Essen in USA (3/19): Ridgeway Diner

Am nächsten Morgen machen wir uns noch auf dem Zimmer aus der verfluchten Kapselmaschine heißes, schwarzes, höchst umweltschädliches Chlorwasser, die Amis – aber auch die deutschen Kapselapologeten, die soll die tollwütige, dumme Umwelt-Gretel beißen – nennen es euphemistisch „Kaffee“, danach bummeln wir durch das Morgengrauen die Sechste, die Leute hier nennen sie Avenue of the Americas, nach Süden, Richtung Lower Manhattan. Nach einer knappen halben Stunde, Punkt Sieben, öffnet vor unseren Augen der Ridgeway Diner, ein x-beliebiger Diner wie zehntausend andere in NYC. Ein sichtlich müder Latino, wahrscheinlich einer der Mexikaner, die Trump noch nicht über die Grenze zurückprügeln konnte, stellt kunterbunt und schlecht handgeschriebene, schmutzige Schilder auf die Straße, die „Gyro on Pita w/fries – or greek salad“ als Tagesgericht offerieren oder „Chicken Quesadilla“ oder „Baked meat loaf w/potatoes + veget.“ oder „Matzah ball“, außerdem „Breakfast all day“, „Gluten free bread“ und „Free-Wifi“. „Wer vieles bringt wird manchem etwas bringen.“ kann man da nur mit Goethe sagen. Etwas weniger Angebot und dafür zumindest saubere Schilder wäre auch schon mal was. Aber wir wollen uns ja treiben lassen, also treten wir ein, es ist Frühstückszeit. Irgendwie sind diese Diner alle gleich eingerichtet, lange, recht schmale Schläuche mit wenig Fensterfront zur Straße (Fensterfront zur Straße, eines der zahlreichen knappen und teuren Assets in NYC), dafür tief und fensterlos und kunstbeleuchtet in’s Haus hineinragend, hinten dann eine halb-offene Küche mit Durchreiche, rechts auf ganzer Raumtiefe ein langer Tresen mit Hockern davor für die ganz Eiligen, und in NYC gehören fast alle zu den ganz Eiligen, links drei Tischreihen aus einfachen Möbeln, separiert von hüfthohen Raumteilern, meist Zweier-Tische, große Essensgesellschaften sind in solcherlei Etablissements wohl eher die Ausnahme, Fliesenfußboden, leicht zu reinigen, was aber nicht wirklich passiert sein dürfte, das Interieur schmucklos, nur ein paar Bilder an den Wänden, manche Europäische Hauptbahnhoftoilette ist da gemütlicher, wahrscheinlich auch sauberer.

Die Belegschaft besteht ausnahmslos aus jungen Hispanics (ist eigentlich jemandem schon mal der Wortwitz aufgefallen: „his panics“, bezogen auf Trumps Mexikaner-Phobie?), dirigiert von einem ziemlich rigiden älteren Mann offensichtlich südeuropäischer Abstammung, angesichts von massivem Gyros-, Schafskäse- und Pita-Befall der Speisekarte würde ich auf in der fünften Generation im Imperium ansässigen Griechen tippen. Die Angebote all dieser Diner sind weitgehend austauschbar: wenige Grundzutaten, wenige Zubereitungsarten, und die werden dann durchgemischt: Eier, Pancakes, Waffeln, Toasts, Baguettes bzw. Rolls, Tortillas als Basis, Gemüse, Speck, Würstel, Salat, Käse, Grillfleisch, Fertigsaucen, Kartoffeln als Zutaten, das dann alles wild gemixt ergibt eine erkleckliche Vielfalt auf der Karte, eine Vielfalt die doch meistens im kulinarischen Einerlei endet. Kaffee: heiß, dünn, schlecht. Waffeln: angerührte Fertigpampe, frisch gebacken, Pappen-artig, trocken, geschmacklos, durch schlechten Ahornsirup und abgepackte schlechte Butter zumindest Geschmack nach fett und süß, hochkalorisch, Vitamin-frei. Spiegeleier mit Speck und Hashbrowns: A fried egg is a fried egg is a fried egg (frei nach Gertrude Stein), Speck viel, billig, fett, knusprig, Hashbrowns breiige, kaum gebräunte, teils kalte, teils lauwarme, auseinanderfallende, mehlige, industriell verarbeitete Kartoffelstücklein, eher widerlich, Toast industriell und verbrannt. Spinatomelette: Rührei, Tiefkühlspinat, Analogkäse, alles gut vermengt und durchgebraten, dazu Hashbrowns w.o. Wenn man in solch einem Etablissement etwas halbwegs Gesundes zum Frühstück will, dann vielleicht ein Oatmeal, das ist mit Wasser oder H-Milch angerührter Instant-Haferbrei. Und das Obst, das hier angeboten wird, sind aufgeschnittene Bananen oder kurz abgebrauste Zuchtheidelbeeren, jedenfalls nichts, was wirklich gesund erschiene, selbst der „frische“ Orangensaft stammt aus der 1 Gallon Plastikflasche. Ich verkneife mir jetzt weitere Kommentare.


Ridgeway Diner
664 6th Avenue
New York, NY 10010
USA
Tel.: +1 (2 12) 7 41 00 96
Facebook: https://www.facebook.com/RidgewayDiner/
Online-Bestellung: https://www.grubhub.com/restaurant/ridgeway-diner-664-6th-ave-new-york/315470?fbclid=IwAR2cPyQlMeda3hAVrjH_fyTsT5XHqrsiaDt8koqn18zW0uOk5tVGuH3yc8Y

Frühstück von US$ 9,85 bis US$ 22,85, Burger, Wraps und Sandwiches von US$ 6,95 bis US$ 20,95, Hauptgerichte von US$ 9,50 (Souvlaki mit Beilagen) bis US$ 28,95 (Sirloin Steak, Kartoffeln, Gemüse)

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