La Casina rosa & piccola in Dresden: Domestizierter Basic-Italiener mit vielen Konservierungsstoffen

„Authentische Italienische Küche“ das ist etwas, was es nördlich der Alpen kaum gibt – und schon gar nicht jenseits des Atlantiks. Was wir hier haben – machen wir uns nichts vor –, ist in der Regel eine Melange, eine Italienisch-Deutsche Misch-Küche, denn über die Jahrzehnte Italienisch-Deutschen kulinarischen  Kulturaustauschs haben sich die hiesigen Italiener um des lieben Profits willen an den Deutschen Geschmack angepasst, das Resultat muss ja nicht schlecht sein, gewiss aber nicht mehr ursprünglich-authentisch. Sahne in den Spaghetti Carbonara, Mozzarella, Erbsen und Schinken zur Lasagne, industrielle Balsamico- oder Trüffelcreme zum Würzen… braucht es mehr Beispiele? Aber das ist es halt, was wir Deutsche weithin von einem „echten“ Italiener hier erwarten (und ich spreche nicht von den 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung, die sich mal eben ein Abendessen für 100 EURO und mehr pro Person beim Nobel-Italiener reinpfeifen, ich spreche von dem großen Teil, der sich durchaus überlegt, ob er zu dem Italiener mit den Pizzen für 12 EURO oder doch lieber zu dem mit den Pizzen für 9 EURO geht, ganz zu schweigen von denen, die sich überlegen., ob sie überhaupt mal Essen gehen und von denen, die sich nie überlegen Essen zu gehen, weil sie es sich sowieso nicht leisten können, das sind also typische Luxus-Probleme, über die ich hier schreibe, wenn wir mal ehrlich sind ). Aber auch unter diesen – nennen wir es – „domestizierten“ Italienern gibt es Solche und Solche, und – wie gesagt – so eine Italienisch-Deutsche Misch-Küche muss ja nicht zwangsläufig schlecht sein.

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Ein „Solcher“ – nur was für ein „Solcher“? –, das ist gewiss Antonio Sensale in seiner La Casina rosa & piccola in der Dresdner Alaunstraße, dort wo die Neustadt langsam in die ehemaligen Kasernenbereiche diffundiert, wo die Drogendealer, Clubs, Neubürger, Inn-Lokale und Schläger deutlich weniger werden, wo am Rande des Wahns das Leben gemächlich wieder wirklich und spießig wird. Zum Behufe der Selbstcharakterisierung der La Casina rosa & piccola findet man auf der Speisekarte und im Netz Phrasen wie „oberitalienische Spezialitäten“, „gehobene transalpine Küche“, „traditionelle Speisen in raffinierter, erfrischend neuer Umgebung“, „klassische mediterrane, speziell süditalienische Küche“ … und das ist natürlich alles nur bullshit. Jemand, der mit „Trüffelcreme“ und „Trüffelöl“ kocht, der im Februar Steinpilze auf der Karte hat, bei dem im Vitello tonnato Konservierungsmittel und Antioxidantien enthalten sind, auf der Gemischten Vorspeisenplatte nach Art des Hauses gar Konservierungsmittel, Antioxidantien, Geschmacksverstärker, Chinin und Schwarze Farbe, der ist natürlich alles andere als ein „gehobener, raffinierter, klassischer Koch“, das ist schlichtweg ein Weiterverarbeiter von vorgefertigtem Convenience-Zeugs aus dem Fertig-Regal. Generell fällt beim genaueren Studium der Speisekarte auf, dass in nahezu allen Gerichten – mit Ausnahmen nur beim Gemischten Salat, dem Fisch vom Grill oder der Bruschetta – Konservierungsstoffe enthalten sind, nicht nur bei den Nudel- und Pizzagerichten, sondern etwa auch bei der Tagliata auf Rucola mit Parmesan und Kirschtomaten oder der Caprese aus Tomaten, Büffelmozzarella und Basilikum sogar bei der Panna Cotta. Bei der Tagliata könnten die Konservierungsstoffe maximal aus dem Parmesan kommen, und der, den ich verwende, der hat gewiss keine Konservierungsstoffe, bei der Caprese maximal aus dem Mozzarella, und auch den kenne ich nur ohne Konservierungsstoffe. Das alles lässt sehr schlimme Verdächtigungen aufkommen …

Wie dem auch sei, und dennoch ist die La Casina rosa & piccola so ein ganz typischer, alteingesessener, stets gut frequentierter, in der näheren und weiteren Umgebung bekannter und beliebter Vorstadt-Italiener, nicht in der Altstadt gelegen mit Touristen-Lauf-Abzock-Publikum, sondern mehr abgeschiedener, versteckter, vorwiegend von Einheimischen besucht, viele Stammgäste, Familien, Studenten, Handwerker in Montur, Geschäftsleute, Rentner, ein guter Durchschnitt der Neustädter Bevölkerung, reelle Preise, gleichbleibende Qualität, viel mediterran anmutender Kitsch und Tinnef in den düsteren Gaststuben, hinter dem Haus ein nicht gerader romantischer Freisitz zwischen Mülltonnen, Parkplätzen und Holztrennwänden, aber immerhin ein Freisitz … Hier geht man nicht zum „speisen“ her, sondern zum „essen“. Die Salate sind frisch und gut geputzt, natürlich schmecken die Tomaten nach nichts, sind dafür aber wohlgeformt und hübsch, Essig und Öl sind von mäßiger, aber erträglicher Qualität; die Spaghetti Carbonara ohne Sahne, auf den Punkt al dente gekocht, sämige Ei-Parmesan-Sauce, knuspriger Bauchspeck; die Pizzen wahrscheinlich Backlinge (so gleich, wie die Dinger daher kommen), aber knusprig, heiß, ordentlich belegt; wirklich gutes Pizzabrot; die Scampi wohl TK-Ware, aber auch tadellos gegrillt, gutes Olivenöl, nett gewürzt, nicht fischelnd; eine mächtige Portion heißer Lasagne, tatsächlich noch mit Bechamel, reichlich Fleisch und recht guter Tomatensauce; dazu schließlich eine Auswahl offener kleiner italienischer Weine für 5 bis 6 EURO das Viertel, eine bescheidene Weinkarte und ein in der Regel weder lobens- noch tadelnswerter Service. Mit der Familie oder Freunden kann man hier schon mal hingehen, Geschäftspartner, Schwiegermütter oder Erbtanten allerdings würde ich ohne Not hierher nicht einladen.

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Summa summarum: Trotz der vielen Konservierungsstoffe und sonstiger Convenience-Vergehen, das ist ein typischer domestizierter Basic-Italiener um die Ecke, zu dem man gehen kann, wenn man Hunger hat und ohne großen Zeit- und Geld-Aufwand einen Teller Nudeln, eine Pizza, einen Salat essen will, allerdings wird’s hier bei Fleisch, Fisch und „Spezialitäten“ wie Steinpilznudeln schon grenzwertig.

La Casina rosa & piccola
Antonio Sensale
Alaunstraße 93
01099 Dresden
Tel.: +49 (3 51) 8 01 48 48
Fax: +49 (3 51) 8 04 78 85
Online: https://lacasinarosa.de/

Hauptgerichte von 7 € (Pizza Salami) bis 23,50 (Entrecote), Drei-Gänge-Menue von 18,50 € bis 41 €

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One comment

  1. El Zorro

    Mein Review zu diesem Review ist dass zu lang und unübersichtlich ist, er fängt schon so negativ an aber dann scheint es doch gute Sachen zu geben… Sorry hab ich mir nicht durchgelesen.

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