Tafernwirtschaft Hörger in Hohenbercha: Durch und durch ehrliche bajuwarische Kost

Summa summarum: Hier wird bis auf’s Mark ehrlich, bodenständig, unverfälscht, ökologisch, traditionsverbunden, aber zugleich kreativ gekocht, fast nur saisonale, regionale, ökologisch gewonnene Zutaten, keine Geschmacksverstärker, kein (erkennbares) Convenience, kein Schnickschnack. Authentisches, gemütliches Ambiente, flotte Bedienungen, ein Ort wahrlich zum Wohlfühlen.

 

„Dass Sie hier parken können, ist nicht wichtig. Dass Kinder hier spielen können, das ist wichtig.“ Dieser Satz war mein erstes bewusstes Zusammentreffen mit Andreas Hörger, es muss einer der ersten schönen Frühlingstage kurz nach der Jahrtausend-Wende gewesen sein, und seit diesem Satz gehe ich oft, gerne, vertrauensvoll und nie enttäuscht in die Tafernwirtschaft Hörger in Hohenbercha, einem kleinen Dorf, 45 Minuten nördlich von München gelegen. Damals hatten die Hörgers ihren alten, seit Generationen im Familienbesitz befindlichen Dreiseithof gerade wieder einmal ein wenig umgebaut, den Parkplatz für die Gäste vom Innenhof weg hinter das Gebäude verlegt und mitten im Hof selber, direkt vor dem Biergarten einen formidablen Kinder-Matsch-Spielplatz mit Handpumpe, Wasser, Hügeln, Bachläufen, Pflanzen und haste nicht gesehen angelegt. Ein Porsche-Cabrio-Fahrer aus München (es lebe das Klischee!) war – wohl aus alter Gewohnheit – direkt in den Hof gefahren um wie immer zu parken, fand aber keinen Parkplatz mehr, sondern vielmehr besagten Matsch-Spielplatz. Ziemlich arrogant fragte damals der hochmotorisierte Stadtfrack aus seinem fahrbaren Potenzsteigerungsmittel heraus den Wirt, Andreas Hörger, „Warum kann ich hier nicht parken?“ Und da fielen aus dem Stand und ohne groß zu überlegen, aus tiefstem Herzen und tiefster Überzeugung heraus, diese beiden denkwürdigen Sätze: „Dass Sie hier parken können, ist nicht wichtig. Dass Kinder hier spielen können, das ist wichtig.“ Und seit dem – Verzeihung – liebe ich den Hörger. Denn was kann schöner und entspannter für ein junges Elternpaar sein, als unter alten Bäumen im Biergarten zu sitzen, trefflich zu schmausen und dabei den Kindern auf dem Matsch-Spielplatz im Auto-freien Hof zuzusehen, wie sie sich gemeinsam mit anderen Kindern über und über besudeln (ok, die Brut dann später in dem Zustand in’s Auto zu verfrachten, das ist weniger schön), dabei einen riesen Spaß haben und sich dann und wann mit einem Löffel Spätzle mit Soße ambulant füttern lassen? Danke, Familie Hörger.

Die Wirtsleute Martina und Andreas Hörger – sie Restaurantfachfrau und Erzieherin, er Koch und Metzgermeister – haben in ihrem Familienbetrieb einen beachtlichen Spagat geschafft. Einerseits war, ist und bleibt ihre Tafernwirtschaft Zentrum ländlichen Lebens für die weite Umgebung, hier gehen die Einheimischen  Sonntags zum Essen hin, hier werden Dorfhochzeiten, Geburtstage und auch Leichenschmäuse gefeiert, die Männer spielen Karten beim Bier an blanken Tischen und politisieren dabei, die Landjugend trifft sich, um erste zarte Bande zu knüpfen, und ab und zu gibt es auch politische Versammlungen im großen Festsaal. Andererseits ist der gesamte Betrieb komplett bio-zertifiziert, nahezu alle Lieferanten kommen aus der Region und Hörger kennt (und besucht/kontrolliert) sie persönlich, Pizza findet sich ebenso wenig auf der Speisekarte wie Kaviar, und Spargel gibt’s ab Mai bis Johanni, und an Espuma fei scho gorned, punktum; das ist slow food as slow food can be, und immer mehr Stadtfräcke genießen hier die unverfälschten kulinarischen Freuden des Landlebens. Ein Gastraum mit 50 und eine Mischung von Biergarten und Terrasse mit 100 Plätzen, weiter ein großer Saal und diverse separate Nebenräume , auch als Tagungsräume nutzbar, dazu einige Gästezimmer und seit ein paar Jahren auch noch ein nebenan neu erbautes Bio-Hotel mit 21 Öko-Zimmern (über dessen Architektur und Passform in die gewachsene bäuerliche Siedlung sich gewiss trefflich streiten lässt), geöffnet an 365 Tagen im Jahr von 07:00 bis halt Schluss ist, warme Küche von 11:30 bis 22:00 Uhr, all das sichert sicherlich eine gewisse ökonomische Basis des Betriebs, macht aber zugleich auch unendlich viel Arbeit, zumal, wenn man – wie der Hörger – auch bei steigendem Durchsatz immer die gleiche gute Qualität halten will, aber Hörger schafft das.

Das Wirtshaus und die Seitengebäude sind alt, wahrscheinlich sehr alt, aber gut in Schuss, vor dem Haus die erwähnte Mischung von Terrasse und Biergarten, teilweise unter alten Kastanien, teilweise unter Sonnenschirmen mit Blick den Hügel hinunter über die Landschaft, am Haus wachsen Birnen (glaube ich), die Gaststuben niedrig, verwinkelt, gemütlich, etwas düster durch die kleinen Fenster, blanke Tische und Bänke aus Ahorn, kein bajuwarisierender Kitsch als Dekoration, aber trotzdem – oder vielmehr deswegen – ein durch und durch angenehmes Ambiente; zu Feiern wird auch mit weißem Leinen und Blumen eingedeckt, Flipchart und Beamer können ebenso aufgebaut werden wie DJ-Anlagen und Scheinwerfer – ein echtes ländliches Multifunktionszentrum, aber immer mit Charme. Wenn man das Wirtshaus betritt, dominiert als erster der Blick auf die große, vollständig offene Küche mit einem großen Tresen für die ausgehenden Speisen davor. Beim Hörger wird nichts in verschwiegenen Hinterräumen und düst‘ren Kellerlöchern gekocht, beim Hörger ist die Küche offener Mittelpunkt der ganzen Wirtschaft, einsehbar bis in den hintersten Winkel für jeden Gast.  So kann jeder Besucher sein eigener Lebensmittelkontrolleur sein, jeder Patzer, jeder Schmutz, jedes zu Boden gefallene Stück, jede nicht saubere Fläche, jeder dreckige Topf: alles ist öffentlich, einsehbar, nicht zu verbergen. Und diese Öffentlichkeit ist zum einen Ansporn für das Küchenpersonal zur Perfektion, zum anderen aber auch ehrliche Information für den Gast. Ich sage schon seit langem, man könnte die staatliche Restaurant-Überwachung weitgehend abschaffen (vielleicht bis auf Kühlräume und Bodenproben oder so), wenn alle Restaurants gezwungen wären, ihre Küchen komplett offen und für den Gast einsehbar zu bauen (von mir aus – aus Geruchs-Gründen – auch hinter einer Glasscheibe), dann wäre jeder Gast sein eigener Lebensmittelkontrolleur, und ich wette, in Monatsfrist wären landesweit ein Drittel bis die Hälfte aller Lokale mangels Gästen dicht. Und beim Hörger gibt’s diese ehrliche Offenheit schon seit Ewigkeiten (und er ist alles andere als dicht).

Die Kochkünste beim Hörger zu beschreiben, gar zu bewerten, ist eigentlich überflüssig. Hier wird bis auf’s Mark ehrlich, bodenständig, unverfälscht, ökologisch, traditionsverbunden aber zugleich kreativ (und was einem da sonst noch für Adjektive einfallen mögen) gekocht, fast nur saisonale, regionale, ökologisch gewonnene Zutaten, keine Geschmacksverstärker, kein (erkennbares) Convenience, kein Schnickschnack. Frische, knackige, gut geputzte Salate, kräftige Suppen (die Speckknödelsuppe mit viel frischem Schnittlauch gehört zu meinen Lieblingen), ordentliche Fleischgerichte in großen Portionen mit hausgemachten Beilagen, Schweinebraten, resche Haxen mit kurzem kräftigen Sößchen , ein butterweiches boeuf lamotte (auch schon mal von vielen Flechsen und Fett durchzogen, das ist halt so, wenn man ganz bio wirklich alles verkocht, und nicht nur edle Stücke), am hausgemachten Lardo muss man sicherlich noch arbeiten, aber die ebenfalls hausgemachten Würtse jeder Art und am Donnerstag der Tartar–Tag, das sind wieder ländliche kulinarische Highlights, wie sie schöner nicht sein könnten, dazu ordentliche hausgemachte Desserts, der Kaiserschmarrn immer frisch und lecker. All das ist sicherlich in keinster Weise „Hochküche“ oder Sterne-verdächtig im Sinne der Bewertungs-Götter, das ist grundehrlichste bayrische bäuerliche Küchentradition mit einigen wohl proportionierten Neuerungen. Und dennoch ist der Hörger kein ewig-gestriges kulinarisches Museum, hier wird gute kulinarische Tradition tradiert und gelebt. Ich bin mir sicher, beim Hörger hat man schon „bio“ und „slow“ gekocht, lange bevor diese Modewörter überhaupt erst erfunden waren. “Bio“, „slow“, „regional“, „saisonal“, „ganzheitlich“, … Hörger läuft keinen Modetrends hinterher, die kulinarischen Modetrends laufen Leuten wie dem Hörger hinterher, in Hohenbercha wurde schon „öko“ betrieben lange bevor der erste grüne Öko-Terrorist das Wort „öko“ überhaupt aussprechen konnte …

 

P.S.: Bei all diesem Öko-Gerede, jetzt muss der Vorreiter der – nennen wir es – kulinarischen Öko-Bewegung im Freisinger Land wahrlich zum Don Quichotte werden: just dieser Öko-Vorreiter ist nun Aushängeschild der lokalen Bürgerbewegung gegen die ökologischste aller Stromerzeugungen (lügen uns zumindest die Betreiber vor und plappern die Grünen-Wähler nach), gegen die Errichtung von Windkrafträdern in der Region.

 

Hörger Biohotel Tafernwirtschaft
Familie Hörger
Hohenbercha 38
85402 Kranzberg / München
Tel.: +49 / 8166 / 99 09 80
Fax: +49 / 8166 / 99 09 868
E-Mail: info@hoerger-biohotel.de
Internet: www.hoerger-biohotel.de

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