Der Kleine kann was …

Est. 1367 steht selbstbewusst auf dem Etikett, das ist mal eine Hausnummer, zumal für einen Gin. Die Jahreszahl bezieht sich allerdings nicht auf das Entstehungsjahr des Gins, sondern auf die Gründung des Hauses Fugger, die allgemein mit 1367 angegeben wird, das Jahr, in dem der Webermeister Hans Fugger nach Augsburg zog, „fucker advenit“ lautet der Eintrag in’s Steuerbuch der Stadt (honi soit qui mal y pense). Und der Gin stammt auch gar nicht von den Fuggern, die haben lediglich eine Lizenz zur Nutzung ihres Namens an den umtriebigen Augsburger Seriengründer Peter Steinle gegeben. Steinle ist der lebende Beweis, dass heutzutage nahezu jeder einen neunen Gin erfinden kann, sogar ein Software-Berater. 2015 kam er mit seinem – wie ich finde – unsäglichen August Gin auf den Markt, für mich ein grober, ungehobelter Schnapsklotz, den ich trotz des Heimvorteils tunlichst meide; erst heute habe ich daher bemerkt, dass das August-Label eine nämliche Narretei aufweist, dort steht „Est. 15 BC“, das Gründungsjahr der Stadt Augsburg. Heute lässt Steinle von der Babenhausener Brennerei Salzgeber neben dem August Gin und seinen Ablegern – u.a. einen August Sloe Gin und einen August Navy Strength – einen Vodka, einen Raki, vier Destillate unter dem Namen Fugger und seit 2021 – zum fünfhundertsten Jahrestag der Fuggerei – einen Fugger Gin produzieren. Daneben besitzt Steinle noch vier Gastronomie-Betriebe in Augsburg.

Die Flasche des Fugger Gins besticht durch vornehmen Minimalismus.  „FUGGER – Est. 1367 – GIN“, außerdem eine leicht erhobene, farblose Prägung des Fürstlichen und Gräflichen Fuggerschen Wappens mit der Lilie, mehr ist auf dem Etikett nicht zu sehen, dazu ein Stopfen mit großem, edlem Echtholz-Kopf. Der Fugger Gin ist keine Wachholderbombe, er ist sehr viel feiner und nuancierter als sein grober älterer Bruder, beide haben 43 Umdrehungen, der Fugger besticht durch Zitrus-Noten und Frische, Lilienwurzel soll die zweite geschmackliche Leitdroge sein (von wegen dem Fugger-Wappen und so), ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie Lilienwurzel schmeckt, aber sei’s drum. Insgesamt macht der Fugger Gin einen guten Job, sowohl im Martini Cocktail als auch on the rocks oder als Tonic. Gute Arbeit! Und mit 60 EURO für den Liter eher im unteren Preissegment der handcrafted, small batch, blablabla Gins angesiedelt. 60 EURO für einen Liter Fugger Gin sind allemal besser angelegt als rd. 43 EURO für einen Liter August Gin.

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