Trattoria Al Gallo Nero in Cham: Apulien im tiefsten Bayrischen Wald

Drücken wir es so aus: wenn man mir eines über den Schädel zöge und ich im Al Gallo Nero in Cham wieder aufwachte, ich würde durchaus glauben, ich sei in Süditalien gelandet, von der ganzen  Einrichtung, Atmosphäre, dem liebenswert-chaotischen Serviceteam und natürlich vom Essen her, nur die einheimischen Gäste mit ihrem typischen Bayernwald-Idiom an den Nachbartischen erinnern daran, dass man noch immer in Deutschland ist. Der Patron und Koch Alessandro Papaccino stammt tatsächlich aus Apulien, hat nach seiner Kochausbildung die übliche Ochsentour durch verschiedene – unbesternte – Häuser gemacht und dann vor fast 15 Jahren in Cham die Trattoria Al Gallo Nero eröffnet. Und was er und sein Team hier seit Jahren bieten, das ist sehr beachtlich.

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Die Einrichtung ist bunt zusammengewürfelt, eng bestuhlt, viele schlecht gelagerte Weinflaschen, Staub-fangender Folklore-Tinnef an allen Ecken, grobe Tischwäsche, Papier-Servietten, einfaches Blechbesteck, Pressgläser, farbig bemaltes, wild gemischtes, teils angeschlagenes Keramikgeschirr, dazu stickige Luft, lautes Geplapper, Gelächter und Geschmatze überall, Unmengen von Kindern jeden Alters an den Tischen, durch’s Lokal laufend oder cool und gelangweilt vor der Türe stehnd: so geht pralles Leben. Das Serviceteam dazu zahlreich, vielleicht halb Italienisch, halb Deutsch, freundlich (echt und von Herzen freundlich, nicht dressierte mechanische Gastronomie-Freundlichkeits-Roboter), flott, stets irgendwie am Wuseln und Rennen, dazu oft lauthals quer durch’s Lokal miteinander kommunizierend, aber irgendwie unkoordiniert und chaotisch, nichtsdestotrotz schnell und fast immer zur Stelle, auch wenn es irgendwie verstörend bis lästig ist, wenn bereits der dritte Mitarbeiter nach den Getränkewünschen fragt, keine paar Minuten, nachdem man die Karten bekommen hat: freundlich, flott und unkoordiniert eben. Aber ebenso wie der Verkehr in Rom irgendwie trotzdem klappt, klappt auch hier der Service, wahrscheinlich sogar flotter als der Verkehr in Rom.

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Im kleinen, zugigen Eingangsbereich mit Schanktresen empfängt den Gast … eine Kühltheke mit einer reichlichen Auswahl von frischem Fisch und allerlei Meeresgetier (und das in einem Mittelzentrum in der tiefsten Provinz mit 16.000 Einwohnern, 600 km vom Meer entfernt, von Cham nach Triest sind es knapp 600 km, nach Rostock ist es mit 700 km weiter), das ist schon mal beeindruckend. OK, an einem Sonntagabend ist der Fisch nicht mehr wirklich frisch und ansehnlich, aber Donnertag und Freitag sieht die Theke wirklich toll aus und verheißt kulinarische Freuden. Dieser demonstrative Frischfisch ist zugleich auch Programm für Alessandro Papaccino. In seiner Trattoria al Gallo Nero wird offensichtlich fast alles frisch zubereitet, Fisch und Fleisch sowieso, die Nudeln und Gnocchi sind hausgemacht, das Beilagen-Gemüse und die Salate, Carpaccio, Tiramisu, frisches Brot … alles selbst gemacht, nur die Pommes und Kroketten kommen aus der TK-Tüte, und vom „Shrimps-Cocktail mit Ketchup Mayonnaise-Sauce (1,2,b,g)“ oder dem „Meeresfrüchtesalat (1,2,i,n)“ haben wir dann doch die Finger gelassen.

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Und kochen kann er, der Alessandro Papaccino mit seiner Brigade. Perfekt al dente Spaghetti mit einem kleinen, leichten Ragout-Sößchen als Vorspeise, ordentlich geputzter, frischer Salat, ein Lasagne wie bei Mama, toll gewürzte, knoblauchig-scharfe, zarte Garnelen frisch vom Grill mit ebenfalls frisch gegrilltem Gemüse, eine wirklich perfekte Pizza, reichlich belegt, geschmackvoller Teig, vom Rand bis zur Mitte durchgebacken-knusprig und nicht – wie fast immer – wabblig-durchgeweicht. Das fast überall Edamer-Käse zum Überbacken genommen wird, auch bei den Pizzen, ist ungewohnt, passt aber auch irgendwie. Dazu gibt es eine Reihe kleiner offener Weine, interessant, dass der Lambrusco hier unter Dessertwein läuft, und eine kleine Auswahl recht ordentlicher italienischer Bouteillen, allen voran ein Masi, und wer Masi hat, kann kein wirklich schlechter Mensch sein.

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Der Erfolg gibt Alessandro Papaccino Recht, sein kleiner, verwinkelter Laden ist meistens proppenvoll, gerade des Abends ist eine Reservierung absolut empfehlenswert. Und es macht Spaß zu sehen, dass sich Qualität offensichtlich auch auf dem Lande durchsetzen kann, zumindest zu den Preisen. Ich will hier ja niemanden auf dumme Gedanken bringen, aber in München könnte man für diese Küchenqualität und diese Portionen problemlos das Doppelte verlangen, eine – gute und große – Lasagne für 18 EURO oder eine Pizza für 17 EURO, da zuckt der Stadtfrack heute längst nicht mehr. Aber auf dem Lande sind die Preise – zum Glück – noch moderater …

 

Trattoria al Gallo Nero
Inhaber Alessandro Papaccino
Spitalplatz 10
93413 Cham
Tel.: +49 (99 71) 76 97 39
Internet: www.al-gallo-nero.de

 

Hauptgerichte von 7 € (Spaghetti aglio , olio e peperroncino oder Pizza Margherita) bis 22 € (Gemischte Fischplatte vom Grill), Drei-Gänge-Menue von 15 € bis 36,50 €

 

 

Das sagen die Anderen:
Guide Michelin: n.a.
Gault Millau: n.a.
Gusto: n.a.
Schlemmer Atlas: n.a.
Feinschmecker: n.a.
Varta: n.a.
Holidaycheck: n.a.
Yelp: 4,5 von 5 Sternen (bei 3 Bewertungen)
Tripadvisor: 4,5 von 5 Punkten (bei 48 Bewertungen)
Google: 4,6 von 5 Sternen (bei 58 Bewertungen)
Facebook: 4,6 von 5 Sternen (bei 26 Bewertungen)

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