Marginalie 11: Sind Sie Vater? Dann bestimmen doch Sie!

Sommerurlaub, Kroatien, Katharina, eine Hotelinsel vor Rovnij, 2007, als Rovnij speziell und Istrien generell zumindest noch teilweise Geheimtipps waren. 18:00 Uhr, langsam weicht die Hitze des Tages, eine leichte Brise vom offenen Meer, Aperitif-Time vor dem Abendessen an der Poolbar, wir Erwachsenen trinken eiskalten Malvazia, die Kinder Säfte, dazu kleines Fingerfood, wir spielen Rummicub, das Leben ist schön. Aus welchem Grund auch immer, unvermittelt verlangt mein Großer – er war 15 damals – nach einer Fanta mit Campari. Campari-O-Saft, das hätte ich ja verstanden, das trinken wir auch zuweilen, aber Fanta-Campari, das war mir gänzlich neu. Wie dem auch sei, ich kann es vor meinem Gewissen als Erziehungsberechtigter verantworten, meinem fast 16-jährigen Sohn unter Aufsicht der Familie eine Fanta-Campari zu verabreichen; lieber ersten Alkohol in Maßen im Beisein der Eltern, als demnächst irgendwann mal unvorbereitet und maßlos auf einer der unausweichlichen Jugendfeten, ich kann und will das Kind ja nicht anketten.

Nichtsdestotrotz will ich es nicht riskieren, mit den kroatischen Gesetzen in Konflikt zu geraten, man ist ja schließlich Gast. Also frage ich den vorbeikommenden kroatischen Kellner (der natürlich Deutsch spricht, wie fast das gesamte Personal damals auf Katharina), ab welchem Alter denn Alkoholkonsum in Kroatien gesetzlich erlaubt sei. Freundlich, aber verständnislos, unendlich verständnislos glotzt mich der gute Mann an, ich wiederhole meine Frage, er glotzt weiter nicht minder freundlich und nicht minder verständnislos. Also formuliere ich meine Frage um: mein Sohn sei 15 und wolle eine Fanta-Campari trinken, ob das in Kroatien erlaubt sei. Jetzt versteht der Kellner und antwortet mit einer Gegenfrage: „Sind Sie Vater von Jungen?“ Ich bejahe. „Dann entscheiden Sie doch, wann Kind welchen Alkohol trinkt, nicht irgendwelche Gesetze. Vater entscheidet immer, nicht Gesetz.“ Abgesehen von der patriarchalischen Attitüde, die Mutter hier gänzlich außen vor zu lassen, eine herrliche Antwort, eine herrlich liberale Einstellung. Nicht Bürokraten, Parlamente und Juristen treffen abstrakte, vom konkreten Fall losgelöste, starr codifizierte Entscheidungen, die Eltern – zumindest der Vater – können selber über das Wohlergehen ihres Nachwuchses bestimmen. Wenigstens damals, in Kroatien. Heute, in Angies EU wäre das wohl ein Fall für das Amt für Familie, den Bundesgerichtshof und das Kriseninterventionsteam …

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