Nein, das ist nicht die Fleischtheke einer Metzgerei …

… das ist die „Speisekarte“ des Restaurants Sciacca in St. Julians, ein zweites Sciacca gibt es in Valletta drinnen. Eigentlich ist Noel Zammit Schreiner, er hat in Malta viel für Deutsche Firmen produziert, vor allem Stühle in großen Stückzahlen. Aber seine eine wahre Leidenschaft war und ist noch immer das Planen und Einrichten von Küchen. Und seine andere Leidenschaft sind gute Lebensmittel und gutes Essen. Also beteiligte er sich vor Jahren als stiller Partner an einem Fischrestaurant in Valletta. Als die Gaststätte in Schieflage geriet und der Eigentümer sich recht unrühmlich absetzte, sprang Noel – geboren an einem 26.12., daher der Name – ein, übernahm das komplette Restaurant und brachte es erfolgreich wieder auf Kurs, danach übernahm er mit dem selben Konzept ein weiteres Fischrestaurant an der berühmt-berüchtigten Partymeile von St. Julians, einen Steinwurf vom Meer entfernt. Noel Zammit selber war niemals ein Koch, wie er sofort betont, das Kochen hat er immer Profis überlassen, zuhause, da kochen er und seine Frau schon oft und gerne, auch viel für private Gäste, aber in seine Restaurants lässt er konsequent die Finger von den Töpfen und Pfannen. Jedoch um die Einrichtung seiner Restaurants und vor allem um die Auswahl der besten Lebensmittel für seine Küchen, darum hat er sich immer selber gekümmert und tut es bis heute. Und daneben betreibt er noch diverse Schreiner-Aktivitäten, quasi als finanzielles Back-Up. Das entspannt. In seinen Lokalen zieht Noel kompromisslos „sein Ding“ durch und setzt seine Konzepte und Ideen konsequent um. „Um wenn es schief geht, dann schließe ich halt, ich bin finanziell nicht auf die Restaurants angewiesen, aber sie machen Spaß.“ 15 Jahre erfolgreicher Restaurant-Patron beweisen, dass „sein Ding“ offensichtlich das Richtige ist. „Aber Fisch ist für einen Restaurant-Betreiber undankbar, wenn man ihn in perfekter Qualität anbieten will.“, sagt Noel. „Wir haben zwar viel frischen Fisch in Malta,“ (auch so ein Ding, das ich erst lernen musste: gleichwohl Malta eine Insel ist (genau genommen sind es acht Inseln), spricht man hier von „in Malta“ nicht „on Malta“, ebenso wie man sagt „in Deutschland (dem entgegen aber „auf Sylt“), denn Malta versteht sich weniger als Insel, „auf“ der man ist, als vielmehr als Staat, „in“ dem man ist: ganz wichtige grammatikalische Kleinigkeit, auf die die Einheimischen jedoch sehr achten),  „aber erstens ist der Fang jeden Tag unterschiedlich, ebenso die Qualität. Und man weiß am Morgen am Hafen nie, wie der Tag laufen wird, wie viel Fisch man tatsächlich frisch für den Tag kaufen muss. Daher blutet einem zweitens immer das Herz: entweder, man wirft einen Tag alten Fisch weg und kauft frischen, oder man serviert seinen Gästen alten Fisch, und beides ist sehr, sehr schlimm für mich als Restaurantbetreiber.“

Daher verfiel er vor drei Jahren auf die Idee, komplett auf Fleisch umzusteigen, das ist geduldiger in der Vorratshaltung. Zuerst baute er das Restaurant in Valletta um, in der Mitte des Raumes eine große Fleischtheke, dahinter eine offene Küche mit viel offenem Feuer. Natürlich Küche als auch Restauranteinrichtung wurden von Noel entworfen und umgesetzt. Nachdem das Konzept in Valletta aufgegangen war baute er auch sein Restaurant in St. Julians zu einem (fast) reinen Fleischrestaurant um, vergangenen August war die Eröffnung. Neben der wuchtigen Fleischtheke direkt neben dem Eingang – auch von der Straße gut und lecker sichtbar – dominieren eine lange Bar mit ziemlich vielen Spirituosen – darunter sehr viele rare Single Malts – und ein großer, begehbarer, ebenfalls von Noel entworfener gläserner Weinkühlschrank den Raum, im Keller baut er gerade eine Zigarren-Lounge aus; leider gibt es keinen Freisitz, nur ein paar Tischlein an der lauten, Abgas-stinkigen Straße vor dem Haus. Speisekarte gibt es auch keine, bzw. die Fleischtheke ist die Speisekarte, aus der man sich ein Stück aussucht, das Stück wird gewogen, der Endpreis genannt, und dann sagt man noch einem der beiden Köche, wie man das Fleisch zubereitet haben möchte. Neben den herrlichsten Cuts von Rindern aus aller Welt – Schottland, Irland, Uruguay, Imperial-Amerika – bietet die Vitrine Milchlamm, Maltesische und Sizilianische Würste, dazu einige eher verschüchterte Garnelen, Muscheln und Austern, in einem Aquarium noch ein paar lebende fette Hummer. Aber das beste Rindfleisch überhaupt, das beste Rindfleisch der Welt, das kauft Noel selber in Spanien ein, genauer in Galizien, und er gerät in’s Schwärmen, wenn er von diesem Fleisch spricht; ich nehme an, er meint das legendäre Txogitxu mit seiner dicken, fast gelben Fettschicht, und ich frage mich zugleich, das wievielte „beste Rindfleisch der Welt“ das nun schon wieder sein mag. In Valletta unterhält er einen eigenen großen Raum zum dry agen des Fleisches, und alles, was in der Vitrine liegt, sieht nahezu perfekt aus. Die Beilagen – gegrilltes Gemüse, home made fries, Kartoffeln, Pilzsauce, keine Salate – zählt die Bedienung ebenfalls ohne Speisekarte rasch noch am Tisch auf, die Beilagen sind bereits im Preis des Fleisches inkludiert, viel gibt es ohnehin nicht, noch nicht einmal einen Salat (JA!), aber es geht ja auch um das Fleisch. Und das ist perfekt auf den Punkt gebraten, geschmackvoll, zart, je nach Stück auf der Zunge zergehend oder mit deutlichem Biss, aber immer eine Geschmackssensation. Wem nach Nachtisch verlangt, dem werden – wieder ohne Speisekarte – auf einem kleinen Tablett noch ein paar süße Torten und Cremespeisen offeriert. Die jungen Bedienungen sind unter der unablässigen Aufsicht des Restaurantchefs flott, freundlich, kompetent, auch Noels beide Kinder arbeiten hier in der Saison als Bedienungen, zu denselben Konditionen wie alle anderen, wie er betont, 10 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche. Respekt. Der begehbare Weinschrank bietet ein Dutzend durchaus trinkbare, wohlfeile maltesische Weine, daneben vor allem Italiener, darunter erfreulich viele Masi, alles zu sehr fairen Preisen. Nur an der Temperierung des Schranks muss Noel noch kräftig arbeiten. Aber ansonsten ist das für Fleischliebhaber die perfekte Location, für Veganer aber der Vorhof zur Hölle.

Sciacca St. Julian’s
Triq Santu Wistin
Paceville
Saint Julian’s
Malta
Tel.: +3 56 (21 33) 13 10
E-mail: paceville@sciaccamalta.com
Internet: www.sciaccamalta.com

Preise: schwer zu sagen, da es keine Speisekarte gibt, sondern es nach Fleischqualität und –gewicht geht, aber zwischen 25 und 40 € bekommt man einen exzellenten Flatschen perfekt gebratenen Fleisches samt Beilagen, von dem man richtig satt wird; will man noch Vor-und Nachspeise dazu, sollte man schon mit 40 bis 60 € pro Person zzgl. Getränke rechnen

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