Von Palermo fahren wir auf der vierspurigen A29 nach Norden, so, wie wir auch reingekommen sind, auf der Gegenfahrbahn stauen sich bereits die Autos Richtung Innenstadt, allesamt laut hupend natürlich. Irgendwo holen wir uns zwei Coffee to go und erbärmlich lausige Croissants. Neben der Straße verkommene Industrie- und Wirtschaftsgebäude, verkommen für Deutsche Verhältnisse, ganz normal in Schuss für Italienische Verhältnisse wahrscheinlich, links dahinter karge Hügel. An der Küste bei Sferracavallo biegen wir süd-westlich ab, die Industrie-Bebauung weicht Bäumchen und vertrockneten, mit einfachen Feldsteinmauern eingefriedete kleinen Feldern – wieder frage ich mich, wo die Agrarprodukte herkommen sollen, die mit Caros Hilfe in Deutschland vermarktet werden sollen – einerseits und andererseits schäbigen , unverputzten Ein- und Mehrfamilienhäusern bei denen man zum Teil ahnen kann, dass sie auf der anderen Seite sogar Meerblick haben. Da wir früh dran sind verlassen wir kurz hinter dem Flughafen bei Salvina die Autobahn, um ein Stücklein auf der Staatsstraße SS187 zu fahren, in der Hoffnung, eine Blick auf’s Meer zu erhaschen, aber auch hier nur Häuser, Gärten, in denen teilweise sogar etwas wächst, dazu viele Büsche, deutlich grüner als in Palermo, aber auch hier das Meer nur eine Ahnung, ein blauer Fetzen, der zuweilen zwischen zwei Häuserwänden in der Ferne aufblitzt, man müsste schon den Kilometer durch die engen Gassen oder schmalen Wege direkt runter zum Meer fahren, wenn man es sehen will, und diese Zeit haben wir dann doch nicht. Also fahren wir kurz vor Castellamare del Golfo beleidigt zurück auf die Autobahn. Gegen 10:30 sind wir in Marsala, Caro hat ihren ersten Termin um 11:00, und so killt Caro das plappernde Navi und fahren wir noch einen Schlenker durch die Stadt, und wieder verstehe ich nicht, woher das Klischee kommt, Italien, speziell Sizilien, sei so exzeptionell schön. Später, die alte, renovierte Kernstadt von Marsala zwischen Kathedrale und Porta Garibaldi mit ihren hübschen historischen Gebäuden (und Heerscharen von Touristen samt der dazugehörigen eingespielten Touristen-Melk-Industrie), die ist in der Tat hübsch, zwei drei Blocks lang, dahinter franst die Stadt sofort aus in hässliche vier- und fünfgeschossige Wohnblocks, Büro- und Geschäftshäuser, Industriebetriebe, die Gebäude teils in Schuss, teils zerbröselnd, wenig Schatten, wenig Grün, aber fast überall saubere Straßen, das muss man zugeben, aber ansonsten eher hässliche, heiße Tristesse, leben möchte ich weder hier noch im historischen Touri-Gaff- und –Abzock-Viertel. „Hübsch-hässlich.“ zitiert Caro ob des Anblicks emotionslos aus der „Feuerzangenbowle“ und schaltet das Navi wieder ein, das uns dann fast zurück zur Einfallstraße führt, durch die wir in die Stadt reingefahren sind. In einer Seitenstraße bei einer großen Weinkellerei namens Cantine Pellegrino halten wir vor dem hohen eisernen Zaun mit Tor samt zahlreichen Kameras vor einer respektablen Villa in einem recht weitläufigen, gepflegten Garten oder einem kleinen Park. „Notaio So-und-So“ steht auf einem großen, sauber polierten, in der Sonne glänzend Messing-Schild. „Ich sollte in drei, vier Stunden hier fertig sein.“, sagt Caro, während sie sich ihre absurd große Tasche schnappt – jetzt kenne ich Caro schon so lange und so gut, fährt mir durch den Kopf, aber ich habe noch niemals in eine ihrer absurd großen Taschen geschaut (und Caro hat fast immer, immer, selbst im Theater eine absurd große, stets edle, aber eben auch stets absurd große Tasche dabei), und ich weiß bis heute nicht, was genau sie alles darinnen hat, vielleicht auch eine großkalibrige Waffe, könnte durchaus sein, Caro ist alles zuzutrauen – „Treffen wir uns dann nachher im Hotel?! Ich lasse mir ein Taxi rufen, brauchst mich nicht abzuholen.“ Wir steigen beide aus, während sie an dem Gartentor klingelt und ich mich strecke sagt sie „Warte bitte noch kurz, ob hier alles klar geht.“ Eine knarzende Stimme auf Italienisch erschallt aus einem Lautsprecher am Tor, Caro entgegnet Irgendwas auf Italienisch in die Sprechanlage, aus dieser schallt es sodann „Molto carino! Vieni dentro!“, das Tor öffnet sich schwer knarzend automatisch, und während Caro durch das Tor geht ruft sie mir noch zu „Alles in Ordnung, bis später, schönen Tag.“ Ich programmiere mit einiger Mühe die Adresse des Hotels in das Navi, bei der Fahrt in die Stadt habe ich ein ziemlich mulmiges Gefühl, Caro alleine in diesem fremden Hochsicherheitstrakt mitten im Cosa Nostra-Land. Aber wahrscheinlich hat sie doch eine großkalibrige Waffe in ihrer absurd großen Handtasche. Dererlei Gedanken vergehen mir sehr rasch bei der Anfahrt zum Hotel, dem Stella d’Italia, zwar nur vier Sterne, aber – wie gewünscht – das erste Haus in der Innenstadt. Etwas weiter außerhalb hätte es auch das Grand Hotel Palace gegeben, fünf Sterne mit Meerblick und Pool, und auch nicht viel teurer, aber Caro wollte ja unbedingt immer mitten in die Stadt … Städtchen wäre bei Marsala vielleicht der bessere Ausdruck.
Die Anfahrt ist die Hölle. Navi spielt verrückt und hängt sich schließlich auf, enge Altstadtgässchen, größere Autos müssen teilweise die Spiegel einklappen, um überhaupt durchzukommen, jetzt bin ich ganz froh, einen Kleinwagen zu fahren, zweimal fahre ich an dem unscheinbaren Hoteleingang vorbei, ohne ihn als solchen zu erkennen, dazu Einbahnstraßen, Baustellen, kreuz und quer parkende Baufahrzeuge, endlose Schleifen durch das Altstadtgassengewirr und mehrfach vorbei an Rathaus und Kathedrale, vor dem Hoteleingang wird das Gässchen so eng, dazu eine Baustelle, dass an Halten und Ausladen nicht zu denken ist, und von der avisierten Hotelgarage sehe ich ebenfalls nichts. Irgendwann ist mir alles egal und ich halte in dem schmalen Gässchen vor dem Hoteleingang: ein Fußgänger kommt jetzt gerade noch vorbei an meinem Wagen, aber kein Mofa und geschweige denn ein Auto. Tapfer beginne ich, die Taschen auszuladen, da kommt ein junger Mann aus dem Hoteleingang gesprungen, wohl um mir zu sagen, dass ich hier nicht Parken könne. Wir switchen auf Englisch, ich gebe mich als gebuchter Hotelgast zu erkennen, der junge Mann beruhigt sich wieder und bietet an, den Wage für mich zu parken, da die Garage etwas schwer zu finden sei; nun gut, am nächsten Morgen werde ich feststellen, dass er die Karre einfach ein paar Ecken weiter auf der Straße abgestellt hat, aber das werden wir erst sehen, nachdem wir zusätzlich 20 EURO für’s Garagen-Parken gezahlt haben. Schlitzohren, schlitzige. Und in Ermangelung des nun parkenderdings unterwegsseienden jungen Mannes schleppe ich schon wieder unsere Taschen: muss irgendwie mein Schicksal sein auf dieser Reise, Taschen zu schleppen. Die Halle des Stella d’Italia ist geräumig, zweigeschossig, gepflegt, funktional, nicht steril, aber kühl, ein paar Sitzgruppen, langer Rezeptionstresen, Teppiche auf Marmorböden, kein überbordender Deko-Kitsch, irgendwelche Skulpturen, die wertvoll sein sollen, nichts zu loben, nicht zu tadeln, irgendwie wohl neoklassizistisch, eigentlich nicht zu erwähnen. Einchecken problemlos bei einem freundlichen, dicken Rezeptionisten, der fast die Knöpfe seiner Weste sprengt, der junge Mann ist auch wieder da, gibt mir die Autoschlüssel und trägt mir doch tatsächlich die Taschen hoch auf’s Zimmer im obersten Stockwerk (natürlich per Lift). Ich bin so erfreut, dass ich ihm gleich 5 EURO Trinkgeld gebe, was nahezu einen Kotau bei dem Manne auslöst, Trinkgeld scheint hier nicht so üblich zu sein. Das Zimmer selber absoluter 08/15-Standard, relativ schmal, wenig Platz zwischen Bett und Wand, Steinfußboden, dreiviertelhoch Marmor-gefliestes Bad, mittelmäßige Frotteehandtücher, leinenes Bettzeug, zu weiche Matratze, kräftige Klimaanlage, schlechtes Licht, spackendes W-LAN … Hier kann man ein paar Nächte verbringen, hier kann man duschen, schlafen, kopulieren, duschen, vielleicht noch seine Mails checken, aber verweilen, sich wohlfühlen, wohnen, das kann man hier ganz gewiss nicht. Bis auf … Caros Sekretärin war so clever gewesen – oder es war bloßer Zufall? –, ein Zimmer im obersten Stockwert zu nehmen. Während die Zimmer darunter offensichtlich Ausblick auf die Fenster der gegenüberliegenden Hauswand in Spuckweite haben, befindet sich vor den Zimmern im obersten Stock jeweils eine formidable Terrasse, die fast nochmal so groß wie das Zimmer selber ist und direkten Ausblick auf Rathaus, Kathedrale, Garibaldi Tor, große Teile der Altstadt bis zum Meer bietet. Das hat was, auch wenn die Terrasse nicht möbliert ist, man kann sich ja Stühle von drinnen rausholen und dort vor der wunderschönen Kulisse dösen, arbeiten, trinken, reden, … Ansonsten ist das Hotel … tot. SPA oder Schwimmbad Fehlanzeige, Innenhof, Terrasse, Tische vor dem Haus Fehlanzeige, Hotelbar, Restaurant, Café Fehlanzeige, das Stella d’Italia ist ein reines Hotel Garni, ohne jegliches Hotel-Leben untertags oder abends, der Laden ist schlichtweg tot. Hier wird das Frühstück zwar nicht im Fensterlosen Keller serviert, sondern in einem Saal mit düsteren Milchscheiben-Fenstern, wahrscheinlich ist dahinter einen Brandschutzmauer oder so. Und das Frühstück selber wieder italienisches Einerlei, aber diesmal wenigstens guter Kaffee und nicht Kaffeemaschine mit Warmhalteplatte, dazu frisches Obst, ansonsten ein Getränkeautomat für Billig-Säfte, schlechte, süße, industrielle Backwaren, abgepacktes Zeugs, da bleibt viel Raum für ein frühes Mittagessen. Aber wenn man vor das Hotel tritt, ist man in 15 Metern (wörtlich, nicht bildlich gesprochen) auf der Piazza della Repubblica, dem zentralen Platz von Marsala mit Rathaus, Dom, und 10.000 knipsenden, gaffenden, konsumierenden Touristen, nur ein paar Kirchgänger und natürlich die Betreiber der zahlreichen Touristen-Melk-Stellen sind Einheimische. Ganz vom Touristen-Strom gesteuert läuft man dann entweder in nordöstliche / südwestliche Richtung auf der Via XI Maggio oder in südwestlicher Richtung auf der Via Giuseppe Garibaldi, links und rechts Andenkenläden, Kneipen, Restaurants, Geschäfte mit angeblich wohlfeilen, hochwertigen einheimischen Spezereien, allen voran Enotecas mit Marsala Wein, und immer wieder – schon in Palermo – lese ich das Wort „Edelweiß“ als Bezeichnung für ein Geschäft oder anderes, dieses Wort scheint her eine gewisse Rolle zu spielen, weiß der Geier warum, schon hinter dem Tor Garibaldi hört die Altstadt auf, man schleppt sich durch langweilige Wohnbebauung noch die 300 Meter durch die Via Scipione l’Africano bis zum Meer und einem Kriegerdenkmal, beides ausgesprochen langweilig und unspektakulär, die Uferstraße viel befahren und gesäumt von Palmen, aber nichts von Promenade, Strand oder wenigstens Hafenromantik, im Bogen geht man zurück Richtung Altstadt, durchstreift noch ein paar kleine alte Gässchen mit Touri-Infrastruktur, merkt sodann ein paarmal, dass jetzt das hässliche, das echte Marsala anfängt, verspürt aber keine Lust auf einen Spaziergang in der Hitze vorbei an hässlichen vier- und fünfgeschossigen Wohnblocks, Büro- und Geschäftshäusern, Industriebetrieben, die Gebäude teils in Schuss, teils zerbröselnd, wenig Schatten, wenig Grün, und so ersteht der zwischenzeitlich missgelaunte Reisende zwei Flaschen Wasser und eine Flasche Scotch, zieht sich zurück auf seine Dachterrasse, stellt sich einen Stuhl in den Schatten, genießt die leichte Brise, gießt sich einen Drink ein, holt seinen Rechner und beginnt, einen Bericht über sizilianische Stadthotels zu schreiben.
Caro kommt relativ früh von ihrem Termin und hat den Adrenalinpegel eines Bungee-Springers, sie ist extrem aufgedreht – was ich von ihr sonst eigentlich kaum kenne –, weil das Meeting wohl sehr erfolgreich war. „Alle Unterschriften, die ich für heute wollte, und noch mehr …“ Ich frage nicht weiter nach, ich will sie mit ihrer anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nicht in die Bredouille bringen, außerdem interessiert’s mich nicht besonders. „Wie ist Marsala so?“, fragt Caro. „Na ja“, antworte ich, „die Altstadt winzig klein und total touristisch verlaust, und dahinter … haste ja vorhin selber gesehen.“ „Du meinst also, sight seeing erübrigt sich?“ „Wir können vor dem Abendessen ja noch eine kleine Runde durch die alte Altstadt laufen, mehr lohnt sich nicht, es sei denn, Du willst noch in irgendwelche Museen oder Kirchen, die gibt’s bestimmt hier.“ „Nein Danke, da mache ich lieber noch schnell meine Notizen, checke die Post und bereite mich auf Morgen vor. Aber das dauert nicht länger als eine Stunde.“ Ich trage Caro auch einen Stuhl raus auf die Terrasse, sie schnappt sich was zu trinken – „Ganz schön viel Scotch und ganz schön wenig Soda, Frau Anwältin, für diese Tageszeit!“, entfährt es mir, „Lass mich, ich hatte was zu Mittag, außerdem habe ich Feierlaune, nach dem Tag.“ entgegnet sie – und ihren Rechner und setzt sich neben mich. Das mit der Stunde wird natürlich nichts, irgendwann klingelt ihre Funke, und nachdem sie sich nach kurzer Zeit am Telephon in‘s Bad zurück zieht und die Türe schließt, schließe ich, dass es wichtig und streng geheim ist … oder Caro noch nen Anderen hat, wäre auch möglich, und ganz schön dreist, so direkt vor meinen Augen. Nachdem wir beide erledigt haben, was erledigt werden muss, verlassen wir frisch geduscht gegen 17:00 Uhr das noch immer tote Hotel. Caro stimmt mir rasch zu, dass es selbst mit einem großen Schlenker am Wasser nicht mehr als eine Lauf-Stunde Sehenswertes in Marsala gibt, unser Restaurant, angeblich ein „Insider-Tip“ von ihrem Notaio-Kollegen öffnet aber erst um 19:00 Uhr. Also gehen wir wahllos in einer der zahlreichen Enotecas, La Sirena Ubriaca an der Garibaldistraße, mitten auf der Touri-Meile, aber was soll’s. Wir probieren Marsala-Wein, für den die Stadt ja überhaupt berühmt ist, der sehr zu meinem Erstaunen kein bisschen süß ist, sondern ausgesprochen trocken, ein sehr junger Mann, ich zweifele, dass er schon 18 ist, erzählt uns in erstaunlich Gutem Englisch was von Engländern, Lord Nelson, Kontinentalsperre, gesprittetem Sizilianischen Weinen, Grillo- und anderen Trauben, Fässern, Lagerung, Alterung, Versetzen von neuen mit alten Jahrgängen, Luftblasen, Oxidation, Farbtönen, Zuckergehalten und weiß der Geier was. Wie dem auch sei, wir probieren Marsala um Marsala in kleinen 100 ml-Portionen, essen dazu ziemlich schlechte Crostinies mit allerlei Belägen (aber irgendwas brauchen wir im Magen, sonst haut’s uns vor der Zeit aus den Schuhen). Das Ende vom Lied ist, das Caro und ich jetzt definitiv wissen, dass wir keine Marsala-Wein-Fans sind und dass wir gerade weit über 100 EURO für dieses Wissen ausgegeben haben: Touri-Melk-Station eben, selber schuld. Zwei Dinge nehme ich wirklich von dieser Verkostung mit: erstens die Erkenntnis, dass ich Marsala-Weine nicht unbedingt mag, und zweitens das Wissen, dass der oberste Kriegsherr der Anti-Alkoholiker Namensgeber für diesen Sprit ist, Marsala kommt vom Arabischen „marsa allah“ und bedeutet so viel wie der Hafen Gottes.
Doch etwas angeschlagen gehen wir gegen 19:00 Uhr zu der Restaurant-Empfehlung des Notar-Kollegens, der auch noch gleich – wie praktisch – einen Platz für uns reserviert hat. 10 Fuß-Minuten abseits der Altstadt, so nah und doch so fern der Touristen-Ströme liegt das Restaurant Konza in der Via Mario Nuccio 27 in einem netten Wohngebiet mit älterer, gepflegter, zweigeschossiger Wohnbebauung. Man sitzt – etwas gewöhnungsbedürftig – in einer Art verglastem weißem Wintergarten, der einfach vor das Haus auf Bürgersteig und Straße gebaut wurde und in dem vielleicht ein Dutzend Tische stehen. Für italienische Verhältnisse ist es noch früh, nur ein Tisch ist besetzt, als Caro erklärt, wer für uns reserviert hat, wird der ohnehin schon freundliche und dienstbare junge Mann, der uns begrüßt hat, nochmals freundlicher und dienstbarer, unablässig höre ich die Worte „Signora Notaio“, ansonsten bin ich raus, Caro führt das Gespräch auf Italienisch, und die Speisekarte gibt’s auch nur auf Italienisch, was ja eigentlich ein gutes Zeichen ist. Aber während wir versuchen, die Speisekarte zu studieren, redet der Mensch unablässig auf Caro ein, später verstehe ich, er zählt ihr die Spezialitäten des Tages auf, die nicht auf der Speisekarte stehen. Es gäbe Garnelen, Oktopus, Muscheln , natürlich Reiskugeln – die berühmten Arancini, für die jede Region, jeder Ort, jede Familie ein eigenes Rezept haben soll –, Dorade, gemischtes Grillfleisch mit Bratkartoffeln, … Irgendwann übersteigt die schiere Menge an Wortschwall meine ohnehin schon beduselten mentalen Kapazitäten und ich sage zu Caro „Bestell Du einfach, Du weißt ja, was ich nicht mag. Und bloß keinen Oktopus.“ Wir trinken sehr kalten Grillo, essen mariniertes Gemüse, sogar die Zucchini schmecken hier, nur Auberginen sind und bleiben wabblige Badeschwämme, gutes Weißbrot mit rescher Krume, Caro gedrehte Nudeln, fast wie Priesterwürger, mit Muscheln und Pistazienbröseln, ich Scampi einfach so, nur mit Brot, wir teilen uns eine Portion dieser Arancini mit einer Käse-Kräuter-Sauce, sehr seltsam, dann sie Dorade, ich gegrilltes Fleisch von Rind, Huhn und Lamm (dumme Wahl), als Nachtisch Sorbets, nochmal ein Roter Marsala und natürlich Espresso – und das Alles mit reichlich Wein für keine 200 EURO. Um halb zehn rollen wir bettschwer Richtung Hotel, nehmen noch zwei Absacker auf der wirklich hübschen Terrasse mit Blick auf die jetzt angestrahlte Kathedrale in der langsam angenehm kühlen Abendluft und fallen in’s Bett.
Am nächsten Tag stehen wir früh auf, packen unsere Siebensachen, zahlen und warten Punkt 07:00, im Speisesaal auf’s Frühstück. Ein verschnarchter junger Mann in weißer Kellnerjacke ist gerade dabei, im Zeitlupentempo das Frühstücksbuffet aufzubauen – dabei soll es ab 07:00 Frühstück geben –, wir setzen uns ungefragt, Caro ruft dem jungen Mann auf Italienisch mit hartem Tonfall ein paar offenbar sehr aufmunternde Worte zu, die den Mann mit einem Schlag von slow motion auf fast forward bringen, jedenfalls haben wir keine drei Minuten später zwei große, frische Cappuccino vor uns stehen, ich nehme an, Caro hat dem Menschen gesagt, dass sie ihn seine eigenen Eier schlucken lässt, wenn wir nicht sofort Kaffee bekommen, wir holen uns noch ein wenig frisches Obst, das gar nicht mal so schlecht ist, und zuckersüße, wenigstens nicht abgepackte Rosinenschnecken, 07:20 sind wir fertig und an der Rezeption. Ich lasse mir erklären, wo der Wagen steht, während ich das Auto hole – ein paar Ecken weiter einfach am Straßenrand abgestellt, keine Spur von Garage … außer auf der Rechnung, aber das hatten wir schon – zahlt Caro und diesmal ist sie es, die unsere Taschen zum Auto schleppt, während ich alles blockierender Dings vor dem Hoteleingang halte, hähä, allerdings ist es noch zu früh für ein Hupkonzert hinter mir, schade.
Stella d’Italia Marsala
Via Mario Rapisardi, 7
91025 Marsala TP
Italien
Tel.: +39 (9 23) 76 18 89
Fax: +39 (9 23) 71 81 57
E-Mail: stelladitalia.tp@bestwestern.it
Online: www.hotelstelladitalia.it
La Sirena Ubriaca
Via Giuseppe Garibaldi, 39
91025 Marsala TP
IItalien
Tel.: +39 (9 23) 02 05 00
Online: www.lasirenaubriaca.it
Konza restaurant
Via Mario Nuccio, 27
91025 Marsala TP
Italien
Tel.: +39 (3 31) 4 03 56 90
Online: https://konzarestaurantmarsala.business.site