Kartoffelpuffer, Reibekuchen oder Reibadatschi mit Apfelmus

Kartoffelpuffer oder Reibekuchen gab es bei uns daheim in Nordhessen so gut wie nie, obwohl die gebackenen Kartoffelflatschen durchaus heimisch und weit verbreitet sind. Aber hier hatte sich die Küche meiner sudetendeutschen Großmutter väterlicherseits durchgesetzt, wenn gebackene Kartoffelflatschen, dann Bochna Kniala (siehe opl.guide: geriebene, ausgedrückte rohe Kartoffeln und gekochte, zerquetschte Kartoffeln werden mit Salz, wenig Stärke und viel Quark zu einem Teig verarbeitet, keine Zwiebeln, keine Eier, die Masse auf Backblechen zu Kartoffelpuffer-großen Flatschen verstrichen, ca. 9 pro Blech und dann bei möglichst hoher Hitze im Backofen gebacken; dazu gibt’s traditionell stückigen Apfelbrei, nicht Apfelmus). Auf den Geschmack von Kartoffelpuffern kamen wir irgendwie erst im Rheinland, in den Altbier- und Kölsch-Brauerei-Kneipen, wo es fast überall an einem Tag in der Woche frische, hausgemachte Kartoffelpuffer – meist mit irgendwelchen obskuren bis suspekten Beilagen wie etwa Räucherlachs – gibt, nicht dieser aufgetaute und rasch frittierte Convenience-Dreck aus der Tiefkühltruhe. Tja, dann in Augsburg gab und gibt es – wenn überhaupt – auch nur den aufgetauten und rasch frittierten Convenience-Dreck aus der Tiefkühltruhe (wenn jemand einen Geheimtipp hat, in welchem Restaurant es frische, selbstgemachte Kartoffelpuffer gibt, ich bin für jeden Hinweis dankbar!) … mit Ausnahme des Augsburger Weihnachtsmarktes, wo es jedes Jahr am Maximilianmuseum unter dem Hans Jakob Fugger – Denkmal einen Stand gibt, wo die ganzen Kartoffeln zwar bereits geschält in großen Vakuum-Plastiksäcken angekarrt werden, aber dann vor Ort frisch gerieben, gewürzt und in großen Pfannen heißen Fettes quasi à la minute vor den Augen der ob des mehr oder weniger Winters mehr oder weniger frierenden, gleichwohl aber immer hungrigen Kunden gesotten und sodann höllisch heiß und knusprig-braun für wohlfeiles Geld über die kleine Theke gereicht werden. Seit Jahren gehen mein Kleiner und ich zu jeder Weihnachtsmarkt-Eröffnung, die Stände dürfen alle erst öffnen, wenn Gesinge und Gerede – der offizielle Eröffnungsteil halt – vorbei sind, wir warten dann bereits vor besagtem Kartoffelpufferstand, und sobald der Oberschwätzer sein Schwätzen gnädig beendet, öffnet sich der Stand mit allen anderen, und in den meisten der letzten Jahre haben wir beide die allerersten Kartoffelpuffer des ganzen Weihnachtsmarktes bekommen. Da der Weihnachtsmarkt kurz, das Jahr aber lang ist, und Appetit sich nicht immer nach Marktzeiten richten mag, haben wir uns selber in das Abenteuer Kartoffelpuffer gewagt, und nach zwei ziemlichen Fehlschlägen beherrschen wir die Zubereitung dieses schmackhaften, wohlfeilen, kalorischen, ohne Küchenmaschine ziemlich aufwändigen, die Küche verschmutzenden, fettspritzenden, Brandblasen verursachenden Gerichts recht gut. Zu Kartoffelpuffern gibt es – wie gesagt – keinen stückigen Apfelbrei, sondern Apfelmus, dessen Rezept ich gleich mit aufgeschrieben habe.

 

Zutaten:

Zutaten

Für vier Portionen Puffer

  • 1,5 kg mehlig kochende Kartoffeln*
  • 300 g Speisezwiebeln
  • 2 Eier
  • 1 Essl. Salz
  • Neutrales Pflanzenöl zum Braten

Für das Apfelmus

  • 1,2 kg säuerliche Äpfel
  • ¼ Zitrone
  • 100 ml Wasser
  • 2 Zimtstangen
  • 1 Vanilleschote
  • Je nach Äpfeln und Geschmack 2 bis 5 Essl. Zucker

 

Zubereitung:

  • Es ist gescheiter, mit der Zubereitung des Apfelmuses zu beginnen, da dies stehen kann und nicht à la minute auf den Tisch muss
  • Dazu den Saft der ¼ Zitrone in 100 ml Wasser (nicht mehr, die Äpfel selber haben ja auch Feuchtigkeit) in einem Kochtopf pressen, den Zitronenschnitz, 2 Zimtstangen und eine aufgeschlitzte, ausgekratzte Vanilleschote samt Mark dazu geben und auf kleiner Flamme bei geschlossenem Deckel köcheln lassen
  • Die Äpfel waschen, vierteln, Kerngehäuse und Stiel entfernen (für Apfelbrei muss man die Äpfel auch noch schälen; da bei Apfelmus ohnehin alles am Schluss püriert wird, interessiert das hier keinen), Apfel-Viertel nochmals in 3 – 4 Stücke schneiden, in den Topf mit dem siedenden Wasser geben

  • Apfelstückchen ca. 25 Minuten köcheln lassen, bis sie anfangen, von selbst zu zerfallen, Zitronenschnitz, Vanille- und Zimtstangen rausfischen und entsorgen
  • Apfelmasse mit dem Pürierstab pürieren oder durch die Flotte Lotte treiben, erst jetzt zuckern, nach Geschmack auch noch mit Zimtpulver und/oder Zitrone nachwürzen
  • Apfelmus beiseite stellen

 

  • Kartoffeln waschen und schälen; entweder mit der Küchenmaschine zu Brei (Brei, nicht feine Stücklein) zerreiben oder mit der Hand auf der Kartoffelknödelreibe reiben**
  • Zwiebeln schälen und ebenfalls zu Brei reiben und zur Kartoffelmasse geben
  • 3 Eier (und 1 Essl. Salz zur Kartoffel-Zwiebel-Masse geben, gut durchrühren zu einem homogenen, dickflüssigen Teig

  • Backofen auf 120° vorheizen (keine Umluft)
  • Öl 1,0 bis 1,5 cm in einer möglichst großen Pfanne gut, aber nicht „volle Pulle“ erhitzen, wenn das Öl heiß ist (nicht vorher, die Kartoffelmasse würde sich mit dem kalten/lauwarmen Öl nur vollsaugen), eine kleine Schöpfkelle von der Kartoffelmasse für einen Probe-Kartoffelpuffer in die Pfanne geben; der Puffer soll etwa die Größe einer Handfläche haben und gut 5 mm dick, eher 7 mm sein. Wenn der Teig in der Pfanne zerfließt, ist er zu dünnflüssig, er sollte beim Hineingeben ein „Häufchen“ bilden, das dann mit der Kelle oder Pfannenwender glatt gedrückt und in Form gebracht wird.
  • Probe-Kartoffelpuffer wenden, sobald die Unterseite fest und braun ist, andere Seite ebenfalls braun backen, aus dem Öl heben, auf reichlich Küchenpapier entfetten, etwas erkalten lassen (an alle Hirsche: die Dinger sind sau-heiß, wenn Sie aus der Pfanne kommen) und probieren
  • Jetzt ist nochmals Gelegenheit zum fine-tuning: genügend Salz, richtige Konsistenz, richtige Fett-Temperatur, richtige Arbeits-Gerätschaften richtig angeordnet?

  • Jetzt sollte alles recht schnell gehen: in die Pfanne sollten 3 bis 4 Puffer passen, Teig hineingeben, in Form bringen, wenden, fertig backen, rausheben, über der Pfanne abtropfen lassen, auf Küchenpapier legen, nächste Puffer in die Pfanne geben, vorherige Puffer auf dem Küchenpapier wenden, dann in den Backofen zum Warmhalten geben, derweil die Pfanne mit den aktuellen Puffern nicht aus den Augen verlieren … das ist etwas hektisch, man kann es allein schaffen, aber zu zweit ist es entspannter und kommunikativer.***
  • Während des Akkord-Backens zwei- bis dreimal das Fett wechseln und die Pfanne komplett mit Küchentuch auswischen. Den irgendwann schwimmen schwarze, verkohlte, wahrscheinlich karzinogene Kartoffelstückchen im Fett, die niemand gerne mitessen möchte!
  • Wenn der Teig komplett verbacken ist Kartoffelpuffer mit Apfelmus servieren.

* Ganz ehrlich, bei aller Liebe, ohne elektrische Reibe würde ich es mir nicht antun, dieses Gericht zu kochen, das ist dann eine Schweine-Arbeit.

** Bevor ein Rezept endgültig auf opl.guide landet, ist es vielfältig ausprobiert, manchmal variiert, oft verworfen worden. Was die Kartoffeln für Kartoffelpuffer anbelangt, so haben Luc und ich uns einen Wolf in diversen Kochbüchern und Internetseiten gesucht. Meist wird angegeben „große Kartoffel“, und das ist in der Tat kommod, man schält sechs, sieben große Kartoffeln und fertig ist der Kas. Ob man nun festkochende, halbfeste oder mehlige Kartoffeln nehmen soll, darin scheiden sich die Geister nun wieder, man findet alle drei Sorten in verschiedenen Kochbüchern vorgegeben. Wir nehmen jetzt normalerweise große, mehlige Kartoffeln für Kartoffelpuffer. Aber, ABER, wenn der Winter zu Ende geht und alle möglichen eingelagerten Kartoffeln schrumpelig und unansehnlich geworden sind und das Keinem anfangen, dann, DANN kann man getrost auch Kartoffelpuffer aus allen Kartoffelsorten machen, die einfach weg müssen; das Schälen ist dann in der Regel nicht mehr so kommod, wie bei ein paar großen, prallen Kartoffeln, aber was weg muss, muss weg, man schmeißt doch keine Lebensmittel in den Müll, und Kartoffelpuffer eignen sich vorzüglich, zum unbemerkten Servieren alter, unansehnlicher Kartoffeln. Des Weiteren finden sich in manchen – besonders Rheinländischen – Kartoffelpuffer-Rezepten ein paar Löffel Haferflocken oder Mehl als Zutat: wir haben beides ausprobiert und den Eindruck gewonnen, dass Mehl oder Haferflocken die Puffer innen matschig-zäh machen, bei uns kommt das nicht in den Teig.

*** Der zuerst goldgelbe Kartoffelbrei wird relativ rasch unansehnlich-gräulich. Dies ist weder dem Geschmack noch dem Aussehen der fertig gebackenen Kartoffelpuffer abträglich, die sehen alle nach dem Backen wieder goldgelb bis knusprig-braun aus. Man kann den Kartoffelbrei sogar einige Stunden stehen lassen, nur irgendwann wird er schwarz, und das sieht dann wirklich nicht mehr appetitlich aus. Wenn man Kartoffelpufferteig tatsächlich auf Vorrat produzieren will, dann braucht man schon Schwefel, um den Teig zu schwefeln und damit die Oxidation zu verhindern, ich würde so etwas in meiner Küche nicht ohne Not tun.

Teile diesen Beitrag:

One comment

Schreibe einen Kommentar zu Karl Prestele Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top