Spät von einer Reise zurückgekommen, müde, hungrig, Kühlschrank leer, keine Lust, kochenderdings irgendetwas am Herd zu improvisieren, auch keine Lust, nochmal rauszugehen und ein Restaurant zu suchen (es gibt in Augsburg ohnehin kaum noch wenigstens akzeptable Restaurants). Also das Unerhörte, Unmögliche, Unsägliche getan: Lieferando aufgerufen, in der Not frisst der Teufel Fliegen. Schweinebällchen süß-sauer, mich gelüstete plötzlich nach gebackenen Schweinebällchen süß-sauer. Natürlich weiß ich, dass die Süß-Sauer-Soße aus dem ganz großen Plastikbottich stammt, aber sei’s drum. Bei Lieferando den Reiter „Asiatisch“ gewählt, beim erstbesten Anbieter (ich kenne die alle nicht, da ich so gut wie nie bei Lieferando bestelle, und die Asiaten, zu denen ich gelegentlich mal gehe, sind alle nicht bei Lieferando, was ja nur für diese Restaurants spricht) gebackene Schweinefleischbällchen gesucht: Fehlanzeige, er bietet gar kein Schweinefleisch ein, auch keinen gebratenen Reis mit Schweinefleisch oder sonst was. Nächsten Lieferanten angeklickt, keinerlei Schweinefleischgerichte, dritter Lieferant, wieder Fehlanzeige, undsoweiterundsofort. Ich habe dann interessehalber alle Lieferando-Asiaten in Augsburg durchgeklickt, von den Dutzenden, die es da gibt, bieten exakt noch drei überhaupt Schweinefleisch-Gerichte an, allerdings keiner von ihnen gebackenen Schweinebällchen süß-sauer, leider. Stattdessen Tofu-Scheiß, vegane Bowls, Pute und so’n Zeugs. Früher waren Gerichte wie Bratreis oder -nudeln mit wahlweise Huhn, Schwein, Rind, Ente oder Garnelen Standard, heute ist die schweinische Version verschwunden, dafür gibt’s irgendwas vegetarisches. Dabei ist Schwein in vielen – nicht allen – asiatischen Küchen hochgeschätzt und wird in genialen Zubereitungsarten angeboten, man denke nur an den glasierten Schweinebauch.
Woran mag es also liegen, dass fast alle chinesischen Lieferbuden in Augsburg quasi mit einem Male das Schwein von ihren Lieferkarten verbannt haben? Liegt es an den Essgewohnheiten der durchschnittlichen deutschen Lieferando-Besteller, die Schwein nicht mehr mögen? Unwahrscheinlich, wenn man sich die Schweinshaxen-Seligen Menschen in den Biergärten anschaut. Liegt es an der legendären asiatischen Gastfreundschaft, die auch auf die Halal- und Koscher-Bedürfnisse ihrer potentiellen Kunden in vorauseilendem Gehorsam Rücksicht nehmen? Liegt es an neuerdings radikal veränderten asiatischen Essgewohnheiten, die mit einem Male kein Schwein mehr mögen? Man weiß es nicht, man kann nur munkeln. Oder liegt es etwa an den Besitzverhältnissen dieser angeblichen typisch asiatischen Lieferdienste?