Goldenrice – kitchen & bar in Augsburg: „Ich hoffe, der, der hier die Klos putzt, putzt nicht auch die Küche!“

Summa summarum: recht hübsch in asiatischem Stil hergerichteter ehemaliger Wienerwald mit schlechtem, zeitweise aber bemühtem Service, allerwelts asiatischer Speisekarte wie beim Asiamann in der Garküche um die Ecke, meistens nichts Besonderes, ordentliche, aber nicht herausragende Qualität zu happigen Preisen, insgesamt sehr, sehr viel Potential nach oben

Vor ein paar Wochen habe ich hier auf opl.guide den Treppenwitz gebracht: „Herr Ober, meine Suppe ist kalt.“ – Klar, die habe Sie auch schon vor über einer Stunde bestellt.“. Jetzt hat mich dieser Witz mal wieder selber in der Realität eingeholt, und zwar im neuen Goldenrice – kitchen & bar in der Jakobervorstadt in Augsburg, Lechhauser Straße Ecke Johannes-Haag-Straße, in den Räumen des ehemaligen Wienerwalds, dann No-Name-Hähnchenbraterei, dann kurzzeitig Schabefleisch-Bratstation, seit Anfang September eben ein „vietnamesisches Fusionsküche Restaurant“, umgeben von Shisha- und Spielhöllen, Männerkneipen, Bestattungsinstitut, Betriebshof der Stadtwerke, Bier- und Schnapsbars, Spießbratereien, ohne Parkplätze,  aber Bus und Straßenbahn vor dem Haus, innen mit 130 Plätzen recht groß, aber nur ganz wenige Außentische im Sommer, immerhin schräg vis-à-vis vom August in der alten Haag-Villa, vielleicht hat die Jakobervorstadt ja doch noch eine Chance. Von der Inneneinrichtung erinnert nichts mehr an den vormaligen Fast-Food-Charme, hier hat jemand eine Menge Geld in die Hand genommen, um ein ziemlich ordentliches asiatisierendes Lounge-Ambiente zu schaffen, mit Bambus, Naturhölzern, Jalousien, gutem Licht, Grünpflanzen, blanken Tischen, Blumendeko, das alles ist trotz der Größe und Verwinkeltheit nicht ungemütlich, dazu – ganz Amerikanisch – neben der Eingangstür ein kleiner Bar-Bereich mit Theke und absurd niedrigen Kindersesseln. Es soll sogar einen „Barchef“ geben, aber jemand, der den Shaker beim Shaken mit der Hand umklammert (und die Flüssigkeit darinnen wärmt), statt ihn oben und unten zu halten, dem glaube ich erstmal gar nichts. In den Gasträumen hat man den 90er-Mief zwar wegrenoviert, aber nicht so in den Toiletten im Keller; edler schwarzer Schiefer an Boden und Wänden, Putz- und Wasserspuren darauf, es riecht penetrant nach Pisse, das gut gemeinte kleine elektrische Verdampfungsgerät kann niemals dagegen anstinken, vor den Pissoirs eingetrocknete Pisseflecken auf dem Boden, Scheißestriemen in der Kloschüssel, auf der – großen –Herrentoilette ein (1!) Handwaschbecken für 130 Restaurantplätze, dieser heute eigentlich übliche Zettel mit Uhrzeiten und Unterschriftszeile für die regelmäßige Reinigung fehlt hier. Auf den Damentoiletten muss es ähnlich aussehen, Caro kommt später mit der Bemerkung vom Klo: „Ich hoffe, der, der hier die Klos putzt, putzt nicht auch die Küche!“

Caro und ich kommen gegen 20:00 Uhr ohne Reservierung, obwohl der Schuppen gerade seit drei Wochen geöffnet ist und nicht in einer typischen Lauflage liegt, ist er bereits vielleicht halb voll, Respekt. Wir begehren bei einer der sehr zahlreichenschwarz gewandeten, alle mit Funk ausgestatteten Service-Kräfte einen Tisch für Vier, und werden ohne erkennbaren Grund – ganz Amerikanisch – erstmal in die Warteschleife in der Tür-Bar beordert, „Warten Sie an der Bar, ich kümmere mich.“, ist alles, was der schwarz gewandete, mit Funk ausgestattete Asiate zu uns sagt. Schroff. Kein Gruß, kein Bitte, keine Erklärung. Also warten wir in den absurd niedrigen Kindersesseln im zugigen Bar-Bereich neben der Eingangstür. Nach vielleicht fünf Minuten kommt nämlicher  schwarz gewandete, mit Funk ausgestattete Asiate und sagt „Kommen Sie mit.“ Wieder kein Gruß, wieder keine Bitte, eher Kasernenton. Schließlich stehen wir vor mehr als einem Dutzend unbesetzter, eingedeckter Tische im hinteren Restaurant-Teil, der schwarz gewandete, mit Funk ausgestattete Asiate blickt sich kurz um und weist dann wahllos auf einen der Tische „Der hier.“ Und warum konnte er uns nicht sofort zu diesem Tisch führen, warum mussten wir in die Warteschleife? Ganz Amerikanisch halt. Die Speisekarte ist für ein Restaurant sehr groß, 14 Vorspeisen, 11 Rolls, 7 Teigtaschen, 4 Salate, 13 Suppen, 13 Wok-Gerichte (angeblich sogar mit Simmentaler Rind), 5 Currys (ja, ja, man kennt sie ja, diese typischen vietnamesischen Currys), 4 Grillgerichte, 3 mal Fisch, 6 Desserts, das sieht von der Menge her erstmal nicht anders aus als beim Asiamann in seiner Garküche – bis auf die Preise, die sind mit 4 bis 16 EURO für eine Vorspeise und 11 bis 26 EURO für eine Hauptspeise nicht Garküchen-typisch. Ein „signature dish“, ein oder mehrere typische Gerichte, die dieses Restaurant distinktiv kennzeichnen würden, gibt es nicht, für uns ist das eine ganz normale Allerwelts-Asia-Speisekarte, noch nicht einmal wirklich typisch Vietnamesisch, wie man sie überall zwischen Los Angeles und Dubai, zwischen Glasgow und Cape Town findet, das Modewort „Fusionsküche“ umschreibt hier wohl ein anderes Mal nichts weiteres als gesichtsloses wildes Mischmasch. Allein erwähnenswert vielleicht noch die vielen angeblich hausgemachten Softdrinks, Malventee mit Pfefferminze und so, die sind echt lecker.

Um 20:00 Uhr sind wir gekommen, um 20:20 bestellen wir beim schwarz gewandeten, mit Funk ausgestatteten Asiaten, der sich zwischenzeitlich sogar ein Lächeln abringen kann, um 21:21 werden die Vorspeisen serviert, und das bei einem halbvollen Restaurant. Die gerösteten Garnelen sind unspektakuläre gebratene Zuchtware, in Sesam gerollt, die avisierte Frühlingszwiebel beschränkt sich auf ein (1!) Stückchen, die „Cilantro Mayonnaise“ (Cilantro = echter Koriander) ist sicher aus der Flasche, schmeckt angenehm scharf und Null nach Koriander, ach ja, und die Garnelen sind kalt. Die Beef Rolls sind schwach gewürztes, krümeliges Rinderhack in Reispapier mit Grünzeugs (ach ja, und kalt …), und die Chicken Noodle Soup, da habe ich schon Tütensuppen gegessen, die mehr nach Huhn schmeckten. Die Hauptgerichte kommen dann deutlich schneller (und sogar warm), stellen Sie sich Curry mit knuspriger Ente, Huhn mit Cashewnüssen aus dem Wok, knusprige Ente mit Bratreis und Knusprige Ente mit Ingewersauce einfach so vor, wie beim ordentlichen Asiamann in einer offenen Garküche, alles ordentlich, alles irgendwie Ingwer-Chili-Koriander-Curry-Glutamat-Einheits-Asiatisch, knackige Gemüse, mageres, kurz gebratenes Fleisch, kleine Sößchen aus dem Eimerchen, das ist alles nicht anders in Golden Rice in der Jakobervorstadt, allein das medium-rare gebratene Rinderfilet (zäh) mit  Tempura-Gemüse, drei lauwarmen Jakobsmuscheln, belanglosen Süßkartoffel-Frittes und ein paar Soßenschmierereien sind nicht Garküchen-Niveau,  auch das Ambiente ist vielleicht deutlich angenehmer als in der Garküche, aber dafür sind die Preise auch wenigstens doppelt so hoch, 150 EURO für vier Personen mit je einer Vor- und einer Hauptspeise und keinen Champagner, das ist  nicht mehr preiswert; nicht, dass ich für gutes Essen nicht gerne gutes Geld ausgeben würde, aber für durchschnittliches Essen mit schlechtem Service möchte ich dann bitte auch nur durchschnittliches Geld ausgeben.

Bleibt für mich die Frage, woher so ein großes Restaurant quasi aus dem Nichts kommen kann. 130 Plätze, stylisch renoviert, ziemlich gute PR-Arbeit in den sozialen Medien, 13 Mitarbeiter aus dem Stand, da muss Geld dahinter sein, das stemmt kein normaler Wirt aus dem Cashflow mit einem kleinen Bankdarlehn. Unter Golden Rice findet sich jedenfalls kein Franchise Unternehmen, auch keine weiteren, verbundenen Restaurants, und der Geschäftsführer Duy Tan ist ein medial ebenfalls unbeschriebenes Blatt. Aber das sind neugierige Spekulationen. Bleibt zu hoffen, dass Service und Küche besser werden im Golden Rice, dass dies alles nur Kinderkrankheiten waren, dann nämlich könnte das Golden Rice durchaus ein asiatischen Pendant zum Schlachthof werden, und das wäre schön für die Jakobervorstadt.

 

Goldenrice – kitchen & bar
Vertreten durch Viet Lai
Geschäftsführer Duy Tan
Johannes-Haag-Strasse 1
86153 Augsburg
Tel: +49 (8 21) 29 74 97 23
Email: info@goldenrice-kitchen.de
Online: www.goldenrice-kitchen.de

Hauptgerichte von 9,90 € (große Tofu-Nudel-Suppe) bis 25,90 € (Surf&Turf aus Rinderfilet und Jakobsmuschelspieß), Drei-Gänge-Menue von 18,60 € bis 47,70 €

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