Summa summarum: riesiger Hotelkomplex mitten in der Vergnügungsmeile mit allen Annehmlichkeiten, die man von einem Fünf-Sterne-Haus erwartet, inklusive eines eigenen Strands, allerdings wird meist auf Quantität statt Qualität gesetzt, auch beim Publikum, was aber durch die unglaubliche Freundlichkeit der Menschen mehr als wett gemacht wird.
Die ganze Gegend ist eine riesige Baustelle, überall hohe Kräne, Stahlgerippe, Bagger, Bauzäune, Container, Schutthaufen auf dem Bürgersteig, dazu unaufhörlicher Baulärm unterschiedlichster Art, Sägen, Bohren, Hämmern, Klopfen. Zu dem Baulärm gesellt sich der Straßenlärm, aufheulende Kleinwagen mit postpubertären präpotenten Pickelgesichtern in den engen Gassen, übermotorisierte Protzkarossen unterpotenter präseniler Papas, rasende Busse und Laster, knatternde Motorräder, aus den vorbeifahrenden offenen Wagenfenstern dringt das Gewummer von Bässen aus schlechten, aber fetten Lautsprechern, lautes kollektives Hupkonzert, wenn ein Lastwagen mangels Alternative mitten auf dem engen Sträßchen anhält, um Bierfässer in das Lokal nebenan zu liefern, dazu weht der Wind unaufhörlich Fetzen von Musik-ähnlichem, rhythmischem Krach aus allen umliegenden Kneipen an das Ohr. Und doch ist es ganz entzückend hier, ich möchte jetzt nirgends anders auf der Welt sein als an just diesem Ort. Wahrscheinlich hat jeder Mensch solche Plätze, bei uns sind es der Hof der Hiša Franko bei Ana und Valter in Kobarid, der Garten des „Grandhotels“ in Le Hohwald, – natürlich – die Terrasse des Esplanades in Zagreb, und nun auch noch das Strandrestaurant des Interconti auf Malta, genau genommen in St. Julian’s.
Malta im Mai ist genial, seit ein paar Jahren hat sich mehr durch Zufall bei uns eingebürgert, dass wir um Pfingsten für eine Woche nach Malta fliegen. Mit 316 Quadratkilometern ist die Insel etwas kleiner als Bremen, Einwohner-mäßig liegt sie mit 413.000 Menschen zwischen Duisburg und Bochum. Im Frühling und im Herbst ist das Wetter warm und doch mild, Hartgesottene baden bereits im Meer. Die Insel liegt mehr bei Afrika als bei Europa, und doch ist sie durch ihre Geschichte mit Phöniziern, Römern, Kreuzrittern, Osmanen, Maltesern, Spaniern und zuletzt Briten heute weitaus Europäischer als zum Beispiel Kreuzberg. Dabei sind die Malteser ein ganz, ganz eigener Menschenschlag. Ich persönlich kenne keine Nation, die fast durch die Bank weg so freundlich, offen, herzlich, hilfsbereit, zuvorkommend und dabei völlig ungekünstelt und ehrlich, aber auch stolz und selbstbewusst ist wie die Malteser, ich würde sogar sagen, sie sind noch freundlicher als die Kroaten und die Slowenen, und die sind schon verdammt freundlich. Daher kommen wir gerne und immer wieder nach Malta, vor allem wegen der Menschen. Und natürlich das Meer, das Wetter, der frische Fisch. Die Hauptstadt Valletta mit ihren wirklich beeindruckenden, vollkommen erhaltenen Befestigungsanlagen ist zweifelsohne die touristische Attraktion der Insel, entsprechend groß sind die Ströme sich durch die Gassen schiebender, gaffender, photographierender, nach Wiener Schnitzel und Fish’n’Chips lechzender Tagestouristen. Das muss man mal gesehen haben (ich meine die Bauten, die Touristen hingegen gibt’s überall), aber das reicht dann auch. Der touristische Hotspot der Insel sind St. Julian’s und die umliegenden Buchten. Hier finden sich die großen internationalen Schuppen von Hilton bis Westin, dazu unzählige größere und kleinere Hotels, Pensionen und wohlfeilen Hostels, Sandstrand gibt es hier nur in der kleinen Bucht St. Georges Bay, und der ist noch zur Hälfte Privatstrand vom Interconti, sonst ist das Ufer meist felsig, Boutiquen, Cafés, Imbissbuden und Restaurants drängen sich am Wasserrand, in den Seitensträßchen Kitsch- und Andenken-Läden, Bekleidungsgeschäfte, aber auch ganz normale kleine Lebensmittelhändler, Bäcker und Friseure, die unvermeidliche Filiale des Hardrock Cafés ist hier ansässig (traurig, aber immer ein untrügliches Zeichen, dass hier der Bär steppt und dass junge Party-Volk nicht weit ist), und steppen tut derselbe allnachts gegenüber in dem kleinen Treppen-Gässchen Pachevil. Hier drängen sich auf vielleicht 500 Metern Bars, Lounges, Restaurants, Schischa-Clubs, Kneipen, Discos, Striptease-Läden und „Herrenclubs“, Etablissements mit der Regenbogenfarbe für die Herren, die lieber unter sich bleiben, Tanzschuppen, Imbissbuden, Cafés und Nachtclubs. Das Einzige, was ich hier zumindest nicht wahrgenommen habe sind Prostitution und offener Drogenhandel, ansonsten tobt in Pachevil spätesten ab 19:00 Uhr das pralle, junge Leben. Im Gegensatz zum Ballermann würde ich hier schätzen, dass die Hälfte der Tobenden Touristen und die andere Hälfte Einheimische sind, und das macht sicherlich einen großen Teil des Charmes dieser Vergnügungsmeile aus. Die Preise sind richtig billig, 24 „Shots“ harten Alkohols für 14,95 €, eine 0,7er Flasche JB, Absolut Gin oder Smirnoff mit drei Flaschen Cola oder Tonic zum mischen kostet 24,95 €, in Deutschland wäre das der Ladenpreis, selbst eine Flasche ordentlicher Champagner ist im Nachtclub (mit bekleideten Damen) für unter 100 € erhältlich (was er im Nachtclub mit den unbekleideten Damen kostet, weiß ich nicht).
Und mitten in diesem Ort des prallen Lebens steht das InterContinental Malta. Wer Ruhe sucht, ist hier sicherlich am falschen Platz. Das Hotel ist nicht direkt am Meer gebaut, sondern in zweiter Reihe, aber keine 100 m zum Wasser, eine Seite des Blocks grenzt direkt an Pachevil. Den Hotelkomplex kann man getrost als riesig bezeichnen: der vordere Teil ist zehnstöckig, auf dem Dach der obligatorische Dachpool mit Liegen, Bar, Tischen, dann folgt mitten im Hotel eine Art Atrium-Garten auf dem Dach des sechsten Stockwerks, etwa in der Größe eines Fußballfeldes, mit üppiger subtropischer Vegetation, Sitzgruppen, Brunnen, Wasserläufen, ein ganz kurioses Stück Architektur, der hintere Gebäudeteil ist bisher fünfzehnstöckig, aber man hat gerade nochmals drei Stockwerke oben drauf gesetzt (wie das wohl von der Statik her geht?), hier sollen Luxus-Suiten und der (heute schon unvermeidliche) Infinity-Pool auf dem Dach entstehen. Ich schätze, der Kasten hat deutlich mehr als 1.000 Zimmer, zusätzlich Veranstaltungskapazitäten für bis zu 2.500 Menschen. Dieser Größe entsprechend bietet das Interconti gleich zehn Restaurants und Lounges: das ambitionierte Waterbisquit, ein Waterbisquit-Bistrot, das zugleich als Hotelbar fungiert, das sehr schön direkt am Wasser gelegene Paranga mit einem Fokus auf Meeresgetier, die rustikale Narcis Bar & Grill am Dachpool, das 08/15-Großrestaurant Harruba, in dem auch das Frühstück gereicht wird und das ansonsten mediterran-italienisches Allerwelts-Futter in großen Mengen liefert, am hoteleigenen Strand servieren in der Beach Bar Boys in kurzen weißen Hosen Drinks und Snacks an der Sonnenliege, Gästen des Club InterContinental steht in der obersten Etage eine exklusive Lounge mit wunderschöner, aber meist windiger Terrasse samt Meerblick zur Verfügung, wo die besseren Herrschaften ganz unter sich bleiben können und wo man Frühstück, ganztätig Snacks und Getränke, des Abends dann Alc und Snacks „all inclusive“ serviert, dazu kommen noch ein paar saisonal bzw. okkasionell geöffnete Facilities und – nicht zu vergessen – einen wirklich beachtlichen Zimmerservice mit umfangreicher Karte, der mehr kann als nur Convenience aufzuwärmen. Dazu kommen ein Indoor-Pool, diverse Saunen, ein Beauty-Spa, Friseur und angeblich Maltas größtes und bestes, wirklich riesiges, Geräte-mäßig bestens ausgestattetes, leider Fenster-loses Fitnessstudio, das auch Nicht-Hausgästen gegen Bezahlung offen steht, auch noch Maltas größtes und modernstes Spielcasino, ein Kids-Club, Businesscenter, … kurzum, man bräuchte das Hotel eigentlich gar nicht verlassen, wenn man auf Malta ist, alldieweil es wirklich alles bietet, was man zum Leben braucht.
In dem Komplex wurde sehr viel Marmor verbaut, alles mutet edel und gepflegt an, bei der Größe der Gebäude hapert es logischer Weise zuweilen mit dem Tageslicht, manche Ecken sind schlichtweg düster, endlos lange Gänge, alles gut in Schuss, keine abgestoßenen Ecken, hier und da mal fleckige Teppichböden in den Gängen, große, picobello saubere Zimmer, schließende Türen (keine Selbstverständlichkeit, s. Interconti Wien), gute Matratzen, ordentliche Bettwäsche mit endlich mal genügend Kissen, TV, Minibar, Kaffeekocher, Safe, großer Schreibtisch mit ausreichend Steckdosen (wie selbstverständlich mit Eurosteckern, obwohl auf Malta eigentlich die British 3-Pin Standard sind), flinkes, kostenloses W-LAN, Klimaanlage, große Fenster mit dicken Gardinen, nette Balkone mit Sesseln (Liegen auf dem Balkon gibt’s erst ab den Junior-Suiten), wenn man Glück hat, gehen die Zimmer zum ruhigen Atrium-Hof (mit Ausnahme irgendwelcher Vögel, ich nehme an, Stare, die zumindest im Mai jeden Morgen von ca. 05:30 bis 06:30 ein Heidenspektakel in den Bäumen veranstalten), wenn man Pech hat, gehen die Zimmer zur Straße, und die kann richtig laut sein – aber die Schallisolierung der Fenster ist sehr ordentlich, große Marmor-Bäder mit Dusche und Wanne, Fön, das ganze Pflegezeugs, ausreichende flauschige Handtücher, wie immer zu kleine Bademäntel und zu kleine Frottee-Schlappen (warum nur?); wollte man nörgelig sein, so müsste man anführen, dass das Telephon im Bad neben dem Klo aus seiner Halterung gebrochen ist nur noch von den Drähten an der Wand gehalten wird, dass die dicke Mappe mit Informationen zum Hotel total zerfleddert ist, dass der große Spiegel an den Ecken langsam blind wird, dass der nächtliche Schuhputzservice dreimal nicht geklappt hat oder das zwar alle Gerichte angeblich Halal-konform sind, eine Bibel aber auf dem Zimmer fehlt – aber ich mag nicht nörgelig sein: insgesamt sind das alles keine Designer-Suiten oder individuell eingerichtete Wohlfühl-Zimmer, das ist einfach funktionaler, gehobener Standard, mit Buchenholz, Marmor und dicken Stoffen ein wenig aufgehübscht. Man könnte auch sagen, „leiden“ auf sehr hohem Niveau. Andererseits, ich war im Laufe der Jahre sicherlich schon in über einem Dutzend verschiedenen Intercontis auf vier Kontinenten, und die funktionieren alle immer irgendwie gleich, die sind alle irgendwie alle gleich (während man sich in fast jedem Hilton neu orientieren muss); und das gerade macht die Intercontis so ungemein praktisch: wo immer man ist, man kennt sich gleich aus. Und falls man das Hotel doch verlassen möchte und sich nicht auskennt, da sind die Concierges des Intercontis zweifelsohne wie immer eine lobende Erwähnung wert. Es gibt Concierges, die tendieren dazu, den Rat suchenden Gast zu ihren Vettern und Spezeln zu schicken; ich werde dem Concierge im Adlon niemals verzeihen, dass er uns ausgerechnet in den Touristen-Nepp Nummer 1 in Berlin, „Mutter Hoppe“ schickte, als ich ihn nach einem Restaurant mit echter Berliner Küche ohne Touristen fragte. Nicht so im Interconti: Restaurant-, Club- und Shopping-Tipps, Organisation eines Trips mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Buchung eines Boots, Restaurant-und Club-Reservierungen … passte alles, wir hatten niemals das Gefühl, hier an Vettern und Spezeln verraten und verkauft worden zu sein, das Boot für einen Ausflug nach Gozo, das uns der Concierge besorgte, war sogar fast halb so teuer wie im Hafen angeboten.
Kulinarisch – um das noch zu erwähnen – ist das Interconti Malta durchwachsen. Dorade in Salzkruste und Filetsteak im Paranga waren richtig gut, aber keinesfalls in irgendeiner Form überragend, Beilagen, Vorspeisen, Dessert so lala, aber man wird entschädigt durch die spektakuläre Lage direkt am Meer. Das Harruba entspricht einem mittelmäßigen, großen Italiener, hier kann man notfalls schnell einen Teller Nudeln essen, mehr nicht. Das Waterbisquit-Bistro /-Bar hat durch den Umbau jeglichen Charme verloren, man sitzt in kaltem Ambiente auf kalten Stahlmöbeln mit Blick auf die viel befahrene, laute, enge Gasse, dazu ein paar Tische draußen, die Bistrokarte ist eine unambitionierte Bistrokarte, die zwei Martinis, die ich hier genommen habe, waren lausig, und da bin ich nachtragend, dicker belangloser Burger, belanglose Nudeln mit zerkochten Rindfleischfasern in dünner Soße, gut und auf den Punkt gebratenes Rindfleisch, sehr gute Pfeffersauce, gute hausgemachte frittierte Kartoffelspalten, schlechte dicke Pommes; bis 20:00 Uhr gibt es zwei Cocktails für den Preis von einem, solche „Happy Hours“ sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht stimmt. Die Pool- und die Beach-Bar sind beide für eine Pool- oder Beach-Bar vollkommen ok, junge Boys und Girls in knielangen weißen Hosen (wohl eine Reminiszenz an „gute alte“ Britische Besatzungszeiten) servieren in legerem Ambiente, die Gäste auch schon mal mit Badehose und Bikini, flott und freundlich Drinks und Snacks, leider durchweg in Plastik, aber das macht wohl Sinn, in Barfuß-Zonen. Das Frühstücksbuffet schließlich kann man durchaus riesig nennen. Frisches Obst, frisch gepresste Säfte, verschiedene Kaffees und Tees, frisches Brot und Gebäck, fertige Eier, Würste, Bohnen in Bain-Maries, vier Sorten Wurst und Schinken mäßiger Qualität, ständig frisch aufgeschnitten, schleimig-fischiger Räucherlachs mit Zwiebeln, Cerealien, Gemüse, Michprodukte, viel zu süße Marmeladen, die Basics sind eigentlich reichlich da, aber hier wird ausschließlich auf Quantität gesetzt, nicht auf Qualität. Dazu gibt es einen separaten Eierbratstand mit meist langen Schlangen davor (zuweilen 10 Minuten anstehen für eine Eierspeise) wo Eier, Pfannkuchen, Waffeln, Speck wirklich im Akkord und derb zubereitet werden, Spiegeleier z.B. werden in viel zu heißem Öl schnell gebraten und verbrennen am Rand, der Bacon ist nicht knusprig, sondern labbrig-fettig, Waffeln und Pfannkuchen sind vorgebacken und werden nur kurz erwärmt, die Waffeln werden dabei steinhart und ungenießbar, frisch pochierte Eier stammen anscheinend aus einer heißen Essiglake und sind entsprechend säuerlich, die Sauce Hollandaise für Eier Benedict kommt kalt aus einer suspekten Plastikflasche, Herde und Arbeitsflächen sind von fragwürdiger Sauberkeit – dieser Posten und seine Leistungen sind zweifelsohne eine Schande für jedes bessere Hotel. Ein Ausweichen in die IntercontiClub-Lounge im 15. Stock ist auch keine Lösung, hier kann man auf der Terrasse zwar netter sitzen, aber es ist ganz derselbe lieblose Massen-Fraß, nur in geringeren Quantitäten.
Trotz alledem, wir kommen gerne in’s Interconti Malta. Durch die riesige Größe des Hotelkomplexes scheint er zuweilen – wenn keine großen Tagungen oder Urlaubs-Hochzeiten anstehen – gering ausgelastet, und das führt dazu, dass man hier zur rechten Zeit richtige Schnäppchen ergattern kann. Vor allem sind es die Menschen mit ihrer unglaublichen, ungespielten, herzlichen Freundlichkeit, die Malta so liebenswert machen; Meer, Strand, Kultur, Shopping, frischer Fisch, easy living … all das kommt noch dazu und garantiert einen ziemlich guten Urlaub.
INTERCONTINENTAL Malta
St George`S Bay
St Julians : Malta
STJ 3310, Malta
Tel.: +356 (21) 37 76 00
http://www.intercontinental.com (zentrale Seite der Interconti-Gruppe, von dort aus muss man sich durchklicken)
Doppelzimmer Ü/F von 159 € bis 339 € (pro Zimmer pro Nacht), aber zuweilen sind über Reisebüros oder einschlägige Portale Schnäppchen buchbar.
Hauptgerichte von 9,90 € (Pizza Margaritha im Harruba) bis 31,50 € (Garnelen im Waterbisquits)
Und das sagen die Anderen:
- Tripadvisor: 4 von 5 Punkten
- Holidaycheck: 4,8 von 6 Punkten, 82% Weiterempfehlungs-Rate