„August Annua“ Gin: Danke, dass wir darüber geredet haben …

Viele Menschen widmen sich heutzutage wieder dem edlen Getränk Gin; das ist schön. Aber offensichtlich glaubt heutzutage auch fast jeder, Gin machen zu können; das wird auf die Dauer lästig. Seit Jahren wird der Deutsche Sprit-Markt überschwemmt mit Designer- oder Laien-Gins, entsprungen aus den Neurosen irgendwelcher Leute, die – ohne Ausbildung, ohne Brennerei, meist auch ohne Ahnung – plötzlich meinen, sie müssten jetzt auch einen Gin machen. Im Prinzip ist das nicht schwer. Man nehme neutralen Alkohol aus irgendeiner vergorenen Pflanze als Menstruum, werfe Gewürze, Blüten, Schalen, Samen – die sogenannten Botanicals – hinein, warte einige Zeit, gehe zu einem Brennmeister und lasse die Suppe nochmals destillieren, bringe sie auf Trinkstärke, rufe laut Guru-Guru, designe eine schicke Flasche, erfinde eine wilde Geschichte rund um das Destillat, spiele öffentliches Bullshit-Bingo mit den Worten „handcrafted“, „micro-batch“, „handwerklich“, „Manufaktur“, „alte Tradition“, „frei von künstlichen Zusatzstoffen“,, wähle einen beliebigen Preis zwischen 20 und 90 EURO pro Liter (nur die Wertigkeits-Anmutung der Flasche muss zu dem Preis passen, der Gin hat eh‘ meistens ähnliche Herstellungskosten, wenn er nicht gerade mit Safran versetzt oder in alten Fässern gelagert wurde) und drücke das Zeugs in dem Markt, am einfachsten geht das heute natürlich viral.

20161130_august_annua_2Selbstverständlich hat auch Kaff Augsburg seit Jahresfrist seinen eigenen Gin, originell mit „August“ benamt. Um irgend einen Bezug zwischen Augsburg und dem in Babenausen destillierten Schnaps herzustellen, ist Zirbenholz ein wichtiges „Botanical“: Zirbennuss – Augsburg, Füße hoch, der kommt flach, vielleicht nicht ganz so flach wie beim Siegfried Gin: Rheinland – Siegfried – Lindenblüte als „Leit-Botanical“ oder beim The Duke aus München: Bayern – Bier – Hopfenblüte und Malz; und was beim Monkey47 das „Leitbotanical“ sein mag und warum, das mag ich mir gar nicht vorstellen. Nicht, dass ein Gin aus Augsburg wahrlich genug wäre, nach dem offensichtlichen Erfolg präsentiert Christoph Steinle (der Mann, der zusammen mit einem anonymen Investment-Banker für uns den „August“ macht) gut terminiert zum Weihnachtsgeschäft eine limitierte, rd. 20% teurere Sonderedition, „August Annua“ geheißen. Bei ersten Anblick des Getränks denkt man an einen dieser modernen fassgelagerten Gins, aber nein, „August Annua“ erhält seine leicht gelbe, milchige Farbe und einen in der Tat besonderen – ich schreibe „besonders“, ich schreibe weder „gut“, geschweige denn „einzigartig“ – Geschmack durch die Beigabe von Beifuß (Artemisia annua) undvon Schwarzen Johannisbeerblättern.

Nun ja, verbuchen wir es unter der Kategorie: „Danke, dass wir darüber geredet haben

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