Früher, bei großen Familienfeiern mit großem Essen, da war das so, dass die Frau des Hauses zusammen mit ihren Töchtern und Schwiegertöchtern, überwacht von der Schwiegermutter, noch in der Küche rotierte, während bereits die Gäste kamen. Das Haus war aufgeräumt, auf dem Herd und im Rohr schmurgelten die Speisen, der Tisch war gedeckt, Schüsseln und Tiegel hergerichtet, und doch brauchen die Gerichte noch den letzten Schliff, „finish“ würde man heute Neu-Deutsch sagen. Die Männer hatten in der Küche nichts zu suchen, die Frauen hätten sie wahrscheinlich als störend empfunden, und die Mannsbilder drängten sich nicht gerade nach Küchenarbeit. Daher gab es eine kluge Arbeitsteilung: der Hausherr empfing gemeinsam mit seinem Vater, dem „Altbauern“, und seinen Söhnen die Gäste. Die weiblichen Gäste trollten sich entweder zu den anderen Weibern in die Küche (um dort nur zu stören) oder blieben ganz emanzipiert und selbstbewusst in der Männer-Runde stehen. Zur Begrüßung gab’s „an Schnapserl“, meist einen mehr oder minder scharfen, selbst gebrannten Obstler, die Pimpfe unter den Jungen durften wie selbstverständlich an den Gläsern ihrer Väter nippen, so ab 14, 15 Jahre bekamen sie auch ihr eigenes Glas, sie gingen ja auf’s heiratsfähige Alter zu und mussten lernen, wie man sich ein keifendes Eheweib erträglich macht. Natürlich blieb es in der fröhlichen Gesellschaft nicht bei einem „Schnapserl“, das wäre dem Hausherrn als Geiz oder – ungleich schlimmer – mangelnde ökonomische Potenz ausgelegt worden, also machte die Flasche, eine Zweite, eine Dritte fröhlich die Runde. So etwas führt nach einem nur leichten Morgenessen – natürlich hat keiner der Gäste ein üppiges Frühstück als Grundlage im Wanst, man ist ja zum kollektiven Schmausen und Wohlleben gekommen, da muss der Bauch doch möglichst leer sein – sehr rasch zum Totalabsturz. Also hatte die kluge Hausfrau Brot und fette Aufstriche bereitgestellt, die konnte sie lange vor dem Fest vorbereiten und sie geben den Zechenden zumindest eine gewisse Basis aus alkohol-saugendem Brot und alkohol-emulgierendem Fett im Bauch, um das Schlimmste zu verhindern, außerdem fressen die Gäste dann später nicht so viel, und es bleiben reichlich Reste für die kommenden Tage, das spart sowohl Geld als auch Aufwand in der Küche. Meine Großmutter hatte zu diesem Behufe drei Standardaufstriche, die sie – ich weiß nicht, warum – Sacherkäse, Frühlingskäse Berti und Liptauerkäse nannte.
Zutaten Sacherkäse:
- 250 g fetter Topfen
- 75 g weiche Butter
- 2 hartgekochte Dotter
- 15 g Zwiebeln (1 gestrichener Teel.)
- 15 g Senf (1 gestrichener Essl.)
- 1 Essl. Öl
- 1 Prise Paprika edelsüß
- Nach Geschmack 3 Sardellen (dann weniger Salz nehmen!)
- Salz
Zubereitung Sacherkäse:
- Topfen, Butter, Eidotter, fein gehackte Zwiebeln und nach Geschmack 3 gewässerte, trockengetupfte Sardellenfilets durch ein feines Sieb treiben
- Masse verrühren, mit Senf, Öl, Paprika und Salz abschmecken
Zutaten Frühlingskäse Berti:
- 125 g weiche Butter
- 125 g fetter Topfen
- 50 g gehackte krause Petersilie (5 leicht gehäufte Essl.)
- 4 Knoblauchzehen
- Salz
Zubereitung Frühlingskäse Berti:
- Weiche Butter schaumig rühren, Topfen dazu geben, zu einer homogenen, schaumigen Masse verrühren
- Petersilie waschen, Blättchen abzupfen, trocken tupfen, fein hacken, zur Butter-Topfen-Mischung geben
- Knoblauch schälen, mit etwas Salz fein zerreiben, zur Butter-Topfen-Mischung geben
- Mischung gut durchrühren, mit Salz abschmecken
Zutaten Liptauer Käse:
- 125 g Butter
- 125 g Brimsen*
- 25 g Zwiebel (1 gehäufter Essl.)
- 10 g Kapern (ausgedrückt) (1 schwach gehäufter Essl.)
- 15 g Senf (1 gestrichener Essl.)
- 3 g gemahlener Kümmel (1 Teel.)
- 3 g gemahlener Paprika edelsüß (1 Teel.)
- 1 kleine Knoblauchzehe
- Nach Geschmack ½ Sardelle (dann etwas weniger Salz nehmen!)
- Salz
Zubereitung Liptauer Käse:
- Weiche Butter schaumig rühren, Brimsen dazu geben, zu einer homogenen, schaumigen Masse verrühren
- Zwiebel schälen, sehr fein schneiden, zur Butter-Brimsen-Mischung geben
- Kapern von Hand gut ausdrücken, in ein Sieb geben, kräftig lauwarm abbrausen, nochmals von Hand gut ausdrücken (um die saure Einlege-Flüssigkeit der Kapern zu entfernen), Kapern fein hacken, zur Butter-Brimsen-Mischung geben
- Senf, gemahlenen Kümmel, Paprikapulver, zerdrückte Knoblauchzehe zur Butter-Brimsen-Mischung geben
- Nach Geschmack Sardelle wässern, trocken tupfen, mit dem Messerrücken oder im Mörser fein zerreiben, zur Butter-Brimsen-Mischung geben (bei Weglassen etwas stärker salzen)
- Mischung von Hand (nicht mit dem Mixer) gut zu einer homogenen Masse verrühren, salzen, final abschmecken (evtl. noch etwas Rosenpaprika oder Knofl)
* Brimsen ist ein gesalzener Frischkäse aus Schafmilch, hilfsweise geht auch fetter Topfen |