Die Geschichte kennt man. Hunderte, wenn nicht tausende Male mittlerweile: die Enthusiasten, die sich zusammengefunden haben, um herausragenden Schnaps zu destillieren, der Chef und Eigentümer ein studierter BWLer, dazu ein promovierter Apotheker und noch ein paar Leute. Bio, öko, small batch, handcrafted, schonend, demeter, regionale Zulieferer, naturnah, das ganze verbale Bullshit-Bingo-Arsenal in Perfektion. Dabei kleckern die Leute von der Deutschen Spirituosen Manufaktur mitten in Berlin Marzahn nicht, wer mit gleich zwei Destillierkolonnen von Arnold Holstein an den Start geht, der klotzt. Nun gut, es geht ja nicht um die abgedroschene, wieder und wieder erzählte Geschichte eines Schnaps-Start-Ups, es geht um die Produkte. Gin ist dabei nur ein winzig kleiner Ausschnitt aus der Produktpalette, die Leute von der Deutschen Spirituosen Manufaktur scheinen es sich zum Ziel gesetzt haben, alles zu destillieren, was nicht bei Drei auf dem Baum ist: Doppelkorn, Ingwer- und Himbeerlikör sind da eher der konventionelle Teil des Produktportfolios, angesichts Sizilianischen Cedros (wahlweise gibt’s aber auch Sorrentische Cedro), Guatemaltekischen Kardamoms, Bosnischen Steinpilz oder Indischen Urwaldpfeffers, und ob ich wissen will, wie Destillate aus Deutschem Spargel, Roter Beete, Schlangengurke oder Sellerie schmecken, weiß ich noch nicht wirklich, aber sei’s drum.
Der London Dry Gin aus der Deutschen Spirituosen Manufaktur jedenfalls kommt daher mit 47 Umdrehungen, und mit über drei Dutzend Botanicals im Gepäck ist er ein rechter Angeber. Von der behaupteten dominanten Wachholder-Note specke jedenfalls ich erstmal nichts, schon eher Koriander und Nelke, der Rest bleibt bei mir diffus, was aber daran liegen mag, dass ich kein wirklicher Connaisseur bin. Ben tippt da eher auf Heu und Stroh. Jedenfalls brennt der Brand im Maule, auch noch lange nach dem Abgang, und das ohne nennenswerten Nachgeschmack zu hinterlassen. Bei der Verwendung zum Martini Cocktail gibt’s nach dem Rühren angesichts der massiven Botanical-Konzentration einen leichten Louche-Effekt, aber das ist schon das Beste. Mit fast 100 EURO für den Liter ist das für mich schon nicht mehr hohes Preissegment, sondern Raubrittertum, wie das meiste, das aus dieser durch und durch verderbten Residenzstadt von Honeckers Mädchen kommt. Aber wenn die Marzahner Brenner Kunden finden, die das für das zahlen, so haben sich Zwei gefunden … Sei’s drum.