Herr Friedrich Gin: Überflüssiges aus Tirol

Seit Anfang des Jahres gibt es nun auch einen Tiroler Gin, Herr Friedrich genannt, nicht zu verwechseln mit Friedrichs Gin aus dem Hause Hardenberg, sondern hergestellt – wahrlich etwas ungewöhnlich – vom Hause Therese Mölk, einer Österreichischen Groß-Bäckerei aus Völs mit verkaufswirksamem Bio- und Sozio-Anstrich, die ihre Produkte vorwiegend über 150 Backshops in Supermarkt-Ketten in ganz Nordtirol vertreibt. Die Großbäckerei befindet sich im Besitz der Österreichischen Discounterkette MPREIS mit über 5.500 Mitarbeitern und fast 1 Milliarde EURO Umsatz.  Handwerklicher Familienbetrieb geht offensichtlich irgendwie anders, aber vielleicht ziert man sich gerade deswegen mit  allerlei laut (und werbewirksam) hinausposauntem Gutmenschen-Lari-Fari, der seit Anfang des Jahres um zwei weitere Guru-Guru-Projekte reicher ist: statt nicht mehr ganz frisches Brot an Bedürftige zu verteilen (oder erst gar nicht zu viel zu produzieren) stellt man bei der Großbäckerei Therese Mölk jetzt Ale-Bier und eben jenen besagten Tiroler Gin her, in dem man die gebackenen Kohlehydrate  weiter zu Alkohol vergärt. Nur um die Relationen zu klären: um eine Flasche zu 0,5 Liter Gin mit 40% Alkohol-Gehalt herzustellen, bedarf  es lt. Angaben der Bäckerei Therese Möck 2,5 kg Brot. In der Alten Brennerei in Hille – einer ganz normalen x-beliebigen Dorfbrennerei – gewinnt man die nämliche Menge Schnaps – einen halben Liter mit 40% Alkoholgehalt – aus gut 50 g Weizenschrot, und das, ohne den Weizen vorher noch aufwendig und energieintensiv zu einem anderen Lebensmittel verarbeitet zu haben. Dieser Gin, der als Gutmenschenprojekt daherkommt, ist vom Ressourcenverbrauch – man sollte besser von Ressourcenverschwendung sprechen – schon mal ein Monster.

Nun gut, manche leckeren Sachen sind vom Ressourcenverbrauch her ebenso monströs, nicht nur Foie Gras, eigentlich die gesamte Fleischproduktion, oder Zuchtkaviar, das sind alles keine natürlichen Umweltengel. Aber sie kommen zumindest nicht im geheuchelten Öko-Kostüm daher. Wendet man sich mit Tacitus sine ira et studio allein dem Gin und seinen produktseitigen Qualitäten zu, so kommt bei allem sine ira auch nichts viel Besseres dabei heraus. Von Grundton etwas muffig (aber eiskalt geht das dann wieder), Zitrone überdeckt den Wachholder, ansonsten bleibt das Gebräu für mich geschmacklich diffus, für einen Martini eignet es sich definitiv nicht, vielleicht noch als Tonic. Aber für 50 EURO den Liter ist das alles viel zu teuer, als dass man es wieder kaufen würde, ganz abgesehen von dem ökologischen Wahnsinn, der marketingwirksam als Gutmenschentum verpackt hier betrieben wird. Dabei hat Österreich doch durchaus leckere Gins zu bieten, vielleicht nicht gerade die omni-präsenten Blue Gin und Wien Gin, aber der Keckeis oder der O-Gin, für den der’s kräftiger mag auch der Alpin Gin, das sind doch alles sehr leckere, vorzeigbare Getränke.

Bei allem Ärger, umso besser das ebenfalls vor Ort erstandene Kochbuch – eigentlich mehr die Bildband-Hommage an Osttirol mit einigen Texten und Rezepten – „Wie schmeckt Osttirol?“ von Inge Prader. An anderer Stelle mehr dazu.

Teile diesen Beitrag:

One comment

  1. Monika

    Zudem dass mir nicht klar ist, warum sich dieses Gesöff Gin nennen darf; mit einem Aroma nach Obstler und dem Geschmack von Brennspiritus. Die Queen hatte schon recht als sie die Order erließ, dass Gin nur aus englischem Getreide hergestellt werden darf… Finger weg davon!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top