Fondue-Saucen

Silvester ist bei uns traditionelle Fondue-Zeit, ganz banal – man könnte auch ‚traditionell‘ schreiben – Fleisch-Fondue in Öl, also Fondue Bourguignonne.

Fleisch ist eh klar: Filet von Kalb, Rind und Schwein, sonst nix, beim Rind allerdings darf es auch durchaus ein schönes Roastbeef sein. Pute, Huhn, Krokodil, Känguru, Hund, Schlange gehören in kein Fondue, zumindest nicht in meins. Das Fleisch muss von bester Qualität sein, artgerecht in der Region gehalten, natürliches Futter, keine langen Transportwege, vor allem kein wohlfeiler TK-Dreck aus Sonstwo vom Discounter, denn erstens ist es unmoralisch, so brutal gezüchtetes Fleisch zu essen und zweitens taugt’s nichts, weder vom Geschmack noch von der Konsistenz, aber dafür spritz’s drittens beim Braten wie’d Sau wegen des hohen, künstlichen Wassergehalts. Also: hochwertiges regionales Fleisch vom Metzger des Vertrauens.

Als zweites dann das Brot, bevorzugt knuspriges, schwer-luftiges (nur scheinbar ein Gegensatz), frisches Baguette. In der nordhessischen Provinz habe ich endgültig aufgehört, gutes Stangenweißbrot bei hiesigen Bäckern zu suchen, wir backen jetzt selber, Dank Siemens IQ700 Backofen und speziell aus Frankreich geordertem T65 Baguettemehl (und drei Tagen Kalt-Gärung mit regelmäßigem Zusammenschlagen und Falten des Teigs) kein Hexenwerk, arbeitsaufwändig, aber kein Hexenwerk.

Zum Dritten die Frage der kleinen Extras, die eigentlich nicht zum klassischen Fondue Bourguignonne gehören. Kartoffeln zum Beispiel, oder Champignons, Zucchini, Blumenkohl, Brokkoli, … eigentlich jedes Gemüse, das man frisch frittiert mag. Von sehr wasserhaltigen Gemüsen wie Gurken oder Tomaten würde ich allerdings explizit abraten, wer würde denn schon Tomaten frittieren wollen? Harte Gemüse wie Kartoffeln oder Blumenkohl koche ich vorher fast gar und zerteile sie in mundgerechte Stücke. Bei Champignons ist es schön, wenn man kleine Exemplare erwischt, die man ganz in’s Maul stopfen kann (Vorsicht: heiß Du Hirsch!), notfalls muss man die Pilze vorab zerteilen, denn so ein Monster-Zucht-Champignon wird am Stück im Fett niemals gar. Auch wenn es noch so verführerisch klingen mag, von einer Panade, z.B. aus Tempurateig oder Ei mit Bröseln rate ich explizit ab, denn so ein Fondueessen dauert lange, und Teile der Panade lösen sich immer vom Frittiergut, landen im Fett und verkohlen dort langsam vor sich hin, Stichwort karzinogen. Aber man muss Gemüse nicht zwangsläufig mit frittieren, auch eingelegte Silberzwiebeln, Cornichons, wirklich gute Oliven, Pfefferoni … you name it … eignen sich als Beilage zum Fondue.

Dann gibt es zum Vierten – nennen wir es – Randbedingungen: welcher Topf (natürlich gusseisern und schwer), welcher Rechaud (natürlich Gas, nicht diese chronisch schwächelnden Spirituspaste-Brenner, Strom ist zwar praktisch, aber sowas von unromantisch), welches Fett (eigentlich Butterschmalz, Sonnenblumen- oder Maiskeimöl gehen auch, allerdings Gute, ich kaufe kein Fleisch für 60 EURO pro Kilo, um es denn in industriell raffiniertes Fett für 99 Cent pro Liter zu werfen, Butter und Olivenöl verbieten sich von selbst, Schmalz ist nun wirklich sehr speziell, Palmfett kann notfalls eine Alternative sein, Rapsöl mag ich nicht so), welche Fetttemperatur (natürlich 180 Grad, wenn man ein Holzstäbchen in das Fett hält, müssen sich Luftbläschen am Holz bilden), schließlich welche Fonduegabeln, welche Teller, aber da wird’s dann schon arg geschmäcklerisch.

Am wichtigsten sind allerdings zum Fünften die Saucen, und um die geht es hier primär. Ordentliches Fleisch erstehen, parieren, in ca. wallnussgroße Würfel schnippeln (die Fleischbröcklein bloß nicht zu klein machen, dann verbrennt’s nur und wird hart-faserig; zu groß ist auch nicht gut, dann dauert’s ewig, bis die Brocken wenigstens English sind; wallnussgroß (also mit Schale) passt schon ganz gut), die geeigneten Beilagen und das geeignete Equipment beibringen, das allein ist schon aufwändig und teuer, aber die große Kür sind die Saucen. Wenn Sie, verehrter Leser (ich gendere nicht) jetzt anführen, fertige Fondue-Saucen gäbe es doch zuhauf vorgefertigt, abgepackt, trefflich konserviert, vielfältigst und wohlfeil in jedem Supermarkt-Regal, dann sind wir ab jetzt bitte geschiedene Leute.

Also, selbst gemachte Fondue-Saucen. Wir verwenden i.d.R. zwei unterschiedliche Saucenbasen, zum einen eine selbst gemachte Mayonnaise (nein, diese industrielle Pampe aus Gläsern und Tuben geht hier nicht), zum anderen einen Sahnequark (für Puristen darf es auch ein stichfester (!) griechischer Joghurt mit wenigstens 10% Fett sein). Aufgrund dieser beiden Saucenbasen lassen sich problemlos ein Dutzend – oder mehr – unterschiedlicher Saucen mit vertretbarem Arbeitsaufwand und hinreichenden geschmacklichen Differenzierungen zaubern.

Eine Anmerkung noch zu den Mengen: GERING! Der Fondue-Eleve tendiert dazu, wenige große Näpfchen mit großen Mengen weniger Saucen zu produzieren. Falscher Ansatz. Der Reiz eines Fondues liegt in der Vielfalt. Also lieber viele unterschiedliche Saucen in jeweils geringen Mengen, statt wenige Saucen in großen Mengen. Wenn man mit zwei Saucen-Basen – hier Mayonnaise und Quark – arbeitet und diese dann klug abwandelt, ist das kein Problem. Als Faustregel würde ich sagen: 50 bis 150 ml je Saucen-Sorte bei vier Personen. OK, es gibt Saucen – Kräuterquark z.B. – die schnabullieren die hungrigen Gäste vorab mit Baguette einfach weg. Aber das ist nicht der Sinn eines Fondues, sich vorher mit Brot vollzustopfen. Was heißt das für den Gastgeber? Das Fondue muss fertig auf dem Tisch stehen, wenn die Gäste kommen.


Mayonnaise (Grundrezept)

Zutaten:

  • 2 frische Eier
  • 200 bis 300 ml Sonnenblumen- oder Maiskeimöl
  • Weißer Pfeffer aus der Mühle
  • Salz
  • 1 Prise Zucker
  • 1 Spitzer Zitronensaft*

Zubereitung:

  • Eier 4 Minuten kochen,** abschrecken, etwas abkühlen lassen
  • Eier schälen; man kann die Eier entweder komplett in einen hohen Mixbecher geben oder aber nur die Eigelb. Funktionieren tut beides, nur mit Eigelb wird die Mayonnaise allerdings feiner
  • Eier mit dem Mixstab einmal durchmixen
  • Ei und Öl wenigstes 1 Stunde unmittelbar nebeneinander auf die Arbeitsfläche stellen; es ist wichtig, dass beide die absolut gleiche Temperatur haben
  • Ei nochmals kurz mixen, dann unter ständigem Mixen das Öl langsam einlaufen lassen und den Mixstab dabei langsam hochziehen
  • Mayonnaise mit weißem Pfeffer, Salz, Zucker und Zitronensaft sanft würzen, abdecken, kalt stellen

* Jeder Koch-Erfahrene wird an dieser Stelle zumindest Senf und eine Prise Chili oder Cayennepfeffer vermissen. Ganz ruhig, hier stellen wir lediglich die Grundmasse her, die Feinheiten kommen später individuell.

** Eigentlich bereitet man Mayonnaise aus rohem Eigelb zu; ich koche die Eier vorher kurz, um sicher vor Salmonellen zu sein. Nach 4 Minuten ist das Eiweiß noch glibbrig, das Eigelb noch flüssig, aber das Ei sollte hinreichend erwärmt sein, so dass evtl. Bakterien abgetötet sein sollten.


Zweierlei Remoulade – klassisch und leicht

„This could be heaven, this could be hell.” heißt es im „Hotel California” von den Eagels, und das gilt nicht nur für westamerikanische Beherbergungsbetriebe, sondern eben auch ganz besonders für die sauce rémoulade. Dazu eine kleine Geschichte: homeoffice, proppenvoller Terminkalender, proppenvolle To-Do-Liste, gähnend leerer Kühlschrank, gähnend leerer Bauch. Gegen Mittag eiste ich mich los und fuhr in den örtlichen Supermarkt, für den sonst üblichen Einkauf – das bei diesem Metzger, jenes bei jenem Metzger, das bei dem Bauern, jenes bei jenem Gärtner – war bei Leibe keine Zeit, der Supermarkt – eine Filiale der üblichen gehobenen Ketten – ist ganz ok, sticht allerdings dadurch hervor, dass eine örtliche Metzgerei die Fleischtheke innehat, und die sind nun wirklich gut (Metzgerei wie Fleischtheke). In besagter Fleischtheke strahlte mich ein rosa gegartes, saftiges, ganz leicht durchwachsenes Roastbeef vom heimischen Rind an, zehn, zwölf dünne Scheiben davon sollten mich für den Rest des Tages glücklich und satt machen. Dazu eine schnelle Rösti aus zwei Kartoffeln und eine schnelle Remoulade, und der Tag wäre kulinarisch gerettet. Rösti dauern mit Kartoffeln schälen, raspeln, braten auch nur kurze Zeit, aber so eine Remoulade ist schon aufwändig, außerdem für zwei, drei Kleckse Sauce eine Mayonnaise rühren, für je 1,19 EURO eine Päckchen Schnittlauch und ein Päckchen Petersilie erstehen (die Qualität im Discounter ist meist dubios, außerdem von denen ich 90% wegwerfe, weil ich sowieso in den nächsten Tagen nicht mehr zum Kochen komme), da kam der geschiedene Schwabe in mir hoch, das muss doch auch anders gehen, Pragmatismus und Sparwillen Hand in Hand. Zwölf dünne Scheibchen Roastbeef für einen erklecklichen Preis erstanden und dann zum Fertig-Saucen-Regal getapert, irgendwas davon muss doch essbar sein, ein bis drei EURO kosten diese tuben- oder flaschenbewährten Gebinde, sie tragen die Namen vieler bekannter Food-Multis und versprechen auf den Etiketten Frische, Ökologie, Umweltschutz, fair traide, Konservierungsstoffefreiheit, Veganismus, Weltfrieden, bessere Orgasmen, Sponsoring von Fussballdeppen und Negerkinderheilung, you name it. Ich schreibe hier jetzt keine Namen – Ross und Reiter – alldieweil ich weder Lust noch die finanzielle Mittel habe, mich mit solchen Multis juristisch auseinanderzusetzen. Drei von diesen Remouladen aus den Quetschgebinden habe ich gekauft 6,59 EURO haben sie mich insgesamt gekostet, es war nicht möglich, hier mehr Geld auszugeben, das waren schon die teuersten im Discounter-Angebot. To make long story short: Roastbeefscheibe Eins, Sauce Eins: Mülleimer. Roastbeefscheibe Zwei, Sauce Zwei: Mülleimer. Roastbeefscheibe Drei, Sauce Drei: Mülleimer. Für mich war das Zeugs nicht essbar, da könnte ich die Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Bindemittel, Stabilisatoren und künstlichen Aromen auch gleich pur fressen. Das Ende vom Lied war, dass ich die verbliebenen Roastbeefscheiben ohne Sauce aß, jammerschade.

Was lernen wir aus dieser kleinen Geschichte? Remoulade immer selber machen, und wenn das – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich ist, eine Saucen-Alternative suchen, aber keinesfalls aus dem industriellen Quetschgebinde.

Zutaten:

  • 2 gehäufte Essl. Mayonnaise
  • 1 gehäufter Essl. fein gehackte Cornichons
  • 1 gehäufter Essl. fein gehackte Kapern
  • 1 gehäufter Essl. fein gehackte krause Petersilie
  • 1 gehäufter Essl. fein geschnittener Schnittlauch
  • 1 Teel. Senf
  • 2 Spritzer Worcestershiresauce
  • Weißer Pfeffer aus der Mühle
  • Salz
  • 1 kl. Prise Zucker
  • 1 Spitzer Zitronensaft
  • Nach Geschmack: ein Hauch Cayennepfeffer
  • 1 gehäufter Essl. Joghurt*

Zubereitung:

  • Selbst gemachte Mayonnaise in eine Schüssel geben
  • Cornichons kurz lauwarm abspülen, auf Küchenkrepp trocknen, fein hacken (die Cornichons, nicht das Küchenkrepp)
  • Kapern in einem Sieb lauwarm abspülen, von Hand gut ausdrücken** und fein hacken
  • Petersilie und Schnittlauch waschen, trockenschütteln, fein hacken bzw. in feine Röllchen schneiden
  • Jeweils zwei Drittel der Cornichons, Kapern, Petersilie und Schnittlauch zur Mayonnaise geben, mit einem Spatel gut verrühren
  • Mayonnaise mit Senf, Worcestershiresauce, weißem Pfeffer, Salz, Zucker, Zitronensaft und evtl. etwas Cayennepfeffer würzen, alles gut verrühren (nicht mixen! – die Remoulade soll ganz fein stückig bleiben), abschmecken, evtl. nachwürzen
  • Zwei Drittel der fertigen Remoulade in ein Servierschüsselchen geben, abdecken, kaltstellen
  • Zum verbliebenen Drittel der Remoulade einen Essl. Jogurt geben
  • Restliche gehackte Cornichons, Kapern, Petersilie und Schnittlauch dazugeben, alles verrühren, abschmecken***
  • Nochmals mit Senf, Worcestershiresauce, weißem Pfeffer, Salz, Zucker, Zitronensaft und evtl. etwas Cayennepfeffer würzen, alles gut verrühren (nicht mixen!), abschmecken, evtl. nachwürzen
  • Leichte Remoulade in ein Servierschüsselchen geben abdecken, kaltstellen

* Welcher Jogurt, ist hier Geschmackssache. Puristen können durchaus einen Magerjogurt mit 1,5% Fett oder weniger nehmen, dann wird die Jogurt-Remoulade sehr leicht, aber auch flüssig und säuerlich; ich verwende i.d.R. stichfesten griechischen Jogurt mit 10% Fett.

** Kapern sind – ebenso wie die Cornichons – in Essigsud eingelegt (oder in Salz konserviert, aber das ist nochmals eine andere Geschichte), wodurch sie ihre Haltbarkeit und eben typische Säuerlichkeit erhalten. Bei Kapern hat sich diese saure Tunke tief in’s Innere der Früchte gezogen, und die macht jedes Gericht unweigerlich über Gebühr sauer. Daher spüle ich die Kapern ausführlich lauwarm ab und presse die Flüssigkeit danach mit den Händen aus den Früchten, um den Kapern ihre Sauerheit / Säuerlichkeit (???) zu nehmen und vor allem Kapern-Geschmack zu behalten.

*** Würde man alle Zutaten zu 100% gleich in die Basis-Remoulade geben, so erhielte man hier dann nur eine verdünnte Remoulade. Durch die Aufteilung enthalten beide Remouladen – klassische und leichte – in etwa gleich viel Cornichons, Kapern, Petersilie und Schnittlauch.

In eine „klassische“ Remoulade gehören bei Bocuse, Escoffier, Roux & Co. auch noch Kerbel, Estragon und eine zerriebene Sardelle bzw. Sardellenwasser, außerdem die doppelte Menge an Cornichons gegenüber den Kapern. Ich habe mir erlaubt, mein Rezept hier abzuändern, den ich mag weder Estragon noch Kerbel noch Sardellen, dafür liebe ich Kapern.


Safran-Mayonnaise

Safran-Mayonnaise polarisiert, entweder man liebt sie oder man hasst sie, tertium non datur. Erfahrungsgemäß hassen sie die meisten Leute. Deshalb bereite ich meist nur eine kleine Menge davon zu. Außerdem ist Safran teuer, die Preise liegen zwischen 2.500 und über 12.000 EURO pro Kilo (keine Sorge, 0,1 Gramm reichen für eine ordentliche Safran-Mayonnaise). Iran ist der weltgrößte Safranproduzent, ich bevorzuge allerdings Deutschen oder Schweizerischen. Und ich bevorzuge Safranfäden statt Safranpulver, da sieht man, was man hat, nämlich ausschließlich getrocknete Krokusnarben und nicht vielleicht geschredderte CDs.

Zutaten:

  • 1 Döschen Safranfäden (0,1 g)
  • 1 Essl. lauwarmes Wasser
  • 1 gehäufter Essl. Mayonnaise
  • Evtl. Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle, Zucker, Zitronensaft

Zubereitung:

  • Safranfäden in sehr wenig lauwarmem Wasser in einem Mörser einweichen, 1 oder 2 Stunden ziehen lassen
  • Eingeweichte Safranfäden im Einweichwasser zermörsern
  • Selbst gemachte Mayonnaise in den Mörser geben, gut mit dem Safran verrühren
  • Nach Geschmack mit etwas Salz, Pfeffer, Zucker und/oder Zitronensaft abschmecken*

* Von Brachial-Gewürzen wie Cayenne, Worcestershiresauce, Senf, Tabasco usw. würde ich hier dringend abraten, es geht allein um den zarten Safran-Geschmack.


Cocktailsauce

Ich merke schon, bei dem Wort „Cocktailsauce“ rümpfen die meisten die Nase, das ist doch dieses Konservierungsmittel-schwangere rosa-beige Zeugs aus der Flasche oder dem Eimer vom Groß- oder Supermarkt, das auf großen Buffets und in dubiosen Speisen sein unheilvolles Unwesen treibt, wird da automatisch gemutmaßt. Escoffier, Bocuse, Roux jedenfalls würdigen der Cocktailsauce keines einzigen Wortes in ihren sonst so umfänglichen Standard-Kompendien. Doch selbst wenn die Cocktailsauce nicht direkt aus den Küchenhöllen der Lebensmittel-Multis stammt, so steht auch eine selbst gemachte Cocktailsauce unter dem Generalverdacht, aus Tuben-Mayo und Heinz Ketchup zusammengerührt zu sein. Beide Vorurteile stimmen … fast immer, aber nur fast, denn wenn man Cocktailsauce wirklich selber macht, und das aus guten Grundprodukten, dann, und nur dann, ist das ein ganz famoses, leckeres Sößchen.  Was die Mayo anbelangt, so stellt man die selbstverständlich selber her, das Tuben-Zeugs soll den Pommes-Rot-Weiß-Jüngern vorbehalten bleiben. Ketchup selber machen ist hingegen etwas anderes; klar ginge auch das … rein theoretisch, wenn man wirklich gute Tomaten zur Verfügung hätte, und die gibt es nördlich des Brenners so gut wie nie, was die Italiener zu uns durchlassen, ist meist nur zweite und dritte Geschmacks-Wahl, die guten Tomaten essen und verkochen die alle selber. Dennoch muss man ja nicht verzweifelt zu Heinz greifen, es gibt ziemlich gute Alternativen, die allerdings nie im Discounter und nur ganz selten im gut sortierten stationären Feinkosthandel zu finden sind (ergo, auch wenn ich es eigentlich hasse, im Internet bestellen, flugs gegoogelt). Stokes Tomato Ketchup zum Beispiel, in dem pro Kilo Ketchup zwei Kilo frische Tomaten verarbeitet sind, mit 23% Zuckeranteil, von Stokes Sauces aus Suffolk (ca. 32,80 EURO pro Liter). Oder der San Marzano Tomaten Ketchup mit 31,6% Zucker und deutlicher Note von frischem rotem Paprika von der Belgischen Firma Belberry (ca. 31,60 EURO pro Liter). Oder der griechische Ketchup von der Firma Kyknos mit immerhin noch 1,26 Kilo frischen Tomaten pro Kilo Ketchup und 21,6% Zuckeranteil (ca. 18,70 EURO pro Liter). Alle diese Ketchups sollten – sofern die Etiketten nicht tricksen und täuschen – frei von Konservierungsmitteln und Geschmacksverstärkern sein, und der verdammt hohe Zuckeranteil liegt nun wohl an der Geschmackserwartung, die man an Ketchup hegt. (Vielleicht nur mal so zum Vergleich: der berühmte Heinz Tomato Ketchup kostet ca. 3,30 EURO pro Liter, bei Aldi kann man Ketchup bereits für 1,60 EURO pro Liter haben, nur mal so gesagt.)

Also wenn man zu einem richtigen Ketchup greift, dann kann so ein Cocktailsößchen durchaus eine leckere Sache sein. Das Basis-Rezept ist immer gleich: Mayo und Ketchup zu gleichen Teilen werden verrührt und mit Cognac (oder Weinbrand, wir sind keine Snobs), Worcestershiresauce, Limettensaft, Zucker, Pfeffer, Salz abgeschmeckt, und fertig ist die Basis-Cocktailsauce, die schon allein für sich ziemlich lecker sein kann, wenn man gescheite Grundzutaten zur Hand hat. Und nun sind dem Kreativen wenig Grenzen gesetzt. Wer mag, kann diese Basis-Sauce noch weiter verfeinern, etwa mit edelsüßem / rosenscharfem Paprikapulver, Piment d’Espelette, frisch geriebenem Meerrettich, Madeira, Curry, Ingwer(pulver), Zitronengras, Tabasco, Chili, Cayennepfeffer, süßem / normalem / scharfem Senf, Senfpulver, (Blut-)Orangensaft, Joghurt / Crème fraîche, … – wobei zwischen den weiteren Zutaten eher ein „oder“ stehen sollte als ein „und“; ein, zwei weitere Ingredienzien schaden nie, aber zu viel wäre dann doch zu viel. Cocktailsauce passt perfekt zu Büsumer Krabben, aber auch zu kaltem Fleisch und Fisch oder auf Sandwiches oder eben zum Fondue.

Zutaten:

  • 1 gehäufter Essl. selbst gemachte Mayonnaise (mit wenig Senf)
  • 1 gehäufter Essl. guter Ketchup
  • 1 Essl. Cognac oder Weinbrand
  • 2 Spritzer Worcestershiresauce
  • Wenig Limettensaft
  • Prise Zucker
  • Frisch gemahlener weißer Pfeffer
  • Salz
  • Evtl. etwas Sahne oder milden Joghurt
  • Nach Geschmack: Paprikapulver edelsüß / rosenscharf; Piment d’Espelette; frisch geriebener Meerrettich; Madeira; Curry; Ingwer; Zitronengras; Tabasco; Chili; Cayennepfeffer; süßer / normaler / scharfer Senf; Senfpulver; (Blut-)Orangensaft; Joghurt / Crème fraîche; …

Zubereitung:

  • Mayonnaise, Ketchup und Cognac bzw. Weinbrand vermischen und glattrühren
  • Mit Worcestershiresauce, Limettensaft, Zucker, weißem Pfeffer aus der Mühle und Salz abschmecken
  • Sollte die Sauce zu dickflüssig sein, mit etwas Cognac, Sahne oder mildem Joghurt verdünnen, dann ggf. nachwürzen
  • Nach Geschmack mit edelsüßem / rosenscharfem Paprikapulver, Piment d’Espelette, frisch geriebenem Meerrettich, Madeira, Curry, Ingwer(pulver), Zitronengras, Tabasco, Chili, Cayennepfeffer, süßem / normalem / scharfem Senf, Senfpulver, Joghurt / Crème fraîche weiter verfeinern

Wiener Schnittlauchsauce nach Sacher

Auf den ersten Blick klingt die Wiener Schnittlauchsauce nach Sacher (gemeint ist das weltberühmte Hotel) wie eine Schnittlauch-Mayo – und doch ist sie geschmacklich ein ganz anderes Kaliber. Nach alter Schule wird aus pochierten oder hart gekochten, passierten Eidottern, frischen Eidottern und in Milch eingeweichten, ausgedrückten Semmeln eine Mayonnaise aufgeschlagen, diese sanft mit Salz, Zucker, Essig und weißem Pfeffer gewürzt und dann mit reichlich geschnittenem Schnittlauch vermischt. Wenn man’s richtig macht und vor allem, wenn man gescheiten Schnittlauch zur Verfügung hat (diese grünen Stängel aus dem Discounter taugen meist nix, weder im Topf noch geschnitten im Plastikpackerl), ist das sowohl von der Textur als auch vom Geschmack her ein Riesen-Unterschied.

Wiener Schnittlauchsauce ist – neben Apfelkren (kein Mensch braucht Semmelkren) – mein Favorite zu Tafelspitz, da bereite ich sie tatsächlich separat nach dem original Sacher-Rezept zu. Beim Fondue hingegen, wenn ich ohnehin schon einen großen Topf selbst gemachter Basis-Mayonnaise habe, trickse ich ein wenig, nehme meine vorgefertigte Mayonnaise als Grundlage und pimpe die dann nachträglich mit einem harten Eidotter, eingeweichtem Weißbrot und Schnittlauch auf.

Zutaten:

  • ½ altbackene Semmel
  • Milch
  • 1 gehäufter Essl. Mayonnaise
  • 1 hartgekochtes Ei
  • 25 bis 50 ml neutrales Öl
  • Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle, Zucker, Zitronensaft
  • Reichlich Schnittlauch (von der Menge her 2 bis 3 Essl. Schnittlauchröllchen)

Zubereitung:

  • Von der altbackenen Semmel die Rinde mit einer Reibe abreiben, Semmel in Milch einweichen, bis sie ganz aufgeweicht ist
  • Semmelmasse aus der Milch nehmen, mit der Hand möglichst trocken ausdrücken, durch ein feines Sieb auf die Mayonnaise treiben
  • Hartgekochtes Ei pellen, Eigelb herauslösen, Eigelb durch ein feines Sieb auf die Mayonnaise treiben
  • Mayonnaise mit Semmelbrei und hartem Eigelb mit dem Mixstab durchmixen
  • Ölflasche wenigstens eine Stunde neben der aufgemixten Mayonnaise stehen lassen, damit beide garantiert dieselbe Temperatur haben
  • Mayonnaise mit Semmelbrei und hartem Eigelb mit dem Mixstab durchmixen, Öl langsam dazugeben und zur „Mayonnaise 2.0“ aufmixen
  • Mit etwas Salz, Pfeffer, Zucker und Zitronensaft abschmecken*
  • Schnittlauch waschen, trocken schütteln, in feine Röllchen schneiden, sanft unter die Mayo 2.0 heben (mit dem Spatel, nicht mit dem Mixstab)
  • Schnittlauchsauce final abschmecken, wenigstens eine Stunde gekühlt und abgedeckt vor dem Servieren durchziehen lassen

* Von Brachial-Gewürzen wie Cayenne, Worcestershiresauce, Senf, Tabasco usw. würde ich hier dringend abraten, es geht allein um den Schnittlauch- und Ei-Geschmack.


Avocado-Mayonnaise

Mayonnaise kann auch gut mit einigen Früchten oder Gemüsen. (Unnützes Wissen für Angeber: die Avocado wird zwar meist wie ein Gemüse behandelt, ist aber keines, sondern eine Frucht, genau genommen eine Beere mit nur einem Kern.) Das Prinzip ist hier immer gleich: Gemüse oder Früchte zermatschen, harte Gemüse vorher garen, Gemüse- oder Fruchtmatsch mit Grund-Mayonnaise vermischen, individuell abschmecken. Die Grund-Mayonnaise sollte hier möglichst fest sein, da das Grünzeugs meist noch reichlich Flüssigkeit mit sich bringt; sollte das Endprodukt dann doch zu dick sein, kann man immer noch mit ein wenig Sahne oder Magerjogurt verlängern; umgekehrt wäre es schwierig, eine zu dünnflüssige Mayonnaise im Nachhinein wieder anzudicken.

Zutaten:

  • ½ reife Avocado
  • 1 Limette
  • 1 gehäufter Essl. Mayonnaise
  • Nach Geschmack 1 gestrichener Essl. gehackte Brunnenkresse
  • Salz
  • Tabasco Sauce*
  • Evtl. wenig Zucker

Zubereitung:

  • Avocado-Mayonnaise braucht nicht zu ziehen und sollte möglichst zeitnah vor dem Fondue zubereitet werden, da langes Stehen ihr nicht guttut
  • Avocado halbieren, Stein herauslösen, Fruchtfleisch aus einer Hälfte mit einem Löffel aus der Schale löffeln (andere Hälfte anderweitig verwerten)
  • Avocado-Fruchtfleisch sofort mit Limettensaft beträufeln, damit es nicht braun wird
  • Feinmotorisch veranlagte Ästheten können einen Teil des Fruchtfleischs noch in hübsche, dünne Scheibchen oder Würfelchen schneiden, diese in Limettensaft legen und später die fertige Avocado-Mayonnaise damit verzieren
  • Avocado-Fruchtfleisch mit einer Gabel fein zerdrücken (von einem praktischen Cutter rate ich hier explizit ab, das gibt nur einen bräunlichen Schleim, Avocado erfordert Handarbeit)
  • Zermatschtes Fruchtfleisch gut mit der Grund-Mayonnaise vermischen
  • Nach Geschmack einige Stängel Brunnenkresse waschen, trockenschleudern oder -tupfen, Blätter abzupfen, fein hacken, unter die Avocado-Mayonnaise mischen
  • Avocado-Mayo mit Salz, Tabasco, Limettensaft und evtl. wenig Zucker abschmecken
  • In ein Näpfchen füllen, evtl. mit Avocado-Schnitzen oder -Würfelchen garnieren, möglichst sofort auftragen

* Tatsächlich mag ich Tabasco als Gewürz nicht sonderlich: ordinäre, nur brennende, undifferenzierte Schärfe und dazu noch säuerlich. Aber in Verbindung mit Mayo und Avocado passt diese Gewürztunke aus Louisiana (unnützes Wissen für Angeber: Tabasco ist zwar ein Mexikanischer Bundesstaat und zugleich eine mexikanische Chili-Sorte, aber entwickelt wurde die Tabasco Sauce von Edmund McIlhenny um 1868 auf Avery Island in Louisiana) recht gut.

Diese Kombi geht nicht nur mit Avocado. Gegrillte rote Paprika (vorab Stielansatz, Kerne, und Trennwände entfernen, nach dem Grillen die schwarze Haut abziehen) mit piment d’Espelette bzw. Gorria gewürzt, oder gekochte Karotten mit wenig Ingwer oder Curry, selbst gekochte Rote Bete ganz ohne weitere Gewürze, max. etwas Kümmelpulver oder einen alten Port, oder Mango mit etwas Limette, oder getrocknete, in Öl eingelegte Tomaten, wer mag mit etwas Sternanis oder Piment oder klassisch mit reichlich zermörsertem bzw. gecuttertem (nicht gehacktem) Basilikum. Das Prinzip ist immer gleich und simpel: Grünzeugs putzen, wo nötig vorgaren, zermörsert oder zercuttert mit der Grund-Mayo vermischt, individuell gewürzt, fertig.


Pimp it Baby, pimp it!

Da stehst Du nun in Deiner Küche, bereitest Dein Fondue vor, hast alle meine Saucen-Rezepte nachgekocht und noch immer einen halben Topf selbst gemachter Basis-Mayonnaise übrig. OK, den kannst Du jetzt in ein großes Näpfchen füllen, vielleicht etwas nachwürzen und als neutrale „Original-Mayo“ servieren oder am nächsten Tag Hessischen Kartoffelsalat daraus machen. Kann man, muss man aber nicht.

Hey, Werktägige(r) (gendern wir halt mal) am Herd, Du hast hier einen halben Topf einer Saucen-Hure (ich meine die Basis-Mayonnaise), die ohne Tabus bereit ist, nahezu alle Geschmacksträger in sich aufzunehmen und zu veredeln.

Getrocknete Chilis sind hier ein guter Ansatz. Ich meine nicht diese vertrockneten Schoten, die im Discounter für kleines Geld in Plastik-Packerln angeboten werden. Ich meine echte Chilis. Ich habe mexikanische Freunde, die machen eine Philosophie aus ihren (nicht immer legal) importierten Chilis: Sorte, Herkunftsregion, Bauer, Trocknungsart, geräuchert oder nicht, weiß der Geier was, ich beherrsche dieses Chili-Ballett noch nicht, das ist eine Kunst für sich. Aber ich schwöre: zwei Sackerl trockener Chili-Schoten original aus Mexiko, mit äußerlich kaum unterscheidbaren Schoten, und doch liefern sie zwei völlig unterschiedliche Geschmäcker, bei nahezu gleicher Zubereitung, nicht nur vom Schärfegrad her, sondern auch vom eigentlichen Geschmack. Also: getrocknete Chilischoten eine Stunde in wenig lauwarmem Wasser eingeweicht, Stielansätze abgeschnitten, Kerne getrost drinnen gelassen (schaaarf!), Schoten püriert, dazu etwas Koriander und Knofl, mit der Basis-Mayo vermischt, und ab geht die Lucy.

Oder eine ganze Knoblauchknolle oben und unten abgeschnitten in wenig (lieblichem) Weißwein bei 160 bis 180 Grad 60 bis 90 Minuten im Rohr geschmort, die Zehen aus den Schalen gedrückt, mit der Gabel zerdrückt und mit der Mayo vermischt.

Oder eine Handvoll getrocknete Steinpilze oder Morcheln in wenig heißes Wasser eingeweicht (die Kunst ist hier, genügend Wasser zu verwenden, damit alle Pilze benetzt sind, und wenig genug, damit alles am Ende ein Pilz-Wasser-Brei ist, denn die Pilze geben ihren Geschmack hemmungslos an jedwedes Wasser ab, und es wäre schade, davon was wegzukippen), dann püriert oder zermörsert, mit der Grund-Mayo vermischt und abgeschmeckt, ein wenig zermörserter Piment oder Kümmel kommen hier gut on top.

Oder ganz mondän: Grund-Mayonnaise, eine kleine Trüffelknolle hauchdünn über die Mayo gehobelt und gut vermischt, sonst nix, vielleicht noch etwas Worcestershiresauce, Cayenne oder Limette (keine Zitrone).

Mayonnaise öffnet sich auch hemmungslos asiatischen Aromen: frisch geraspeltem, echtem Wasabi (hierzulande ca. +/- 500 EURO pro Kilo) (nicht diesem wohlfeilen grünen Fensterkitt aus Tuben, für unter 100 EURO pro Kilo erhältlich) zum Beispiel; oder richtig geilen, Umami-schwangeren Soja-Saucen, Kaffirlimetten-Blättern, Thai-Basilikum, Kurkuma, Zitronengras … Just try your favorite spice.


Nächstes Kapitel: Quark & Co.

Die Mayonnaisen-Saucen sind also fertig. Es schadet nicht, wenn diese Saucen ein paar Stunden oder auch einen halben Tag durchziehen, natürlich gut gekühlt im Eisschrank. Dann kann sich der/die Werktätige am Herd der nächsten Saucen-Basis widmen: Quark oder Topfen. (Unnützes Wissen für Angeber: Quark und Topfen sind eigentlich dasselbe Produkt – ein Frischkäse, der durch das Gerinnen von Kuhmilch mithilfe von Milchsäurebakterien hergestellt wird. Quark ist die deutsche Bezeichnung, Topfen die österreichische. Allerdings wird Topfen etwas stärker entwässert als Quark, ist daher stichfester.) Ich verwende 40-prozentigen Sahnequark, aber es gehen auch Magerquark (für kalorienbewusste Puristen), oder Schmand, oder Crème fraîche, oder stichfester griechischer Joghurt. Bei der Verwendung von Quark, Topfen oder Jogurt, diese vor der Zubereitung zuerst einige Stunden, am besten über Nacht in einem feinen Sieb, ausgelegt mit Küchenkrepp in einer Schüssel im Kühlschrank abtropfen lassen. Zuerst werden ca. 250 ml dieser Masse cremig gerührt, Mutter verwendete dazu ihre Küchenmaschine, eine alte, knatternde Braun, ich habe heute eine große Kenwood (diese stylischen Kitchenaid-Spielzeuge mag ich nicht); 10, 15 Minuten sollte der Quark schon gerührt werden, von Hand und selbst mit einem Mixer ist das müßig. Der Trick beim cremig-rühren besteht darin, einen wirklich nur kleinen Schuss Vollmilch oder Sahne dazuzugeben, dann wird’s wirklich cremig. Und erstmal eine ganz kleine Portion Salz und eine winzige Prise Zucker, der Rest an Gewürzen kommt später.

Kräuterquark

„Kräuter“, das ist auch so’n Pauschalbegriff. Petersilie und Schnittlauch sind aus meiner Sicht die Inbegriffe typisch teutonischer Kräuter, die sich ständig in irgendwelche Salatsaucen verirren. Dabei gibt es so viel mehr Kräutlein, meine geliebte Pimpinelle, Zitronenmelisse, Salbei, Pfefferminze, Thymian, … eine komplette Liste wäre sehr lang. In den sechziger, siebziger, auch noch achtziger Jahren gab es in Deutschland pauschal gesprochen drei Arten von Kräuter-Verwendern. Da waren zum ersten die Wohlhabenden, die hatten daheim die (teuren) Döschen von Fuchs und Ostmann mit getrocknetem Schnittlauch, Basilikum, Knoblauchgranulat, … you name it, und damit wurde auf Teufel komm‘ raus kommod gewürzt. Getrocknete Kräuter galten als zeitgemäß, einfach in der Verwendung und als Zeichen von Wohlstand. Dann waren da die in-betweens, nicht wohlhabend genug für die Batterien getrockneter Kräutlein-Dosen in speziellen Regalen an der Küchenwand, aber dafür mit eigenem Garten, in denen man die Kräuter frisch zog und bei Bedarf erntete. Dazu gehörte meine Familie, und bis heute muss ich sagen, es gibt kaum etwas Köstlicheres als ein frisch geernteter Kopfsalat aus dem eigenen Garten mit einem süßen Schmand-Dressing mit frischen Kräutern aus nämlichem Garten (gleichwohl der Garten ständig eine Scheiß-Arbeit bedeutete). Als Drittes waren da die Weder-Nochs, weder Geld für teure Kräutlein-Dosen noch ein eigener Garten, die wuchsen ganz einfach mit der Maggiflasche als Klimax der Würzkunst auf, und – bei Gottfried – das war die Mehrzahl meiner Klassenkammeraden. Tiefgefrorene oder abgepackte frische Kräuter aus dem Tante-Emma-Laden waren in den sechziger, siebziger und teilweise noch achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts unvorstellbar, vielleicht noch ein örtlicher Gärtner/Bauer, der ein paar Sträußlein Petersilie und Schnittlauch in so einen Laden stellte, kaufen tat sie doch kaum jemand, entweder, man hatte seine Fuchs-Döschen mit getrockneter Ware daheim, oder man hatte seinen eigenen Garten, wo man seine eigenen Kräutlein ernten konnte, oder man scherte sich nicht um Kräutlein und fokussierte auf’s satt werden und Maggi. So war das damals.

Heute gibt’s in fast jedem Discounter und Supermarkt geschnittene und abgepackte Kräuter oder Kräuter im Topf. Frische, Auswahl und vor allem geschmackliche Qualität dieser Kräuter lassen meist sehr zu wünschen übrig. Schnittlauch ist eben nicht gleich Schnittlauch, die traurigen, industriell produzierten, über hunderte von Kilometern transportierten, in Plastik unter „Schutzatmosphäre“ (weiß der Geier, was das wieder für chemisch-biologische Teufelsgase sind, ihre äußere Form und Farbe behalten die Kräuter in diesen Lebensmittelgaskammern allemal tagelang) eingeschweißten Halme aus dem Regal haben geschmacklich recht wenig zu tun mit frisch geerntetem Schnittlauch vom Gärtner oder eben aus dem eigenen Garten.

Welche Kräuter man nun für einen Kräuterquark verwendet, hängt vom eignen Geschmack und dem aktuellen Angebot ab. Ich verwende dafür ausschließlich frische Kräuter, mit diesen gehäckselten Spänen aus den Tiefkühl-Packerln wird’s nur Murx, mit getrockneten Kräutern sowieso. Orientieren kann man sich an den sieben traditionellen Kräutern für die Frankfurter Grüne Soße, nämlich Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch. Man muss ja nicht alle diese Kräuter in einen Kräuterquark tun, aber etwas mehr als Petersilie und Schnittlauch sollte es schon sein.

Zutaten:

  • 1 bis 2 gehäufte Essl. frische, gewaschene, trocken geschleuderte, gehackte Kräuter
  • 2 gehäufte Essl. cremig gerührter Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt
  • 1 Prise Salz
  • Wenig weißer Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Prise Zucker
  • Evtl. 1 Spritzer Zitronensaft

Zubereitung:

  • Kräuter nach Wahl und Marktlage trockenschleudern oder -tupfen, von den Stängeln zupfen und fein hacken (keinesfalls cuttern!)
  • Gehackte Kräuter mit einem Spatel mit cremig gerührtem Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt verrühren
  • Mit Salz, weißem Pfeffer, wenig Zucker und nach Geschmack einem Spritzer Zitronensaft abschmecken

Knoblauchquark

So einfach die Zubereitung von Knoblauchquark ist, so diffizil ist sie auch. Drei Dinge gilt es dabei zu beachten: Erstens, welcher Knoblauch, welche Sorte (es gibt über 200 unterschiedliche Knoblauchsorten), welches Herkunftsland, frische oder alte, gelagerte Knollen? Zweitens, wie zerkleinert man die Knoblauchzehen. Hier habe ich viel von Michi, dem Zahnarzt gelernt. Frühe habe ich den Knofl hemmungslos und ausschließlich durch die Knoblauchpresse gejagt, das ist einfach und geht schnell … und gibt einen fiesen, scharfen, sehr intensiven, manchmal sogar bitteren Knoblauchgeschmack und einen durchdringenden Knoblauchgeruch. Das kann man mal mögen, Stichwort „In Transsilvanien fallen die Vampire von der Decke“, mit Knoblauch aus der Presse kann man sich trefflich alle Blutsauger vom Halse halten. Auch die traditionelle Methode, gehackte Knoflzehen mit Salz mit dem Kochmesser zu zerdrücken, ist geschmacklich und geruchlich nicht viel besser, kommt aber gut in grobschlächtigen Eintöpfen, die lange köcheln. Selbst wenn man größere Mengen Knoblauch verarbeitet, z.B. für eine Hundert-Liter-Gulaschkanone voller Gulaschsuppe, rate ich explizit von der Verwendung von Cutter oder Mixer für die Zerkleinerung des Knofls ab, bei den hohen Umdrehungen und der damit verbundenen Hitze kann er echt fies werden. Doch Knoblauch kann geschmacklich mehr als nur brachial und stinkig. Für Garnelen in Olivenöl mit geschmolzenen Tomatenfilets z.B. hobele ich die – möglichst frischen – geschälten Zehen auf dem Trüffelhobel hauchdünn; Michi kann das mit seinen Zahnarzt-Händen mit dem Messer schneiden, mit meinen Wurstfingern nehme ich lieber den Hobel. Und im Knoblauchquark – und vielen anderen Gerichten – lohnt es sich geschmacklich durchaus, die Zehen in winzige Würfel (deutlich kleiner als Stecknadelköpfe) zu schneiden (aber dazu braucht man ein wirklich gutes, scharfes Kochmesser und gute motorische Fähigkeiten). Also, zweitens muss man sich beim Knoblauchquark entscheiden, ob man Knoblauchgeschmack und -geruch brachial will (sprich Knoblauchpresse, hat auch mal seine archaischen Reize, kann aber eine Beziehung ernsthaft gefährden, wenn ein Partner davon isst und der andere nicht) oder doch lieber dezenter, differenzierter mit winzigen Knoblauchwürfelchen. Drittens ist banal: wie viel Knoblauch? Da gibt es zwei ganz simple Variablen: wie geschmacks- und geruchsintensiv ist der verwendete Knoblauch, und wie intensiv möchte man Knoblauchgeschmack und -geruch? Just go for it.

Zutaten:

  • 2 Zehen bis 2 Knollen (!) möglichst frischer Knoblauch
  • 2 gehäufte Essl. cremig gerührter Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt
  • 1 Prise Salz
  • Wenig weißer Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Prise Zucker
  • Evtl. 1 bis 2 Essl. Olivenöl
  • Evtl. etwas Pul Biber

Zubereitung:

  • Knoblauch in Zehen zerteilen, schälen, Stielansätze abschneiden, Knoblauch zerkleinern (mit der Knoblauchpresse, dem Kochmesserrücken mit Salz, dem Trüffelhobel oder mit dem super-scharfen Kochmesser)
  • Zerkleinerten Knofl mit Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt vermengen
  • Mit Salz, Pfeffer, sehr wenig Zucker, evtl. etwas Olivenöl und Pul Biber würzen
  • Wenigstens eine Stunde, am besten einen halben Tag gut mit Frischhaltefolie verschlossen (das Zeugs stinkt wie’d Sau) gut gekühlt durchziehen lassen

Tsatsiki (griechisch τζατζίκι tzatzíki, dzaˈdzikʲi, deutsch auch Zaziki)

Da mag einer nun sagen, da hat er ein Rezept für Knoblauchquark geliefert, warum dann noch ein separates Rezept für Tsatsiki? Ganz einfach, alldieweil da ein himmelweiter Unterschied ist. Tsatsiki wird traditionell aus zehn-prozentigem, stichfestem, abgetropftem Griechischem Jogurt zubereitet. Jede andere, fette Sauermilchpampe geht auch als Grundlage (wahrscheinlich habe ich mir gerade ein lebenslanges Einreiseverbot in Griechenland eingehandelt). Tsatsiki lebt von der Gurke. Diese EU-konformen, länglichen, grünen, standardisiert geformten Wasserspeicher sind keine wirklichen Gurken. Eine kleine Gärtnergurke, das ist eine Gurke. Wie dem auch sei, Gurke gut gewaschen, ungeschält, längs halbiert, den ganzen Kernbrei rausgekratzt und entsorgt (hier fällt selbst mir keine sinnvolle Zweitverwertung mehr ein), Gurke auf einer Küchenreibe (etwas feiner als eine Röstireibe) gehobelt, Gurkenfetzen beherzt eingesalzen und mit den Händen durchgemischt, wenigstens eine Stunde in einem Sieb abtropfen gelassen, dann Gurkenspäne in ein Passier- oder Küchenhandtuch gegeben und klug ausgedrückt, die Flüssigkeit sollte soweit als möglich aus den Gurkenstücklein raus sein, ohne sie zu Brei zu verarbeiten, dann unter die Sauermilchpampe gerührt, mit reichlich Dill, Knofl, evtl. Minze, Salz, wenig Zucker und nach Geschmack auch mit Pul Biber (oder etwas Chili) gewürzt, ein paar Stunden gekühlt durchgezogen und fertig ist das Tsatsiki.

Zutaten:

  • 2 gehäufte Essl. cremig gerührter Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt*
  • 1 kleine Gärtnergurke
  • 2 Zehen bis 1 Knolle Knoblauch
  • ½ bis 1 Bund Dill
  • Nach Geschmack: einige Blätter Minze**
  • Prise Zucker
  • Salz
  • Weißer Pfeffer aus der Mühle
  • 2 bis 4 Essl. gutes Olivenöl
  • Nach Geschmack eine Prise Pul Biber oder Chilipulver

Zubereitung:

  • Gärtnergurke warm abwaschen, mit Küchenkrepp trocknen, nicht schälen, längs halbieren, die Kerne mit einem Teelöffel herauskratzen, diese entsorgen
  • Die Gurkenhälften auf einer mittelfeinen Reibe (etwas feiner als eine Röstireibe) in feine Stifte hobeln
  • Gurkenstifte beherzt salzen, mit den Händen vermischen, in einem mit einem Passiertuch ausgelegten Sieb wenigstens eine Stunde abtropfen lassen
  • Gurkenstifte im Passiertuch gut ausdrücken, ohne sie zu Brei zu verarbeiten
  • Knoblauch in Zehen zerteilen, schälen, zerkleinern***
  • Dill waschen, trockenschleudern oder -tupfen (mit Küchenkrepp), Spitzen abzupfen, Spitzen klein hacken
  • Nach Geschmack etwas Minze waschen, trockenschleudern oder -tupfen (mit Küchenkrepp), Blätter abzupfen, Blätter klein hacken
  • Cremig gerührten Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt mit ausgedrückten Gurkenstiften, Knoblauch, gehacktem Dill und ggf. gehackter Minze mit einem Spatel verrühren
  • Mit Zucker, Salz, weißem Pfeffer, ca. 2 Essl. Olivenöl und nach Geschmack mit Pul Biber oder Chilipulver würzen, gut vermischen
  • Tsatsiki wenigstens 1 Stunde – besser über Nacht – gekühlt durchziehen lassen****
  • Nach Geschmack Tsatsiki vor dem Servieren noch mit mehr oder weniger Olivenöl begießen

* Meine persönliche Erfahrung aus sicherlich hunderten von Fondue-Abenden mit Familie, Freunden, Gästen: zwei der angebotenen Saucen reichen nie, nämlich Kräuterquark und Tsatsiki, alldieweil sich schon vor dem Auftragen des Fondue-Topfs nahezu alle Mitesser bewaffnet mit Weißbrot auf diese beiden Saucen stürzen, um den ersten Hunger zu stillen. Ist zwar schade, aber menschlich-verständlich. Daher mein Tipp: von diesen beiden Saucen die doppelte oder dreifache Menge herstellen.

** An dieser Stelle ein ganz intimes, geheimes Geständnis: Wenn man keinen eigenen Kräutergarten besitzt (Minze nie in den Kräutergarten pflanzen, das Zeugs wuchert wie’d Sau durch alle Beete und killt alle anderen Pflanzen; Minze im Garten maximal in einem separaten Topf hinter den Mülleimern ziehen, weit entfernt von den anderen Kräutern, ist zwar entwürdigend, aber selbst das steckt die Minze locker wuchernd weg), nur für ein Näpfchen Tsatsiki ein Sträußlein frischer Minze zu erstehen, von dem man vielleicht 5 oder 10 Blätter braucht und den Rest dann wegwirft, das ist schon hart. Pfefferminztee (ich meine richtigen Pfefferminztee aus dem Reform- oder Teehaus, also getrocknete Minzblätter, nicht diese Schredderware aus den Teebeuteln) kann eine – nicht gute, aber akzeptable – Alternative sein. Getrocknete Minzeblätter einfach zermörsern und unter den Tsatsiki rühren. Frische Minze ist allemal zehnmal besser, aber man ist ja auch pragmatisch.

*** Knoblauchmenge nach Geschmack, ebenso die Zerkleinerungs-Art: mit der Knoblauchpresse geht’s einfach und schnell, aber der Knoblauch-Geschmack wird so schnell brachial bis fies; sich die Arbeit zu machen, den Knoblauch mit dem Messer in wirklich winzige Würfelchen zu schneiden, erfordert zwar gewisse motorische Fähigkeiten (und birgt gewisse gesundheitliche Risiken für die Pfoten), liefert aber geschmacklich die feineren Ergebnisse. Tsatsiki-Schüsselchen beim Durchziehen unbedingt SEHR GUT mit Frischhaltefolie verschließen: das Zeug verstinkt jeden Eisschrank trefflich.


Quark mit Micro-Greens

Ich gebe zu, dieser Rezept-Titel klingt ziemlich doof. Sprossen (Soja-, Radieschensprossen usw.) und Kressen (Garten-, Kapuzinerkresse usw.) unterscheiden sich wohl dadurch, dass die einen ohne Erde in einer feuchten Umgebung keimen, die anderen aber auf einem Boden oder einer Nährstofflösung austreiben, trotzdem sind beide frisch ausgetriebene Keimlinge, die nahezu mit Haut und Haar gefressen und unter dem Oberbegriff „Micro-Greens“ subsummiert werden. (Wenn ein freundlicher Leser hier bessere botanische Kenntnisse hat, bitte nicht wild beschimpfen, sondern fachkundig korrigieren, ich verschließe mich keinem besseren Wissen.) Es geht um dieses unglaublich leckere, angeblich wahnsinnig gesunde Zeugs (wie Mungbohnen-, Linsen-, Kichererbsen-, Sojabohnen-, Alfalfa-, Rettich-, Radieschen-, Brokkoli-, Bockshornklee-, Senf-, Erbsen-, Getreidesprossen sowie Garten-, Brunnen-, Kapuziner-, Winter-, Shiso-, Daikon-, Radieschen-, Rucola-Kresse). Die sind alle eine ganz andere (ich sage jetzt nicht ‚bessere‘ oder ‚schlechtere‘, ich sage ‚andere‘) Hausnummer als heimische Gartenkräuter, daher ein separates Rezept.

Zutatern:

  • 2 gehäufte Essl. cremig gerührter Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt
  • 2 gehäufte Essl. fein gehackte Micro-Greens
  • Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle, evtl. Zitronensaft und Zucker
  • Dies und das

Zubereitung:

  • Micro-Greens ernten, waschen, trockenschleudern oder -tupfen (mit Küchenkrepp), fein hacken (nicht cuttern)
  • Micro-Greens mit cremigem Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt verrühren
  • Mit Salz, weißem Pfeffer, evtl. Zitronensaft und Zucker abschmecken
  • Now you’re on your own: etwas Koriander? Sambal Olek? Schwere Soja-Sauce? Leichter Reiswein oder trockener Sherry? Etwa ein paar Tropfen alter, süßer Portwein? Nein, keinen Balsamico. Ein Hauch Rauchpaprika? Bitte kein Curry oder Chili, das käme ordinär. Vielleicht ein Spritzer Cointreau (nein, zum Kochen verwende ich keinen Grand Manier, den saufe ich selber pur) oder gleich wenig Orangensaft, oder – um die Ecke gedacht bzw. geschmeckt – Averna oder Campari oder – rabiater – Angostura (so eine Alfalfa-Sprosse kann das locker ab)? So viele Möglichkeiten, so wenig Sauce …

Improvisierter Sahnemeerrettich

Eigentlich wird Sahnemeerrettich hergestellt aus steif geschlagener Sahne, frisch geriebenem Meerrettich, frisch geriebenem säuerlichem Apfel und wenig Salz, weißem Pfeffer und evtl. Zitronensaft. Hat man allerdings nun einen großen Topf von cremig gerührtem Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt als Grundmasse, so passt das im Prinzip zwar von der Konsistenz, aber es ergibt sich das geschmackliche Problem, dass diese Basis deutlich säuerlicher ist als Schlagsahne. Für einen Sahnemeerrettich auf Schlagsahne-Basis würde ich prinzipiell säuerliche Apfelsorten wie Boskoop, Granny Smith, Elstar, Braeburn, Cox Orange, Jonagold oder – mein favorite – Holsteiner Cox verwenden. Wenn ich nun schon eine säuerliche Grundmasse habe, nehme ich einfach eine süße Apfelsorte wie Golden Delicious, Gala, Pink Lady, Rubinette, Jonagored oder – very delicious – Red Delicious. Das gleicht den Säurespiegel dann trefflich aus.

Ein Wort noch zum Meerrettich: die Werbung und werbefinanzierte redaktionelle Beiträge versuchen immer wieder zu suggerieren, industriell geschredderter Meerrettich aus dem Glas oder dem Quetschgebinde sei eine zulässige Alternative zu echtem, frischem Meerrettich. Das ist Quatsch. Dieser gehäckselte, eingedoste, konservierte Gemüsebrei mag ja ganz nett sein, hat aber von Geschmack und Schärfe nichts mit wirklich frischem Meerrettich zu tun. Für jedwede Meerrettichzubereitung eignet sich aus meiner Sicht ausschließlich frischer Meerrettich. Das ist insofern lästig, als dass gute, frische Meerrettichwurzeln selten sind, nicht gerade wohlfeil, und man braucht für eine Mahlzeit nur einen Bruchteil der Wurzel: was also tun mit dem ganzen Rest? Etwa wegwerfen, weil wir haben’s ja? So eine angeschnittene Meerrettichwurzel hält sich locker eine Woche im Kühlschrank. Also vor dem Kauf einer ganzen Meerrettichwurzel klug geplant für den Speiseplan der nächsten Tage. Meerrettich kommt gut als Sauce zu Tafelspitz oder Krenfleisch, er verträgt sich prächtig mit Spinat, Roter Beete oder Kartoffelpüree, geräucherte Forelle und Lachs lechzen geradezu nach ihm, selbst ein klassisches Pesto mit Meerrettich kann geil sein. Immer klug planen, was man mit dem Rest der Wurzel anfängt, wegwerfen hat sie nicht verdient.

Zutaten:

  • 2 gehäufte Essl. cremig gerührter Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt
  • 1 etwa walnussgroßes Stück geschälte frische Meerrettichwurzel (ca. 10 bis 20 g)*
  • 1 Teel. Zitronensaft
  • ½ süßlicher Apfel
  • Salz
  • Weißer Pfeffer aus der Mühle
  • Prise Zucker

Zubereitung:

  • Meerrettich schälen, ein walnussgroßes Stück grob zerteilen, mit einem Teelöffel Zitronensaft in einen Cutter geben**
  • Apfel schälen, halbieren, entkernen, eine Hälfte grob zerteilen
  • Meerrettich im Cutter zu feinen Spänen (nicht zu Brei) cuttern
  • Apfel dazugeben, Masse pürieren
  • Cremig gerührten Quark, Topfen, Schmand oder Jogurt in den Cutter geben und alles glattrühren
  • Mit Salz, weißem Pfeffer aus der Mühle und wenig Zucker würzen, gut verrühren, abschmecken
  • Sollten Schärfe oder Fruchtigkeit fehlen, mehr Meerrettich oder Apfel in einem separaten Cutter zerkleinern, zur Grundmasse geben; wenn Säure fehlt (was unwahrscheinlich ist), noch etwas Zitronensaft dazugeben
  • Final abschmecken, kurze Zeit (ca. 1 Stunde, nicht über Nacht oder so) gekühlt durchziehen lassen

* Auch wieder so’n Problem. Das Gewicht von Meerrettich hängt von der Frische und dem Wassergehalt ab; Schärfe und Geschmack sind umgekehrt proportional (je älter und trockener, desto schärfer, aber desto langweilig-undifferenzierter der Geschmack). Es ist unmöglich, hier genauere Angaben machen zu wollen, es sei denn, man bezieht seinen Meerrettich seit 250 Jahren von der Bauernfamilie Harms aus Kleinposemuckel und kennt die spezielle Sorte der Familie aus dem ff. Also, erstmal verhalten mit einem walnussgroßen Stücklein anfangen, nachlegen kann man ja immer noch.

** Geschmacklich ist dieser Zitronensaft eigentlich kontraproduktiv (und wird später durch die Prise Zucker wieder aufgefangen), aber es braucht die Säure, um zu verhindern, dass der geriebene Meerrettich sich gräulich verfärbt.

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