Beschreibung des Outlets auf dem alten WMF-Gelände in Geislingen, Bedauerung verschiedener Orte auf der Schwäbischen Alp und Bemäkelung der Alten Post in Kuchen

Metallurgisch ist in Geislingen an der Steige, dem Stammsitz der Württembergischen Metallwarenfabrik, kurz WMF mit den fünf Marken WMF, Silit, Kaiser, Schaerer und Hepp schon lange nicht mehr allzu viel los, Rohbestecke werden seit 2010 aus  dem Werk im chinesischen Heshan bezogen, der Konzern selber längst Spielball der Heuschrecken, seit letztem Jahr mal wieder mit einem neuen Besitzer, der Französischen SEB Gruppe. Dennoch herrscht seltsames Leben auf Teilen der sonst verwaisten Fabrikgelände in dem elenden Städtchen auf der Alp. Rund um den WMF Werksverkauf in der ehemaligen Fischhalle – so genannt, weil das Unternehmen hier vor dem Ersten Weltkrieg angesichts der hohen Fleischpreise Fisch zu Selbstkosten an seine Mitarbeiter verkaufte, ein durchaus soziales Unterfangen – ist in den letzten Jahren eines dieser Outlet-Center entstanden, in dem tatsächlich oder angeblich billigere Markenwaren feilgeboten werden; neben WMF haben sich hier Riedl mit all seinen Marken von Spiegelau bis Nachtmann angesiedelt, Kahla, Gardena, Ravensburger, Rosenthal mit Thomas und Arzberg,  Seltmann Weiden, dazu noch ein paar Klamotten-Geschäfte wie Carl Gross oder Trigema, und Futter-Hersteller wie Lindt oder das unsägliche Mymuesli. Wenn man will, kann man hier durchaus Geld lassen, besonders als Hobbykoch. Hier ein Messerchen, dort ein Gläschen, dann noch ein Tellerchen, das kann sich läppern. Persönlich bin  ich ein-, zweimal im Jahr in Geislingen, zum einen, um festzustellen, dass es nichts Nützliches bei WMF gibt, das ich nicht schon in der einen oder anderen Form hätte, zum anderen um die Riedl-Gläser, die Rosenthal-Teller und die Kahla-Tassen, die in den vergangenen Monaten tollpatschigen, rabiaten oder trunkenen Gästen, brutalen Spülmaschinen, der eigenen Ungeschicklichkeit oder schlichtweg dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen sind wohlfeil – wohlfeiler zumindest als im heimischen Haushaltswarengeschäft – zu ersetzen. Trotz aller guten Vorsätze wird nahezu jeder Besuch dann doch wieder teurer als geplant und auch teurer als im heimischen Haushaltswarengeschäft. Mal gibt es eine neue Schüssel, die man noch nicht hat, dann eine Vase, die richtig hübsch ist, neulich überfiel mich hinterrücks und hundsgemein ein Sonderangebot an Süßweingläsern aus der Serie Vinum: nicht, dass wir außer vielleicht zur Foie Gras des Öfteren Süßwein tränken, nicht, dass die Weißweingläser zu diesem ohnehin seltenen Behufe in der Vergangenheit nicht tadellose Dienste geleistet hätten, aber so nenne ich mich nun stolzer Besitzer eines Dutzend spezieller Süßweingläser von Riedl (auch so eine Marotte von mir: Geschirr, Gläser und Besteck kaufe ich nur im Dutzend oder einem Vielfachen davon).

Aber hier soll es gar nicht um WMF speziell und um Outlets generell gehen, auch nicht um meine Marotten beim Haushaltswareneinkauf (und – bei Gottfried – davon habe ich so einige!), sondern um die Frage, was man nach anstrengender Einkaufstour in Geislingen so machen kann, wenn einen der Hunger umtreibt.  Nun gut, die Hautevolee Geislingens scheint sich an der gesichtslosen Allerweltskarte der Krone zu delektieren, die von Schnecken über Nudeln, Schnitzel, Rehbraten bis hin zu gebackenem Fischfilet und Schwäbische Spezialitäten alles bietet, was der Convenience-geschulte Genießergaumen verlangt. Für das Bräustüble zum Deutschen Kaiser der örtlichen Kaiserbrauerei fahren manche – darf man tripadvisor glauben (darf man tripadvisor glauben?) – sogar von der Autobahn ab, ich verstehe nicht, warum, ebenso beliebt scheinen die einfältigen Steak- und Schnitzelorgien im Landgasthof Helfenstein zu sein, auch hier fehlt mir nach zweimaligem Reinfall persönlich das Verständnis.

Neulich an der Steige, nach besagtem Süßweingläser-Kauf, riet mir die freundliche, ihrem Dialekte nach offensichtlich eingeborene Verkäuferin auf meine Frage, wo ich denn diesen Kauf mit einem guten Male feiern könne und ich den Vorschlag, es doch in der Krone zu versuchen, sogleich empört zurückgewiesen hatte, nach einigem Überlegen und In-sich-Gehens: „Haben Sie’s schon mal in der Alten Post in Kuchen bei den Heers versucht?“ Nein, hatte ich noch nicht, also flugs Adresse auf der Funke gegoogelt, ersten Eindruck für OK befunden, in den Wagen geworfen, Navigationsgerät programmiert und auf ging’s.

Geislingen ist hässlich. Kuchen, im Filstal Richtung Stuttgart gelegen, ist hässlicher, ein Straßendorf durch das die B 466 führt, wo man eigentlich nur ohne Verweilen durcheilen möchte ohne in eine Radarfalle zu rasseln, rechts der Straße gesichtslose Einfamilienhaus-Bebauung, wenn ich jetzt schreibe, dass so gewiss ein Teil der Hölle aussehen mag, so schimpft mich Caro wieder, ich solle nicht so schlecht über diese Menschen dort reden, anscheinend gefiele es denen ja dort, denn sonst wären sie ja nicht dort; und wenn ich entgegne, vielleicht kämen sie auch nur nicht weg von dort, dann wird Caro wieder böse sein. Also schreibe ich auch nichts dergleichen. Eines dieser unscheinbaren Häuser ist dann die Alte Post. Die vorderen Räume könnten in ihrer Rustikalität auch eine Pilskneipe sein, hinten finden sich dann ein paar kleinere, düstere, aber heimelige Gaststuben mit eingedeckten Tischen. Seit 1980 bewirten hier Walter und Gabriele Heer ihre Gäste mit schwäbischer Hausmannskost: Flädlesuppe, Maultaschen, Saure Linsen, Zwiebelrostbraten, legendär sind die Brathähnchen, die tatsächlich sehr gut sind. Dazu zwei Speisekarten-Seiten lang Pfannengerichte, eigentlich alles, was man kurzbraten und dann irgendwie mit Soße oder so überziehen kann. Anspruchsvoller sind da schon die Schmorgerichte – ein formidables Rehgulasch etwa – und die Saisongerichte – wie gerade mit Pfifferlingen –, dazu natürlich noch in paar tiefgekühlte Fischlein und Brotzeiten. Das klingt alles wie eine etwas groß geratene Speisekarte eines ambitionierten schwäbischen Wirtes, der es mit Goethe hält: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; und jeder geht zufrieden aus dem Haus.“ Qualitativ ist da wenig zu meckern und wenig zu loben, das ist ordentliche Hausmannskost. Nun gut, die Linsen in einem rötlichen, hoffnungslos unterwürzten Sößchen, auch die Soße zum Zwiebelrostbraten ein dünnes, ebenfalls unterwürztes Etwas, und medium-rare sieht anders aus, dafür aber irgendwann mal frisch frittierte Zwiebelringe, ordentliche Spätzle, gutes Filderkraut und – eine fast vergessene Seltenheit – Schwäbische Hefeklöße. Dem Publikum scheint’s zu schmecken, und jeder zweite Tisch – auffallend viele junge Familien und Rentner – lässt die Reste der großen Portionen frei von Scham für daheim einpacken, niemand schwafelt hier von doggy bags, es sind halt alles Schwaben, und die Bedienungen packen wie selbstverständlich und professionell ein.

Doch seit ein paar Jahren hat die Alte Post in Kuchen so etwas wie ein zweites Gesicht. Der Sohn des Hauses, Ludwig Heer, hat nämlich ebenfalls Koch gelernt, bei Rolf Straubinger im Burgrestaurant Staufeneck, dann bei Harald Wohlfahrt, als dieser noch in die Schwarzwaldstube rein durfte, danach das übliche internationale Koch-Tingel-Tangel, Küchenmeister-Prüfung, Gründung einer eigenen Pralinenmanufaktur, erfolgreiche Teilnahme an den obligatorischen Kochwettbewerben, Übernahme des ersten eigenen Restaurants an irgendeinem Golfplatz, und dann erfolgreicher Einstieg in den unappetitlichen Fernsehköche-Medienzirkus, Kochbücher, Show-Catering, Kochkurse, Erfindung und Vermarktung neuer Küchenutensilien (Plastikröhrchen zum Beispiel, mit denen man aus gelierenden Flüssigkeiten so etwas wie Cannelloni formen kann, das hat die Welt gewiss gebraucht; erhältlich über Bosfood), das komplette Programm halt, mit dem Köche heute Kohle machen, statt redlich am Herd zu kochen. Seit 2016 gliederte Heer Junior das elterliche Restaurant in sein kulinarisches Imperiumchen ein; Vater Heer steht zwar meist nach wie vor am Herd und Mutter Heer dirigiert die mal freundlichen, mal bemühten, mal hoffnungslos überforderten und pampigen – je nach Tagesform und Besucherzahl – Bedienungen, aber zuweilen, so hört man, stünde auch der junge Herr Starkoch in der Küche (gesehen habe ich ihn noch nie). Zumindest hat er der Speisekarte seine Handschrift oktroyiert. Es gibt jetzt Vitello Tonnato, Riesengarnelen mit gebackenen Fischpäckchen, schwäbische und internationale Tapas, Hummerkremesuppe oder Seeteufelfilets mit Krabbengerösteltem, Estragonkartoffeln und Brokkoli. Wie war das mit dem Fisch und dem Fahrrad doch gleich? Entweder führe ich ein Restaurant, bestimme seinen Stil, stehe Tag für Tag selber am Herd und stehe für die Qualität meiner Speisen ein, oder ich lasse es. Eine regionale, gutbürgerliche, altbackene, zu große Speisekarte zu nehmen, und dann noch ein paar kulinarische Arabesken draufzuklatschen, für deren Zubereitung man maximal noch Anweisungen gibt und dann wieder verschwindet, das kann aus meiner Sicht nur jämmerlich in die Hose gehen.

Aber anscheinend nicht so in Kuchen auf der Schwäbischen Alp. So voll, wie der Laden regelmäßig ist, scheint das Konzept hier aufzugehen. Für mich ist die Alte Post ein ordentliches Schwäbisches Gasthaus mit ordentlicher Hausmannskost, ohne Höhenflüge, zuweilen jedoch mit deutlichen, aber angesichts des Rests dann doch wieder zeihlichen Patzern, und einem unberechenbaren Service, der von herzlich und flott bis pampig und tranig alles sein kann, nicht mehr.

Restaurant Alte Post
Geschäftsführer / Küchenchef: Ludwig Heer
Staubstraße 3
D-73329 Kuchen
Tel. +49 (73 31) 8 12 54
Fax: +49 (73 31)  8 18 65
E-Mail: info@altepost-kuchen.de
Internet: www.altepost-kuchen.de

 

Hauptspeisen von 6,40 € (Halbes Brathähnchen) bis 29,90 € (Filetsteak), Drei-Gänge-Menue von 14,40 € bis 54,70 €

 

Das sagen die Anderen:

  • Guide Michelin (Booktable) Inspektoren: n.a.
  • Guide Michelin (Booktable) Gästebewertungen: n.a.
  • Gault Millau: n.a.
  • Gusto: n.a.
  • Schlemmer Atlas: n.a.
  • Feinschmecker: n.a.
  • Falstaff: n.a.
  • Varta: 0 von 5 Diamanten, Erwähnung als „Gut & Günstig“  (Restaurant)
  • Holidaycheck: n.a.
  • Yelp: 4,5 von 5 Sternen (bei 20 Bewertungen)
  • Tripadvisor: 4,5 von 5 Punkten (bei 38 Bewertungen)
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9 Comments

  1. Reinhard Daab

    Hallo Hr. Opl,

    ich freue mich immer wieder Ihre teilweise frivolen, jedoch sehr sarkastischen Texte zu lesen, aber finden Sie nicht, dass Sie öfters über das Ziel hinausschießen?
    Z. B. dies:

    „aber angesichts des Rests dann doch wieder zeihlichen Patzern, und einem unberechenbaren Service, der von herzlich und flott bis pampig und tranig alles sein kann, nicht mehr.“

    Mir sind einige sehr gute Häuser bestens bekannt, was man leider immer wieder hört, ist die Tatsache, dass man nicht genug Personal bekommt. Dies gilt sowohl für die Küche als auch für das Servicepersonal, über gut ausgebildetes Fachpersonal müssen wir erst gar nicht reden. Erst am vergangenen Sonntag sagte mir eine sehr nette junge Dame des Services, dass sie nur noch ein paar Monate im Hse. sein wird, daraufhin fragte ich nach, was sie anschließend machen möchte. Nun ja, sie geht zur Polizei, auf Nachfrage sagte sie, dass man in Hessen jetzt auch Damen unter einer Größe von 160 cm einstellen will. Eigentlich hat sie Restaurantfachfrau als Ausbildungsberuf gelernt, aber nun, wahrscheinlich bezahlt die Polizei auch deutlich besser.

    Seither bin ich immer ausgesprochen froh, noch immer gute Leute anzutreffen, allerdings in aller Regel nur in sehr guten Betrieben.

    Viele Grüße

    • Lieber Herr Daab,
      „… im Prinzip ja, würde Radio Eriwan sagen …“ (Sie erinnern sich?) Einerseits, ich habe selber mal gekellnert und weiß, was es dabei für einen Stress, Ärger, körperliche Anstrengung, mangelndes Teamplay in der Brigade und dazu zuweilen noch total arschige Gäste geben kann. Und ich habe Ihre Zeilen nicht vergessen, dass man es den Restaurant-Betreibern und –Mitarbeitern nicht ohne Not schwer machen sollte, die hätten es in der Regel ohnehin schon schwer genug.
      Nun ja, es gibt solche und solche. Ich kenne hart arbeitendes, kompetentes, nicht sonderlich gut verdienendes, und trotzdem freundliches Restaurantpersonal, aber ich kenne auch faule, pampige, dazu noch inkompetente Schlamper, und zwischen diesen beiden Extremen gibt’s ne ganze Menge an Abstufungen. Und in der Regel geht’s ja, in der Alten Post in Kuchen, zumeist sind da auch richtig nette und bemühte Servicemitarbeiterinnen, aber zweimal habe ich dort live Szenen miterlebt, die einfach unter aller Kanone waren. Gäste, die höflich – höflich! Nicht etwa so frech wie ich – etwas bemäkelt hatten, wurden im Lokal öffentlich runtergeputzt, und sowas geht gar nicht. Das war auch kein einmaliger Ausrutscher, und ich bin mit diesen Beobachtungen auch längst nicht alleine, so etwas scheint leider öfters vorzukommen. Und das sollte man auch ansprechen, wenn man kein bezahlter Lokaljournalist ist, der von seinem Redakteur den Auftrag bekommen hat, die heimische Gastronomie zu lobhudeln, auch in der Hoffnung, in Zukunft die eine oder andere Anzeige abzubekommen, und wer was Schlechtes schreibt, wird sogleich als Nestbeschmutzer, Schädiger des Tourismus und Arbeitsplätze-Schaffer- und Steuerzahler-Beschimpfer gebrandmarkt.
      Beste Grüße
      E. Opl

  2. Reinhard Daab

    Lieber Hr. Opl
    natürlich geht solches, wie von Ihnen geschildert, im Gastgewerbe absolut nicht!
    Solche Leute werden von mir ebenfalls „gut behandelt“, denn sie bekommen anschließend kein Trinkgeld,

    “ Das war auch kein einmaliger Ausrutscher, und ich bin mit diesen Beobachtungen auch längst nicht alleine, so etwas scheint leider öfters vorzukommen.“

    Aber mal leise nachgefragt, nach welchen Kriterien suchen Sie die Häuser aus? Solche Vorkommnisse haben wir bisher noch nicht erleben dürfen, denn diese Etablissements würde ich überhaupt nicht besuchen. Wir kaufen nun schon seit über dreißig Jahren einen Guide Michelin, keines der von Ihnen genannten Häuser ist dort aufgeführt, das sagt eigentlich schon sehr viel aus. In Geislingen an der Steige ist außer dem Burghotel in Geislingen-Weiler nichts weiter erwähnt. Wenn wir unterwegs sind, dann schauen wir in der Regel nach solchen Häusern, welche mit einem BIP ausgezeichnet wurden, dort kann man gut speisen und hat es mit ordentlichem Personal zu tun. Da muß man sich nicht von minderbemitteltem Personal anraunzen lassen. Leider ist es so, dass die Gastronomie kein einfaches Feld ist, denn in Grunde genommen kann jeder eine Gaststätte eröffnen, ohne die notwendige Qualifikation erworben zu haben.

    Die von Ihnen genannten Internetadressen kann man getrost vergessen, da habe ich schon tolle Berichte gelesen, was hat man davon wenn Lieschen Müller einen Sermon absondert, man weiß nichts über solche Leute. Währenddessen ein renommierter Führer wie Michelin hier schon professioneller vorgehen, denn man beschäftigt Personal vom Fach, auch die anderen von Ihnen genannten Führer finden nicht meine Zustimmung. Einmal hatte ich in meinem Stammrestaurant folgendes erlebt: Da kam eine sehr gut aussehende junge Dame hereinstolziert, von einem Restaurantführer sei sie, den Namen verschweige ich lieber. Im Laufe des Gesprächs wollte sie wissen ob sie in Bayern oder Hessen wäre, na ja, sie war in Pfungstadt, demnach in Hessen. Nun konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, als ich ihr sagte, wie wollen sie denn über ein Restaurant schreiben wenn sie nicht einmal wissen in welchem Bundesland sie sich befinden, daraufhin verfinsterte sich ihr Blick, aber was solls das Leben ist hart und man sollte schon entsprechende Kenntnisse haben, bevor man irgendeinen Käse verzapft.

    Nun denn also, frohes Schreiben, wir werden die Welt nicht ändern.

    Viele Grüße
    R. Daab

  3. Lieber Herr Daab,
    wonach ich „meine Häuser“ aussuche? Ich mag nicht zum siebenhundertdreiundachtzigsten Male schreiben, dass die Quiche als obligatorisches amuse geul bei Vincent Klinck zu fett und zu mächtig ist (der Rest i.d.R. aber ganz famos), ich mag auch nicht schreiben, dass der FCB-Salat bei der Grinsekatze vom Platzerl frisch und belanglos war (der Rest i.d.R. ganz gewiss belanglos), Harald Wohlfahrt und seine Brigaden haben mich noch nie so enttäuscht, dass ich mich genötigt gesehen hätte, hier ein negatives Wort zu verlieren, und ex positivo bin ich nicht berufen, in diesen Regionen zu urteilen. Aber zwischen Gossenschänke und Gourmettempel, da ist so viel Leben, so viel Spannendes, so viel Schlechtes, so viel Gutes, über das nie – oder wenn, dann von Lieschen Müller auf tripadvisor & Co. – geschrieben wird. Ich gehe nicht essen, um zu schreiben (wenn ich über jedes mal Essen gehen schreiben würde, würd‘ ich mir ’nen Wolf schreiben), ich gehe essen, um zu essen, und wenn mir was auffällt, das mir berichtenswert erscheint, dann schreibe ich … nach bezahlter Rechnung aus eigener Tasche, auf eigene Kappe, ohne Rücksicht, positiv wie negativ.
    Und was Ihre Frage nach Guides anbelangt: wenn ein Haus im Guide Michelin einen Stern oder mehr hat, sind meist nur noch abgehobene Spinner am Werke, der Bib Gourmand ist da sehr hilfreich. Beim Gault Milau sind es die die 12 bis 15, 16 Punkte-Häuser, die mich neugierig machen.Und wen ich immer besser finde, das ist der Gusto, Oberhäußer macht einen ambitionierten, aufreibenden, guten Job (ok, ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass er der Schwager unseres Chefpiloten ist, aber das Eine hat nichts mit dem Anderen zu tun). Ansonsten studiere ich sicherlich zehn Speisekarten – live wie online – bevor ich einmal essen gehe.
    Herzliche Grüße
    Eberhard Opl

  4. Reinhard Daab

    Lieber Hr. Opl,

    „ich gehe essen, um zu essen“

    Allerdings ein wenig Ärger darf schon mit dabei sein, macht nichts, jeder wie er mag. Sollten Sie wieder einmal in diese Gegend kommen, dann möchte ich Ihnen ein sehr gutes Restaurant empfehlen. Es ist das Hotel Neckartal & Tafelhaus in Köngen. Dieses Haus wird von Petra und Bernd Nödinger geführt, Bernd Nödinger kocht außergewöhnlich gut, er bietet sogar eine Kuttelsupp an. So steht es in der Speisekarte,“Supp“. Dort bekommt man außer guten Speisen auch ein hervorragendes Bier einer Klosterbrauerei, aber selbstverständlich hält man eine sehr gut sortierte Weinkarte bereit, welche von Petra Nödinger zusammengestellt wurde.

    Dazu kommt freundlicher und kompetenter Service, was will man mehr.

    Mit kulinarischen Grüßen

  5. Reinhard Daab

    LIeber Hr. Opl,

    natürlich geht man essen um zu essen, was sonst. Aber darf es nicht ein bisschen mehr sein, denn sehr vieles kann man auch selbst machen, sofern man den Aufwand nicht scheut.

    Wenn man sich an frühere Zeiten erinnert, fällt mir der Erbprinz in Ettlingen ein, dieses Restaurant hatte eine täglich wechselnde Menü-Karte z.B. diese:

    Gefüllte-Salmschnitte im Blätterteig, Sauce verte
    Steinbutt-Consommeé
    Atlantik-Lotte in Schnittlauchsauce im Näpfchen
    Barbarie-Entenbrust mit grünen Pfeffer
    Frische Feigen auf Zimt-Halbgefrorenem

    Solche Häuser gibt es eigentlich nicht mehr, entweder fehlt das dafür notwendige Personal, es könnte auch am zu hoch ausfallendem Preis scheitern. Wenn man also zum Essen geht, dann soll es doch schon etwas besonderes sein, Nahrungsaufnahme alleine wäre mir zu wenig.

    Viele Grüße

  6. Lieber Herr Daab,
    ich hatte das Privileg, den Erbprinzen noch unter Günther Wanka kennenlernen zu dürfen, und Ralph Knebel macht auch einen ganz famosen Job, das ist unaufgeregte Sterne-Küche, wie ich sie mag. Aber, um ehrlich zu sein: wenn ich privat im Erbprinz bin – und ich bin dort nach wie vor regelmäßig, ohne Not gehe ich nicht nach Karlsruhe rein – gehe ich lieber in die Weinstube: die Maultaschen mit Kartoffelsalat, der Zwiebelrostbraten oder das Roastbeef sind Goldstandard, was diese einfachen Gerichte anbelangt. Das ist Einfachheit auf höchstem Niveau, ebenso wie die Bauerstube in der Traube in Tonbach (mal schauen, wie die Finkenbeiners das ohne Harald Wohlfarth wuppen …).
    Herzliche Grüße aus dem tiefsten Bayrischen Wald, es wird Rehrücken mit hausgemachten Fingernudeln und Feigensenfsauce geben …
    E. Opl

  7. Reinhard Daab

    Lieber Hr. Opl,

    auch wir waren in der Weinstube, natürlich hatte ich ebenfalls Maultaschen gegessen. Zuerst bediente uns ein ziemlich ungeschickter junger Mann, man hatte uns einen fast ungekühlten Sekt als Aperitiv serviert. Später jedoch war der junge Mann nicht mehr zu sehen, nunmehr waren nur noch junge Damen im Raum, Ich sagte einer Servicekraft, der Sekt sei praktisch ungekühlt, daraufhin hatte sie mitgeteilt, die Kühlanlage sei ausgefallen. Nun denn, sie hatte es aber geschafft uns einen gekühlten Cremant de Alsace zu besorgen, der ungekühlte Sekt wurde anstandslos ausgetauscht. Weiterhin konnte man dort einen ganz hervorragenden Espresso trinken, ich kann mich nicht erinnern jemals in einem Restaurant einen besseren getrunken zu haben. Verschweigen möchte ich nicht, dass man für den Espresso 3,50€ verlangte, aber die dazu gereichte hausgemachte Praline war exzellent. Kein Wunder, gleich dabei ist auch ein nettes Café.

    Wie mir der Service-Chef sagte, ist das Sterne-Restaurant auch nur am Abend geöffnet.

    Schöne Grüße

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