„Die kann der Kaiser in Wien auch nicht besser haben.“ pflegte mein Großvater zu sagen, wenn meine Großmutter Rahm-Palatschinken auftischte. (Man beachte hier auch das Tempus, Präsenz, und das, obwohl die Habsburger schon vor 50, 60 Jahre in Wien zum Teufel gejagt worden waren, aber für meine Großeltern war der Kaiser halt immer noch der Kaiser, ob zum Teufel gejagt oder nicht, treue Untertanen eben, sowas gibt’s heute nicht mehr.) Mein Großvater liebte die Rahm-Palatschinken heiß und innig, und wir Kinder ebenfalls. Jenseits der mächtigen, kalorischen Süße liegt der Reiz dieses Gerichts in dem Zusammenspiel von leicht säuerlichem, fluffigem Topfen, aromatisiert mit Rum, Zitronen-Abrieb und Rosinen eingewickelt in nussige Palatschinken und dem vanillig-sahnigen Guss darüber.
Zutaten:
Für die Palatschinken:
- 50 g Butter
- 250 g Mehl
- 75 g Zucker (knapp 4 gehäufte Essl.)
- 1 Prise Salz
- 1 Ei, 2 Eigelb
- Ca. ½ l Milch*
- Ein Schuss möglichst stark sprudelndes Mineralwasser
- Neutrales Öl zum backen
Für die Topfenfüllung:
- 75 g weiche Butter
- 100 g Zucker
- 2 Eier
- 250 g magerer Topfen
- Abgeriebene Schale von ½ Zitrone
- 100 ml Sahne
- 40 g Semmelbrösel**
- 50 bis 100 g Rumrosinen***
- 1 Prise Salz
Für den Sahneguss:
- ½ Liter Sahne
- Mark von 1 fetten Vanilleschote, besser von 2
- 100 g Zucker
- 4 Eier
- Evtl. Butterflöckchen
- Flüssige Butter und Semmelbrösel für die Auflaufform
Zubereitung:
- 50 g Butter in einer Pfanne bei guter Hitze (8 von 9) schmelzen und unter ständiger Beobachtung leicht bräunen lassen (sog. Nussbutter, ihr Geschmack erinnert dann tatsächlich an Haselnüsse), aber Obacht, zwischen gebräunter Butter und verbrannter Butter liegen oft nur Sekunden (und daran denken, dass die Pfanne auch vom Feuer genommen noch nachheizt, also bereits kurz vor der finalen Bräunung vom Feuer nehmen).
- Mehl mit Zucker und Salz vermischen
- 1 Ei und 2 Eigelb und ca. 2/3 der Milch dazugeben, alles gut verquirlen
- Nussbutter dazugeben und weiter rühren
- Der Teig soll eine Konsistenz etwas dicker als Sahne haben, ggf. noch etwas mehr Milch (oder Mehl) dazugeben
- Teig wenigstens 30 Minuten stehen und quellen lassen
- Nach dem Quellen ist der Teig etwas dickflüssiger als zuvor, jetzt vorsichtig löffelweise stark sprudelndes Mineralwasser dazugeben und unterrühren, um den Teig wieder auf die ursprüngliche Konsistenz etwas dickflüssiger als Sahne zu bekommen
- Eine Pfanne gut erhitzen (8 von 9), dünn mit neutralem Öl einpinseln
- Einen kleinen Schöpflöffel Teig in die heiße Pfanne geben, Pfanne aus dem Handgelenk drehen, so dass sich der Teig rasch auf dem gesamten Pfannenboden verteilt (wenn sich nach dem raschen Verteilen des Teigs noch flüssiger Teig auf der Oberfläche befindet, war’s zu viel Teig und es wird keinen Palatschinken ergeben, sondern max. einen dicken Pfannkuchen)
- Wenn der Teig auf der Unterseite leicht bräunt, wenden und die andere Seite ebenfalls leicht bräunen
- Palatschinken aus der Pfanne nehmen, auf einen Teller legen
- Mit dem restlichen Teig ebenso verfahren, bis man 6 bis 8 Palatschinken auf dem Teller gestapelt hat
- Für die Füllung 75 g weiche Butter, 100 g Zucker und 2 Eigelb sehr schaumig schlagen (dazu getrost den Schlagkessel für den Palatschinkenteig weiterverwenden, die paar Teigreste stören nicht)
- Topfen, Sahne, Zitronenabrieb und Semmelbrösel dazugeben und alles gut verrühren
- Zum Schluss die Rumrosinen vorsichtig unterheben, zusätzlich ein paar Löffelchen von dem Rum dazu schaden nie
- 2 Eiweiß mit 1 Prise Salz sehr steif schlagen, in zwei Portionen vorsichtig mit einem Spatel (nicht mit einem Rührgerät!) unter die Topfenmasse heben und sacht einarbeiten
- Backofen auf 200 Grad (Unter- und Ober-Hitze) vorheizen
- Eine Auflaufform (am besten rechteckig, nicht rund, etwa so breit wie ein zusammengerollter Palatschinken) dick mit flüssiger Butter einstreichen (auch die Ränder), 2 Essl. Semmelbrösel darauf geben und die Brösel durch sanftes Schwenken in der ganzen Form verteilen; überschüssige Brösel vorsichtig wieder herausschütten
- 3 bis 4 Essl. Topfenfüllung auf einen Palatschinken geben, 2/3 der Oberfläche damit bestreichen, an einer Seite einen Rand lassen; Palatschinken in Richtung des Rands aufrollen (es ist natürlich, wenn dabei ein wenig der Füllung links und rechts raussuppt)
- Zusammengerollten Palatschinken mit der „Naht“ nach unten in die Auflaufform legen
- Vorgang wiederholen, bis alle Palatschinken aufgebraucht sind und/oder die Form voll ist (man kann bei Bedarf die Palatschinken in der Form auch noch ein wenig zusammenschieben, damit mehr hineinpassen)
- Für den Guss Sahne, 100 g Zucker, Vanillemark und Eier gut versprudeln (eigentlich eine klassische Sauce Royal, nur nicht zur Rose abgezogen) (auch dazu wieder getrost denselben Schlagkessel verwenden)
- Sauce über die Palatschinken in der Auflaufform gießen, nach Wunsch auch noch ein paar Butterflöckchen darauf verteilen, damit’s besser bräunt, muss aber nicht sein
- Alles im Backofen auf der mittleren Schiene ca. 30 Minuten backen, nach 20 Minuten Backzeit kontrollieren, ob unten oder oben evtl. etwas anbrennt, dann die Form höher oder tiefer setzen
- Die Rahm-Palatschinken sind fertig, wenn sie unten und oben leicht gebräunt sind und die Füllung fluffig-fest, so dass sie nicht mehr läuft
- Nach Wunsch noch mit Puderzucker bestäuben, auftragen, bei Tisch verteilen. Bitte nicht erwarten, dass sich jeder Palatschinken vollständig separat aus der Form heben lässt, das wird eher ein Gemetzel am Teigheber, tut aber dem Geschmack und der Konsistenz keinen Abbruch
* Die Milch-Menge hängt letztendlich von der Beschaffenheit des verwendeten Mehls ab und kann variieren. Der fertige Palatschinken-Teig sollte dünnflüssiger als Pfannkuchen-Teig sein. Wichtig ist, dass er eine Konsistenz hat, bei der man einen Schöpfer Teig in die geölte, gut heiße Pfanne gibt, die Pfanne sodann ein-, zweimal aus dem Handgelenk rundum schwenkt, so dass der gesamte Pfannenboden dünn mit dem Teig bedeckt ist. Ist der Teig zu dickflüssig, zerläuft er nur zäh, man braucht viel Teig, bis der Pfannenboden bedeckt ist, und das ergibt dann einen dicken Pfannkuchen (was ja auch nichts Schlechtes ist), aber eben keinen dünnen Palatschinken. Ist der Teig zu dünnflüssig, verläuft er rasch auf dem Pfannenboden, und man erhält einen zu dünnen Teigfladen, der spätestens beim Versuch, ihn zu wenden reißt.
** Die Semmelbrösel dienen der geschmacksneutralen Bindung der Topfenmasse, damit die Füllung später halbwegs fest-gestockt ist. Manche Rezepte empfehlen hier einfach ein Beutelchen Vanille-Pudding-Pulver, was diesen Zweck zwar auch trefflich erfüllt, aber gleichzeitig seinen penetranten Geschmack von künstlichen Aromen mitbringt, und das wäre schade.
*** Rosinen wenigstens 1 Stunde vor der Verwendung in Rum (54% oder Strohrum, ich mag den Geschmack von Strohrum zum Backen) einlegen. Aber 1 Stunde reicht nicht für „richtige“, komplett mit Rum vollgesogene Rosinen, deshalb habe ich immer ein mittelgroßes Einmachglas mit Rosinen in Rum im Kühlschrank, dort halten sie sich sehr lange, eine Art Rumtopf nur mit Rosinen. So habe ich immer richtig „rummige“ Rosinen zum Backen zur Hand. Wenn Kinder oder Alkoholkranke mitessen, sollte man tunlichst auf die Rumrosinen verzichten