Kassler

Nach einer Woche Türkei bin ich heimgekehrt mit einem unsäglichen Verlangen nach Schweinefleisch, einem weiteren nicht zu leugnenden Beweis, dass ich nicht zum muselmanischen Republikaner tauge, so sehr auch das weibliche Rollenverständnis den Chauvi vorvergangener Jahrhunderte in mir reizen mag. Wie dem auch sei, mir ist nach Schweinefleisch, nach viel leckerem, saftigem, wohlschmeckendem Schweinefleisch mit viel Soße. Kassler zum Beispiel. Kassler, auch Kasseler geheißen, Rippli in der Schweiz und Selchkarree in Österreich ist das gepökelte und leicht geräucherte Rippenstück vom Schwein, manchmal werden auch Schweinenacken, -bauch oder –schulter dergestalt verarbeitet als „Kassler“ verkauft, aber alle drei reichen längst nichts an das „richtige“ Kasslerstück heran.

Zutaten:

  • 1.500 bis 2.000 g Kassler (vier Knochen vom Rückenstrang für vier Portionen)
  • 2 gute Eßl. Butterschmalz
  • Ca. 500 g Ochsenschwänze*
  • 500 bis 700 g Zwiebeln (ca. 1/3 des Gewichts von Fleisch und Knochen)
  • 2 Eßl. Tomatenmark
  • Spritzer Essig
  • 500 ml Rotwein**
  • Wenigstens 20 g getrocknete Steinpilze, auf dürfen aber auch 50 g sei
  • Pfeffer, Salz, gemahlener Kümmel, Glutamat

Zubereitung:

  • Getrocknete Steinpilze in der Hand nochmals grob zerkleinern und in ½ Liter lauwarmen Wasser einweichen
  • Butterschmalz in einem ausreichend großen, möglichst schweren Bräter gut, aber nicht „volle Pulle“ erhitzen; mein Induktionsherd hat 9 Heizstufen, hier nehme ich 5,5 bis 6,0, also 2/3 der Heizleistung, nicht mehr.
  • Kassler von allen Seiten (auch auf der Knochenseite) unter gelegentlichem Wenden in aller Ruhe anbraten, bis alle Seiten gut gebräunt sind; das dauert durchaus 45 Minuten. Die Hitze hochschalten und das Ganze in 15 Minuten anbraten ist keine Alternative, das gibt höchstens verbranntes Fleisch.
  • Kassler aus dem Schmortopf nehmen, überschüssiges Fett weggießen, sollte das Fett verbrannt sein ganz weggießen und Neues nehmen
  • Jetzt Ochsenschwanz-Stücke ebenso in aller Ruhe ca. 20 Minuten lang unter Wenden anbraten
  • Währenddessen die Zwiebeln schälen, in kleine Würfel schneiden, nach 20 Minuten zu den Ochsenschwanzstücken geben und 15 bis 20 Minuten mitbraten, bis die Zwiebeln glasig sind
  • Tomatenmark dazugeben, unterrühren, ganz kurz mitbraten (Vorsicht, brennt leicht an)
  • 2-3 Spritzer Essig (vielleicht 1 cl) über die Zwiebeln geben und rasch durch Rühren verteilen
  • Mit ¼ des Rotweins ablöschen, Wein unter ständigem Rühren ganz einkochen lassen, Vorgang dreimal wiederholen, bis der Wein aufgebraucht ist; Wein unbedingt vollständig verkochen lassen, sonst wird’s am Ende sauer
  • Einweichwasser der Steinpilze und ca. die Hälfte der eingeweichten Pilze in den Topf geben, alles gut durchrühren, Kassler dazu geben, mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle und Kümmelpulver würzen; erst ganz zum Schluss mit Salz und Glutamat abschmecken, das gepökelte Kassler-Fleisch ist salztechnisch unberechenbar
  • Deckel aufsetzen und das Ganze wenigstens 90 bis 120 Minuten (völlig egal, es können auch drei Stunden sein, durch längeres Schmoren wird das Fleisch trockener und die Soße besser) auf kleiner Flamme schmoren lassen; im Topf soll es nicht kochen und blubbern, sondern simmern, ab und zu soll mal eine Blase aus der Flüssigkeit aufsteigen, nicht mehr, bei meinem Herd geht das auf Stufe 2,5 bis 3,0. Gelegentliches Umrühren und Wenden des Fleischstückes nicht vergessen
  • Evtl. Wasser (oder für Cheater Bratenfond aus dem Glas) nachgießen, die Sauce sollte – je nach Topfgröße – zwei bis vier Finger hoch im Topf stehen
  • Gegen Ende der Schmorzeit Ochsenschwanz-Stücke aus der Sauce fischen und wegwerfen (oder abwaschen und dem Hund geben)
  • Entweder mit dem Pürierstab kurz (!) in die Sauce gehen und leicht pürieren, bis sie bindet oder 2 Eßl. Maisstärke in 1 Tasse kaltem Wasser auflösen und löffelweise (löffelweise, nicht alles auf einmal!) unter Rühren zur köchelnden Sauce geben, bis sie bindet
  • Jetzt erst die restlichen eingeweichten Steinpilze zur Sauce geben und mit Pfeffer, Salz, Glutamat und Kümmel abschmecken; wer mag kann auch mit ein wenig Chili oder Rotwein oder was-weiß-denn-ich experimentieren
  • Kassler aus der Sauce heben, Sauce vom Fleisch gut abkratzen, Fleisch zuerst von den Knochen, dann in Scheiben schneiden***

* Die kleinen Endstücke, die sich beim Zerkochen nicht auflösen; alternativ gehen auch 0,5 bis 1 Liter Bratenfond aus dem Glas … oder beides.

** Für dieses Gericht muss ein Wein mit richtigem Wumms her, ein Spätburgunder oder ein Rioja, önologische Pussys gehen hier hoffnungslos unter.

*** Für meine  Mutter und auch für mein Ex-Weib war das schiere Fleisch uninteressant; beide liebten es, die Knochen „abzuknakeln“ … Sachen gibt‘s

Zum Kassler serviere ich traditionell Riesling-Sauerkraut und Hefeklöße, die können die gigantische Sauce so richtig schön aufsaugen.

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