Juniper Jack London Dry Gin

Dass ich von diesen ganzen Mode-, Spaß-, Retorten-, Marketing- und Kunst-Gins reichlich wenig halte, hatte ich – glaube ich zumindest – bereits das eine oder andere Mal verlauten lassen. Gleichzeitig gestehe ich neidlos ein, dass nicht jeder neu auf den Markt kommende Gin zwangsweise gleich auch eine Mode-, Spaß-, Retorten-, Marketing- oder Kunst-Spirituose sein muss. Es gibt da Ausnahmen, rühmliche Ausnahmen. Dann zum Beispiel, wenn sich ein erfahrener Sächsischer Brennmeister und ein Vertriebsleiter eines Fürstlichen Weingutes zusammentun, um gemeinsam einen neuen Gin zu entwickeln. Und wenn dieser neue Gin nicht auffällt durch Marketing-Sprech, virale Kampagnen, getürkte Qualitäts-Medaillen, gekaufte Pseudo-Wettbewerbssiege und ähnlichen Schmarren, sondern einfach durch Qualität. Qualität kann dann entstehen, wenn nicht ein paar milchbärtige Juppies, Hipster, Entrepreneurs oder sonstige trendige, marketing- und online-geschulte, geldgeile  Jungunternehmer irgendwas zusammenrühren, es destillieren, dann Guru-Guru rufen, die Marketing-Maschinerie anwerfen, die teils wacholdrige, teils zitronige-anisige-vanillige-you-name-it, teils geheime und gewollt geheimnisvolle Brühe in einer Lohndestille brennen lassen und massenhaft zu meist astronomischen Preisen auf den dummen, neuigkeitsgeilen, ungemein kaufkräftigen, unkritischen Markt werfen, sondern wenn gelernte und ambitionierte Fachleute still ans Werk gehen. Das taten Siegbert Henning und Jörg Fiedler, als sie 2013 gemeinsam anfingen, einen eigenen Gin zu entwickeln (obwohl wahrscheinlich der 22.475te neue Gin, der in den vergangenen Jahren auf den Markt geworfen wurde). Micro-Batch, hand-crafted all das Zeugs, das ist heute fast Standard bei den Gin-Newcomern; vor mir steht die Flasche Nummer 893 von 1.736 aus dem vierten Batch, handschriftlich auf die schwere, wertige Flasche mit einem Pfropfen aus böhmischem Glas geschrieben. Aber zwei Dinge machen diesen Juniper Jack genannten Gin wenn schon nicht einzigartig, so doch sehr, sehr besonders und distinktiv. Zum ersten ist da die Beschaffung der Rohstoffe, insbesondere des Wacholders. Wo sich andere auf das – qualitativ stark schwankende – Angebot des Gewürzgroßhandels verlassen, haben Henning und Fiedler eine Familie im tiefsten Kroatien gefunden, die ihnen Jahr für Jahr den wilden Wacholder im karstigen Gebirge sammelt. Und zum zweiten ist da die absolute geschmackliche Dominanz des Wacholders. Dieweil viele andere Brenner heute den Eindruck erwecken, Wacholder nur noch zu verwenden, da sie es müssen, um ihre Suppe „Gin“ nennen zu dürfen, bekennt sich Juniper Jack offen und deutlich zum Wacholder als absolut vorherrschendes Leit-Botanical, abgerundet von Pfeffer, Zitrus und Anis (das zumindest ist das, was ich deutlich herausschmecke, aber wahrscheinlich ist da noch mehr). Außer dem Juniper Jack kenne ich aktuell nur noch den Friedrichs vom jungen Hardenberg (und natürlich Gordons), die sich so offen zur traditionellen Dominanz des Wacholders bekennen. Beide sind mit 45% bzw. 46,5% Promille-Schwergewichte, was es auch braucht, um die massiven Aromen zu transportieren, aber der er Friedrichs ist dabei noch eckiger, klarer, fast puristischer, beim Juniper Jack dominiert der Wacholder im Mund, doch er wirkt gerade in der Nase und im Abgang durch die anderen Botanicals nochmals runder und fetter. Dadurch gewinnt der Juniper Jack gut gekühlt auch nochmals an Geschmack und Komplexität. 50 EURO sind viel Geld, aber das ist die Flasche Juniper Jack sicherlich allemal wert und durchaus noch marktüblich, und wo man bei anderen Gins für dieses Geld 0,5 l bekommt, sind es bei Juniper Jack redliche 0,7 l. Gespannt bin ich auf den Juniper Jack in Navy Strength mit 57,2 % für 70 EUR, der kommt als nächstes her.

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