehen. Aber wir erblöden uns nicht, Reibekäse auf die Spaghetti Frutti di Mare zu schaufeln (Fisch und Käse sind ein italienisches Tabu!). Insalata Caprese in den italienischen Nationalfarben Grün-Weiß-Rot (Grün für die fruchtbaren Ebenen, Weiß für die Gletscher der Alpen, Rot für das in den Unabhängigkeitskriegen vergossene Blut – so heißt es zumindest) verhunzen wir mit brauner industrieller Balsamico-Pampe und Pfeffer (ein sehr politischer Italiener könnte das Braun über die Nationalfarben für einen Affront halten), auf Büffel-Mozzarella, Tomaten und Basilikum gehören nur gutes Olivenöl und Salz, sonst nix. Und auf einer Pizza hat Mais nix verloren. Und Lamm auch nicht. Und Gehacktes schon gar nicht. Und Ananas erst recht nicht. Und sie hat dünn und knusprig zu sein, nicht fat and soft. Und Käse hat im Pizza-Rand auch nichts verloren. Und Sprühsahne auf dem Cappuccino auch nicht. Eben so wenig wie Sahne in Spaghetti Carbonara. Ein wenig Respekt vor der Landesküche der Gastgeber ist schon angebracht. Wobei ich zugeben muss, sehr viele italienische Gastronomen und Pseudo-Gastronomen und vor allem pseudo-italienische Pseudo-Gastronomen vergewaltigen die italienische Küche zuweilen auch ganz schön arg.
  7. Des Mittags im Straßencafé in der Sonne sitzen, einen Cappu schlürfen, ein Magazin durchblättern, und Gott einen guten Mann sein lassen. Und nach dem üppigen Abendmahl genüsslich zum Grappa einen Cortado trinken und sich über das gelungene Essen freuen. Geht beides gar nicht. Kaffee mit Milch am Mittag oder Abend ist für den Italiener tabu, denn Milch sättigt; Kaffee mit Milch wird ausschließlich zum Frühstück getrunken, und dabei wird auch schon gerne mal ein Hörnchen in den Kaffee getaucht.
  8. Der ganz bekannte Fauxpas-Klassiker beim Italiener ist es natürlich, zu Spaghetti einen Löffel zu bestellen. Das dürfen maximal Kinder. Aber auch ansonsten tuen gute Tischmanieren Not, nicht nur beim Italiener, sondern eigentlich in jedem Lokal, außer McDonald, Vapiano, Dönerbude & Co., aber das sind ja auch keine Lokale. Man isst mit Messer und Gabel, Messer rechte Hand, Gabel linke Hand, Gabel und Löffel bewegen sich zum Kopf, nicht anders herum, Haltung gerade, der Mund hat beim Kauen geschlossen zu sein, vor dem Trinken säubert man sich die Lippen, … kennen tut das fast jeder Mensch aus einer Kulturnation, nur halten tuen sich immer weniger daran, gerade im Italienischen Restaurant, da will man doch dolce vita und contesto amichevole ausleben, und mal so richtig die Benimm-Sau rauslassen, lascia che tutte le buone mani guidino und so. Das kann man in Malle beim Eimersaufen machen, oder in der Fußballkneipe nach dem Spiel, von mir aus auch auf dem Campingplatz oder daheim, aber nicht in einem halbwegs ordentlichen Restaurant.
  9. Ein letztes Fettnäpfchen droht beim Bezahlen. Geteilte Rechnungen sind in Italien absolut unüblich. Schmaust und zecht eine Tischgemeinschaft gemeinsam, so übernimmt Einer die Rechnung für alle, den Wirt interessiert es nicht, wer das ist, das kann der Einladende sein, der Chef, der Älteste, oder ganz einfach der, der halt grad reihum an der Reihe ist.
  10. Ganz ein anderes Thema ist Trinkgeld, denn das ist Italien in Gaststätten nicht üblich, maximal rundet man Beträge auf oder lässt 1 bis 2 EURO auf dem Tisch liegen, in Espresso- und Weinbars gibt es am Tresen zuweilen Teller oder Sparschweine für ein wenig Trinkgeld. Hier würde ich als Deutscher in einem guten italienischen Restaurant in Deutschland schon bewusst mit der Tradition des Gastgeberlandes brechen und für guten Service und gutes Essen meine üblichen 10 bis 15 Prozent Trinkgeld geben.
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