Ausnahmsweise außer der Reihe für Frau D. aus A. und ihr Team – Goldberner Dry Gin: durchwachsen mit Potential

Ich mag diese Geschichte: Vater und Mutter in der dritten Generation Apotheker an der Steige in der Schwäbischen Alb, einem eher unwirtlichen Teil Deutschlands, brauten schon anno dunnemals einen Kräuterlikör Namens Böhmenkircher Lebenselixier, die Söhne studieren Pharmazie der eine, Betriebswirtschaftslehre der andere, zusammen gründen sie 2013 daheim die Spirituosenmanufaktur Böhmenkirch in der ehemaligen Garage im Hinterhof der elterlichen Apotheke und destillieren in einer kleinen per Hand geschmiedeten 150 Liter Brennblase der Firma Kothe aus Eislingen an der Fils den elterlichen Kräuterlikör, daneben Obstbrände, Pfefferminzlikör und eben Gin. Die Botanicals des Gins – Orangenschale, Kardamom, Angelikawurzel, Vanille und Pomeranze – werden nach eigenen Angaben über Wochen kalt mazeriert, erst am Schluss mit Wachholder versetzt und dann destilliert. Was dabei herauskommt, ist beachtenswert. Blind im Glas gerochen denkt man zuerst an Grand Manier, so stark sind die Orangen- und Pomeranzen-Noten. Was dann im Maule kommt ist ein äußerst komplexer Schnaps, einerseits brennt er vorne in der Schnauze, da ist viel zu viel Nachlauf mit in der Flasche, ein guter, qualitätsbewusster, nicht gieriger Brennmeister, könnte hier gewiss Abhilfe schaffen, erst hinten am Gaumen wird er milder, satt, fett, und versöhnt für das Brennen vorne. Mit 45% und 60 EURO für den Liter bewegt sich der Goldberner im Mittelfeld der Mode-Gins, geschmacklich sehr interessant und fordernd, der Wachholder geht fast unter, das ist ein Orangen-Schnaps mit leichter Wachholder-Note, aber lecker, was die Brennerei-Kunst anbelangt, noch deutlich verbesserbar. Und er funktioniert hervorragend als Martini Cocktail, allerdings nicht mit Noilly Prat, sondern ganz hervorragend und sommerlich mit einem Mutaner Blanc aus Mallorca oder – ganz zurückhaltend – mit einem Dolin oder als Gin Sour.

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