Man beachte, Mutter fütterte vier Fleischesser mit einem Pfund Schweinefleisch, sprich 125 g pro Nase – etwa die Hälfte des Gewichts, das heutzutage ein ernstzunehmendes Steak hat. Eigentlich war Szegediner ein Sparsamkeits-Essen: 1 Pfund Schweinegoulasch und etwas Saure Sahne mussten dazu gekauft werden, den Rest hatten wir im Garten oder im Geschäft. Nach dem Szegediner gab’s meist noch Liwanzen oder Pfannkuchen mit (natürlich selbstgemachtem) Gelee, ein geniales und wohlfeiles Mittagessen. |
Zutaten (für vier Personen):
- 250 g Zwiebeln
- 500 g mageres Schweinegoulasch
- Evtl. 500 g Suppenfleisch (Querrippe oder Brust) oder Ochsenschwanz*
- Evtl. ca. 300 ml Fleischbrühe*
- 2 Gemüsebrühwürfel
- 2 Eßl. Butter- oder Schweineschmalz**
- 300 g Sauerkraut
- ½ Apfel
- 300 g fest kochende Kartoffeln
- 2 Lorbeerblätter
- 5 Wacholderbeeren
- 2 Eßl. Paprika edelsüß und 1 Teel. rosenscharf
- Schmand
- Pfeffer (schwarz, aus der Mühle)
- Salz
Zubereitung:
- Zwiebeln klein schneiden, Schweinegoulasch ggf. parieren (Fett und Sehnen wegschneiden)*** und in kleine (Löffel-gerechte) Stücke schneiden
- Butterschmalz in einem breiten Topf erhitzen
- Zwiebeln bei mittlerer Hitze unter Rühren goldgelb anschwitzen, Hitze hochschalten, Fleisch dazu geben, unter Rühren leicht anbräunen****; evtl. Suppenfleisch oder Ochsenschwanz dazu geben und mitbräunen lassen
- Zwiebeln und Fleisch mit ca. 300 ml Wasser (oder Fleischbrühe) ablöschen (Fleisch soll nicht ganz bedeckt sein), aufkochen lassen, mit Lorbeerblättern, Wacholderbeeren, Gemüsebrühwürfeln, zwei Sorten Paprika und Salz würzen, Deckel auflegen, auf kleiner Flamme eher schmoren als kochen lassen, gelegentlich umrühren, evtl. noch etwas Flüssigkeit nachgießen
- Nach ca. 45 Min. Kochdauer Sauerkraut auf einem Sieb abtropfen lassen und ausdrücken, Flüssigkeit auffangen und getrost zur Suppe geben
- Sauerkraut grob hacken (5-6 Mal mit einem großen Messer durchgehen reicht, das Hacken soll nur vermeiden, dass man Spaghetti-lange Sauerkrautfäden auf dem Löffel hat*****) und ebenfalls zur Suppe geben, umrühren, kurz aufkochen lassen, Hitze wieder auf Schmoren reduzieren
- Kartoffeln waschen, schälen, waschen, in mundgerechte Würfel schneiden, 5 Min. nach dem Sauerkraut ebenfalls in die Suppe geben
- Wenn die Kartoffeln knackig-weich****** sind (ca. nach 20 Min.) Suppe auftragen, auf jeden Teller kommt – nach Geschmack – ein ordentlicher Klacks Schmand
* Die Verwendung von Fleischbrühe und/oder das Mitkochen von Suppenfleisch bzw. Ochsenschwanz macht das Gericht kräftiger vom Geschmack her. Früher war man dünne Süppchen aus wenig Fleisch geschmacklich gewohnt, heute sind auch jenseits der Consommé generell – auch in der einfacheren Küche – kräftigere Brühen Usus, nicht zuletzt dank Brühwürfel und Glutamat. Im Original basiert das Szegendiner Goulasch geschmacklich auf reichlich Schweineschmalz, einer dünnen Schweinsbrühe mit Gewürzen, Sauerkraut und Schmand. Gerade Schweineschmalz kommt heute geschmacklich oft nicht mehr so an, da ist eine kräftigere Brühe (vom Suppenfleisch oder extra gekochter Rindsuppe) ein probates Mittel, das Goulasch geschmacklich zeitgemäßer und vor allem weniger fett zu machen. It’s up to you … ** „Butter- oder Schweineschmalz“, das klingt wie eine austauschbare kulinarische Marginalie, ist tatsächlich aber ein himmelweiter Unterschied. Schweineschmalz ist kräftig-schweinisch im Geschmack und gibt dem Gericht nochmals einen ganz eigenen bodenständig-traditionell-derben geschmacklichen Kick (den man mögen muss), Butterschmalz hingegen ist wesentlich geschmacksneutraler, zahmer und zeitgemäßer. Ich verwende übrigens Schweineschmalz. *** Wenn man größere Mengen Szegediner Goulasch kocht (ich koche in der Regel immer gleich 10 Liter auf Vorrat und friere ein) und viele Parüren (Fett, Sehnen) beim Zuschneiden des Fleischs anfallen, so werfe ich die in einen Topf mit Wasser, Pfeffer, Lorbeer, Liebstöckel, lasse sie zwei Stunden köcheln und siebe die Brühe dann in’s Goulasch. **** Wenn das Fleisch Wasser zieht und im eigenen Saft köchelt, ist das mieses industriell erzeugtes Fleisch. 1) Metzger dringend wechseln, 2) getrost weiter im eigenen Saft dünsten lassen, bis alle Flüssigkeit verdampft ist, dann noch unter Rühren kurz weiter braten |
***** Noch ein Fakt aus dem Kapitel „Informationen, die ich niemals haben wollte“: Wer jemals Sauerkraut gekotzt hat (Szegediner Goulasch ist eine verdammt gute Sauf-Grundlage) weiß, wie unangenehm lange Sauerkrautfäden nicht nur beim Essen auf dem Löffel, sondern auch im Nachhinein auf dem Rückweg sein können. ****** Durch die Säure des Sauerkrauts werden die Kartoffeln auch bei noch längerem Kochen nicht richtig weich, sondern bleiben knackig. |
Beim Szegediner Goulasch gibt es zwei – unversöhnliche – Glaubensrichtungen: die einen kochen die Kartoffeln (in diesem Falle mehlig kochende) separat als Salzkartoffeln und reichen sie als Beilage zum Szegediner Goulasch, die anderen kochen die Kartoffel (in diesem Falle fest kochende) im Goulasch mit und bekommen so diese unvergleichlich „knackigen“, nichtsdestotrotz aber garen Kartoffeln. Ich hänge der letzteren Schule an, mein Ex-Weib der ersteren – vielleicht hat sie mich desob verlassen. Und dann gibt es noch Natalie aus Sachsen, die hat das Szegediner am liebsten ganz ohne Kartoffeln und isst es lieber mit Böhmischen Hefeklößen.