Altes Bräuhaus Passau

Summa summarum: Alles ganz gewiss keine kulinarischen Großtaten, aber auf weite Strecken ehrliche, frische bayrische Wirtshausküche in – wenn man sowas mag – typischem, angenehmem Ambiente bei süffigen, durchweg gut eingeschenkten Bieren.

Auch so’ne Sache, gut Essen in Passau. Man kann auf die Veste rauf in’s gleichnamige Oberhaus, neben dem hübschen Blick kocht Josef Feichtinger hier ambitioniert und bemüht, wird aber zu oft von Touristenvolk einfach kulinarisch paralysiert. Der Bayrische Löwe hat zwar einen netten Biergarten, aber das Convenience-Futter dort steht bei mir auf dem Index. Die Heilig-Geist-Stift-Schenke halte ich nach wie vor für hoffnungslos überbewertet, auch wenn Thomas K. aus M. zuweilen drauf schwört. Das Weingut in der Theresienstraße kommt urig daher, die Weine, vorzugsweise aus Österreich, sind tatsächlich recht nett, aber dazu gibt es eine gesichtslose Allerwelts-, ach ne, das heißt ja heute kreative Cross-Over-Küche. Das Buchner in Welchenberg und das Hubertus Stüberl der Schönhofers in Kirchberg sind da schon sicherere Bänke, was gutes Essen anbelangt, aber da muss man gleich wieder fahren.

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Bevor ich kulinarisches va banque spiele oder hungrig im Auto durch die Gegend fahre setzte ich zuweilen lieber auf eine sehr rustikale, aber sichere Bank, nämlich das Alte Bräuhaus mitten in der Passauer Altstadt. Erst vor gut 20 Jahren hat das Gräfliche Bräuhaus Arco-Zinneberg zu Moos das nach einer wechselvollen Geschichte zwischenzeitlich zum Knabeninternat verkommene altehrwürdige Brauerei aus dem 14. (!) Jahrhundert gastronomisch wieder belebt und ein neues altes Wirtshaus hier etabliert, das heute von Michaela Rohmann und ihrem Team betrieben wird. Man mag jetzt viel schreiben oder schwafeln über regionale Verbundenheit, Urtümlichkeit, Lokalkolorit, usw., ein Auszug aus der Liste der Stammtische, die im Alten Bräuhaus daheim sind, zeugt beredter als alles andere davon, dass hier ein Hort bajuwarischen Lebens ist: Biarschtl Briada, Bunnies, Domaufsicht, Kanapeeschoner, Landsknecht, Schwemmingers, Jungen Union, ÖDP … sie alle kommen hier regelmäßig zusammen, um zu essen, zu trinken, zu reden, zu politisieren, zu lachen, zu intrigieren, zu … Das Interieur jedenfalls passt zum deutschen Stammtischklischee: Steinfußböden, grobe Wirtshausmöbel, blanke Tische, Butzenscheiben, holzvertäfelte Wände, das obligatorische Hirschgeweih, ansonsten erfreulich wenig heimattümeliger Zierrat, niedrige Gewölbedecken, dicke, seeehr dicke Wände, im Sommer Tische vor dem Haus, drinnen riecht es leicht säuerlich nach Bier und Kraut, die Luft ist eigentlich immer warm und schlecht (wie mag es hier gedampft haben, als man noch rauchen durfte?), mächtiger Schanktresen, junge Leute, meist Mädel, eher Studentinnen denn Profi-Kellnerinnen, mit Trachten-Versatzstücken bekleidet, als flotte und freundliche Bedienungen, auf der einen Seite eher stillere Familien mit Kindern und dann wieder polternde Stammtisch- und Studentenrunden, die – überraschend spärlichen – Touristen das eine oder das andere oder irgendwo dazwischen, das ist keine ehrfürchtige Nobelfresschen-Flüsterstille und auch kein ohrenbetäubender Bierzeltkrach, das ist einfach traditionelles bajuwarisches Wirtshausambiente, ein wenig kontemplativ, ein wenig ausgelassen, a bisser’l vornehm, a bisser’l leger (wie es im Vorspann des „Königlich Bayrischen Amtsgerichts“ immer so schön hieß).

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Die Speisekarte ist erfreulich kurz gehalten: ein paar Suppen und Salate, ein paar kurzgebratene Gerichte (Schnitzel, Leber, Schweinefilet, Zander, Wammerl), ein paar Schmor- bzw. Bratgerichte (Schweinsbraten, Surbraten, Gulasch, Tafelspitz), die ansonsten fast überall durch einfaches Kurzgebratenes verdrängt werden, ein paar Gerichte für die Fraktion derer, die den armen Tierlein das Futter wegfrisst, dazu bodenständige Brotzeiten mit Würsteln, Leberkas, Wurstsalat, Käsebrot, Obatzda und – schönste Erinnerung an Schamlhans-Studententage – Knödel mit Soße für 2,50 € (für Erwachsene, nicht etwa auf der Kinderkarte) sowie ganze drei Desserts, dazu noch saisonale Gerichte wie Enten, Pfifferlinge, Spargel. Schweinebraten und Surbradl kommen hier wirklich frisch aus dem Ofen, die Soßen dazu nicht aus der großen Tüte, sondern aus dem Bratenreindl, Sauerkraut und Krautsalat sind selbst gemacht und typisch, selbst bei den Klößen tippe ich auf hausgemacht. Schnitzel mit Kartoffelsalat keine gastronomischen Großleistungen, aber ordentlich, Suppen frisch gekocht, Salate sauber geputzt und knackig, die Würstel und Würste und Schinken vom örtlichen Metzger, Spätzle und Schupfnudeln wieder selbst gemacht. Nun gut, die Rösti zum totgebratenen Schweinemedaillon sind TK-Röstinchen, der Rahmwirsing und die Bohnen stammen auch aus Liebherr-Hausen, die Bratkartoffeln sind lausig, das Balsamico-Dressing ist industrielle Balsamico-Creme, und was Spargel im November in einem Salat zu suchen hat, muss mir auch erstmal jemand erklären. Man muss hier halt wissen, was man bestellt und was nicht, aber wer Rösti in einem bayrischen Lokal haben will, der ist eben selber schuld. Alles ganz gewiss keine kulinarischen Großtaten, aber auf weite Strecken ehrliche, frische bayrische Wirtshausküche in – wenn man sowas mag – angenehmem Ambiente bei süffigen, durchweg gut eingeschenkten Arcobräu-Bieren. Was ich persönlich hier sehr mag ist die Tatsache, dass es – mit Ausnahme vom Tomate Mozzarella vielleicht – keine Kniefälle vor dem globalisierten Mainstream gibt: keine Burger, kein Dry Aged Beef, noch nicht einmal Steaks, kein Surf’n-Turf, kein Molekular-Scheiß, kein Tofu, keine Chicken Wings … die Speisekarte bleibt ziemlich authentisch, Terroir-verbunden , und das ist sympathisch.

 

Altes Bräuhaus – eine bayerische Wirtschaft
Michaela Rohmann
Bräugasse 5
94032 Passau
Tel.: +49 (0)851/490 52 52
E-Mail: wirtshaus@altes-braeuhaus.de
Internet: www.altes-braeuhaus.de

 

Hauptgerichte von 6,90 € (Käsespätzle) bis 12,80€ (Cordon Bleu mit Bratkartoffeln), Drei-Gänge-Menue von 15 € bis 20,90 €

 

Das sagen die Anderen:
Guide Michelin: n.a.
Gault Millau: n.a.
Gusto: n.a.
Schlemmer Atlas: n.a.
Feinschmecker: n.a.
Varta: n.a.
Holidaycheck:  n.a.
Yelp: 4 von 5 Sternen (bei 23 Bewertungen)
Tripadvisor: 4 von 5 Punkten (bei 239 Bewertungen)
Google: 4,3 von 5 Sternen (bei 181 Bewertungen)
Facebook: 4,6 von 5 (bei 128 Abstimmungsergebnissen)

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