Gasthof Gentner: gemütlicher Landgasthof mit nicht durchweg erfolgreich bemühter Küche

Summa summarum: freundliche, gastliche Menschen in einem gemütlichen, authentischen, unaufgeregtem Landgasthaus mit einfachen, hübschen Zimmern und mit sehr ambitionierter, technisch gekonnter Küche mit bewusst sehr kleiner, bodenständiger Speisekarte ohne Spinnereien, mit regionalen, öko/bio Zutaten, aber mit geschmacklich, temperatur- und konsistenz-mäßig wechselndem Erfolg.

Barreis, Bayern, Franken, Gentner, Gnotzheim, Hahnenkamm, Maria Braun-Gentner, Oliver Marschall, slow food, Spielberg, Walburg Gentner

„Bin ich der einzige Gast?“, frage ich doch etwas verunsichert. „Aber nein“ antwortet die Wirtin freundlich, „ein Tisch ist heute Abend noch reserviert. So ist das halt, um diese Jahreszeit unter der Woche auf dem Lande. Aber heute Nacht sind Sie dann tatsächlich alleine im Haus.“ Das Haus, in dem ich alleine sein werde, ist ein alter Gutshof aus dem Jahr 1672 am Fuß des Schlosses Spielberg am Fränkischen Hahnenkamm,  dem östlichen Ausläufer des Frankenjuras, der seit 2004 von den Schwestern Walburga Gentner und Maria Braun-Gentner nach allen Regeln der Denkmalsschutz-Kunst renoviert wurde. Heute präsentiert sich das komplett in gelb-orange gestrichene Anwesen mit Gast- und Wohnhaus, Wirtschaftsgebäuden, Scheunen und Sudhaus der längst geschlossenen eigenen Brauerei als properes Landgasthaus mit Gärten, schönem Innenhof mit Biertischen und eigenen Veranstaltungsfascilitäten in nämlichem Sudhause. Die Türen knarzen beim Betreten des Gebäudes, ebenso später die alten Holztreppen – hier möchte ich bei einem Brand wahrhaftig nicht eingeschlossen sein –, es ist kalt und zugig – Winter auf dem Lande: in einem derzeit wenig bewohnten alten Haus, eigentlich ist sowas normal –, nur die Gaststube ist gut geheizt, die Böden sind aus Stein oder Holz, die Mauern dick, die Decken niedrig, die Fenster klein, halbhoch holzvertäfelte Wände, alles ist verwinkelt, historisch gewachsen, teilweise fast schon dysfunktional, rechte Winkel eine Seltenheit … das ist einfach herrlich, in unserem Quadratisch-Praktisch-Gut-Zeitalter, Chapeau für die renovierenden Gentner-Schwestern. Ich fühle mich sofort wohl hier, was zum einen an der Architektur liegt, zum anderen aber an der wirklich herzlichen Begrüßung durch Walburga Gentner. Wann ich frühstücken wolle, fragt mich die Wirtin; wenn ich wirklich der einzige Gast sei, entgegne ich, dann sollten sie doch nur für mich keinen Aufwand betreiben, ich würde am Abend zahlen, mich des Morgens davon stehlen und mir in einer Fränkischen Metzgerei ein zünftiges Frühstück jagen; nein, das komme keinesfalls infrage, entgegnet die Wirtin, Frühstück sei Frühstück, und pünktlich um Siebene werde mir ihre Schwester selbiges servieren, wie viele und welche Art von Brötchen ich denn Wünsche, welche Wurst, welchen Käse, welche Eierspeise, welche Getränke. Walburga Gentner duldet hier keinen Widerspruch gegen ihre Gastfreundschaft und/oder Wirtsehre. Punktum. Ich habe dann auch tatsächlich gefrühstückt, dazu noch sehr gut, etwas einsam zwar, aber sehr gut.

Barreis, Bayern, Franken, Gentner, Gnotzheim, Hahnenkamm, Maria Braun-Gentner, Oliver Marschall, slow food, Spielberg, Walburg Gentner

Die sieben Gastzimmer sind spartanisch eingerichtet, Bett, alter Bauernschrank, alte Bauerntruhe oder Waschtisch, Tischchen, alte oder neue Sessel, keine Schreibtische, kleine Flachbildschirme, zickiges W-LAN, nachträglich eingebaute, funktionale, kleine Dusch-Bäder, kleine Fenster mit weißem Leinengardinen, Leinenbettzeug, Matratzen so lala, wieder knarzende Dielen und Türen mit uralten schmiedeeisernen Schlüsseln (diese Schlösser kann selbst ein Laie mit der Hutnadel knacken – wenn es denn heute noch Hutnadeln gäbe), dazu – das kannte ich auch noch nicht – eine Wandheizung, also unsichtbar in den alten, dicken Wänden verbaute Heizkörper, und irgendwann fängt die ganze Wand an, diffuse, weiche, extrem angenehme Wärme zu verstrahlen. Jedenfalls fühlt man sich wohl hier, fast möchte man von heimelig sprechen, jedes Detail hat hier Liebe und Bedacht, nichts zu viel, nichts Überbordendes, nichts Kitschiges, nichts Billiges, nichts Un-Authentisches: eine kluge, unaufgeregte Innenausstattung, die sich auch in den Gaststuben fortsetzt. Blanke Tische, einfache, aber wertige Wirtshausmöbel, angenehmes Licht, liebevolle kleine Dekorations-Details, ein Kreuz an der Wand, ein mittelgroßer Schanktresen neben dem alten Kachelofen … Träte unvermittelt König Ludwig II samt Gefolge ein in dieses Tableau, frischen Trunk begehrend, außer dem elektrischen Licht würde hier alles noch passen.

Barreis, Bayern, Franken, Gentner, Gnotzheim, Hahnenkamm, Maria Braun-Gentner, Oliver Marschall, slow food, Spielberg, Walburg Gentner

Frischen Trunk, den gibt’s hier z.B. in Form des hauseigenen Bieres, obwohl die eigene Brauerei in den Siebzigern eingestellt wurde, wird das Bier, obergärig, ungefiltert, heute wieder nach dem rekonstruierten Orginalrezept von einer kleinen lokalen Bio-Brauerei im Nachbar-Dorf gebraut, und, bei Gottfried, es schmeckt! Schmecken … das führt zum Essen. Slow-Food, Feinschmecker, Guide Michelin erwähnen lobend die Küche von Oliver Marschall, der im Hotel Barreis in Baiersbronn den Koch-Beruf von der Pike auf erlernt hat, und ganz gewiss ist seine Küche hier im Gentner  professionell, ambitioniert, anspruchsvoll bodenständig,  aber auch ambivalent, die wirklichen kulinarischen Erlebnisse blieben weitgehend aus. Dabei ist die Speisekarte mit weitgehend regionalen bio/öko Zutaten erfrischend klein, eine Suppe, zwei Vorspeisen, vier Hauptspeisen, drei Desserts, Käse, Punktum; an ruhigen Wintertagen ist die Karte sogar noch kleiner: eine Suppe, ein Salat, zwei Hauptgerichte, zwei Desserts, Käse und Schluss. Das muss ja zuerst gar nichts Schlechtes sein. Aber bereits ein paar Bröcklein Vollkornbrot, Walnusskerne und eine Portion Bretonsiche Butter in Alufolie lassen als Gruß aus der Küche vor dem Mahle wenig Rückschlüsse auf die Qualität der Selben zu. Die Petersilienwurzel-Cremesuppe kommt als mehliges, pappiges, geschmackloses Etwas daher, weder die Chilifäden noch das Kräuteröl noch die aufgeweichten Vollkornbrot-Croutons vermögen daran etwas zu ändern, die darinnen befindlichen faserigen, ebenfalls geschmacklosen  Streifen halte ich zuerst für Petersilienwurzel-Späne, bis ich meine Brille aufsetze und wahrnehme dass es sich hierbei um den avisierten Heidenheimer Klosterschinken als Einlage handeln muss. Radicchio, Feldsalat und Chicorée als Wintersalate ok, der marinierte Winterrettich sensationell, ebenso das Essig-Öl-Dressing, die süß-sauer marinierten Kürbiswürfel von wabbliger Konsistenz und schlecht schmeckend, Granatapfelkerne und geröstete Sonnenblumenkerne in homöopathischer Dosis. Konservativ, aber großartig der geschmorter Rinderbug von der Weidefärse als Bœuf à la mode mit einem kurzen, braunen, unendlich kräftigen, extrem leckeren Sößchen (zum Niederknien), die gerösteten Kartoffelnocken dazu für mich nichts weiter als angebräunte – verdächtig identisch ausschauende, wirklich selbst gemacht? – Gnocchi aus der Pfanne, das Pastinakengemüse dazu breiig-mehlig-verkocht-geschmacklos, die Linsen nicht mehr als eine Dekoration.  Keiner der drei Käse von der heimischen Schmalzmühle auf dem Käseteller holt mich wirklich ab, dafür ist das Dessert – hausgemachtes Eis mit einem phantastischen Bitterkompott von Zitrusfrüchten – ausgesprochen gut. Und die verschiedenen hauseigenen Schnäpse verschaffen dann rasch die notwendige Bettschwere, um die Nacht alleine im Haus angstfrei im Tiefschlaf zu überstehen. Ein ähnlich durchwachsenes Bild zeigt sich beim zweiten Besuch auf der Rückreise; zum Glück ist die Gaststube am Wochenende dann deutlich besser gefüllt, und der auf der Haut perfekt glasig gebratene Leinen-Kabeljau Filet mit Silvaner Soße, Kartoffeln und Salat ist wirklich eine Wucht. Also, perfekt gegartes Fleisch und Fisch, und Soßen, die kann er offenbar hervorragend, der Oliver Marschall.

Barreis, Bayern, Franken, Gentner, Gnotzheim, Hahnenkamm, Maria Braun-Gentner, Oliver Marschall, slow food, Spielberg, Walburg Gentner

 

Barreis, Bayern, Franken, Gentner, Gnotzheim, Hahnenkamm, Maria Braun-Gentner, Oliver Marschall, slow food, Spielberg, Walburg Gentner

 

Barreis, Bayern, Franken, Gentner, Gnotzheim, Hahnenkamm, Maria Braun-Gentner, Oliver Marschall, slow food, Spielberg, Walburg Gentner

Gasthof Gentner
Walburga Gentner
Spielberg 1
91728 Gnotzheim
Tel.: +49 (98 33) 98 89 30
Fax +49 (98 33) 9 88 93 33
Internet: www.gasthof-gentner.de
E-Mail: info@gasthof-gentner.de

 

Hauptgerichte von 18,50 € (Kartoffelnocken mit Wintergemüse) bis 21 € (Leinenfang-Kabeljau mit Silvaner Soße), Drei-Gänge-Menue von 32,50 € bis 42,40 €

 

DZ Ü/F 84 € bis 120 € (pro Zimmer, pro Nacht)

 

Das sagen die Anderen:

  • Dehoga-Klassifizierung: ?
  • Guide Michelin (Booktable) Inspektoren: 1 Teller
  • Guide Michelin (Booktable) Gästebewertungen: n.a.
  • Gault Millau: n.a.
  • Gusto: n.a.
  • Schlemmer Atlas: 2 von 5 Kochlöffeln
  • Varta: 1 von 5 Diamanten (Restaurant); Übernachtung n.a.
  • HRS-Klassifizierung: n.a.
  • Booking.com-Klassifizierung: n.a.; Booking.com-Kundenbewertung: 8,8 von 10 (bei 24 Bewertungen)
  • Holidaycheck: n.a.
  • Yelp: 4 von 5 Sternen (bei 4 Bewertungen)
  • Tripadvisor: 4,5 von 5 Punkten (bei 15 Bewertungen)
  • Google: 4,5 von 5 Sternen (bei 15 Bewertungen)
  • Facebook: 4,6 von 5 (bei 7 Bewertungen)
  • Empfohlen vom Slow Food Convivium Altmühlfranken (2014)
Teile diesen Beitrag:

3 Comments

  1. Ralf Lauer

    Bitte nicht immer nur abschreiben! Unter Köchen/Wirten war Orthographie (namentlich französische…) noch nie beliebt, aber Feinschmeckerrezensenten sollten schon von sich aus wissen, dass in Baiersbronn die Familie BAREISS angesiedelt ist. Und die ist ganz und gar nicht französisch!

    • Rechtschreibschwäche: ja, unumwunden eingestanden; Abschreiben: nein, das empfinde ich als persönliche Diskreditierung, ich war immer dort, worüber ich später schreibe … (Nun gut, in Baiersbronn bin ich immer lieber zu Harald Wohlfahrt gegangen.)

Schreibe einen Kommentar zu Ralf Lauer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top