Beara Ocean Gin: Lasst den Iren, was der Iren ist

Man kann eine Geschichte von vorne aufziehen, oder von hinten. Von vorne, das wäre, da gibt es die Beara Halbinsel in Irland, ganz im Westen, da, wo Irland fast schon an Neufundland stößt, und da ist es wild und ursprünglich und rauh, und da brauen (Tom würde mich jetzt wieder tadeln, ich weiß, Gin wird nicht gebraut) die Eingeborenen seit zwei Jahren auch Gin, Beara Ocean Gin geheißen, und vorherrschende Botonicals sind neben kräftigem Wachholder Fuchsie (alldieweil, die wächst massig in Cork), Zuckertang (Saccharina Latissima) und Zitrusfrüchte, das Ganze wird sodann noch mit salzigem Meerwasser versetzt. Was dabei ist ein zaghaftes Destillat mit 43,3% Alkohol, deutliche, aber nicht dominante Wachholdernote unterstützt von süß und salzig, vorne im Maule scharf brennend, in der Mitte süß-salzig, hinten dann gähnende Leere im Abgang. Im Gin Tonic mag das funktionieren, aber der Martini Cocktail ist Wahrheit, die reine Wahrheit, und da versagt der Beara Ocean Gin kläglich.

Von hinten aufgezogen hört sich die Geschichte ein wenig anders an. Da sind die irischen Zwillinge John Power und Eileen Brennan, John gehört die Silver King Seafoods mit etlichen Kuttern und Fischfarmen, die er erfolg- und gewinnreich an die norwegische Marine Harvest Group verkauft, den weltgrößten Anbieter von gezüchtetem Atlantik-Lachs; Eileen betrieb mit ihrem Mann Ger ein großes Logistik-Unternehmen. Und was machen erfolgreiche Unternehmer nach dem erfolgreichen Verkauf ihrer Unternehmen? Sie widmen sich Hobbies und schönen Dingen. John und Eileen machten sich auf die Strümpfe, die Geheimnisse des Gins zu erkunden. Dazu reisten sie viel, sprachen mit Destillateuren und Gin-Liebhabern und besuchten – so kolportiert es die eigene Webpage – sogar einen Gin-Workshop. Dergestalt tiefen-ausgebildet machten sie sich dann daran, in ihrer Heimat Gin zu produzieren. Dazu taten sie sich zusammen mit dem Hamburger Profi-Brenner, Berater und Vertreter Frank Deiter, der 2004 die Okanagan Spirits Distilling gründete und sich als Vater der Gin-Produktion in Britisch Columbia vermarktet. 2011 gab er diesen Job auf und verdingt sich seit dem mit seiner FR Foothill Rocks Import & Export Inc., Vernon, BC als Berater für ungeübte brennwillige Menschen – und davon gibt es viele dieser Tage, was für den kleinen Arbeiter die Märklin-Eisenbahn ist, das ist für den reichen Privatier oft die eigene Destille, ob sie Geld bringt oder nicht – und vertickt ganz nebenbei noch die Brennanlagen der deutschen Müller GmbH aus Oberkirch-Tiergarten, das ist löblich und gut für’s deutsche BIP. Seit 2017 produzieren die Power Zwillinge jetzt Gin in Beara. Beide sind offensichtlich zu gute Geschäftsleute, als dass sie es bei der reinen Liebhaberei beließen. Lokale Supermarktketten dienen als – Margen-schwache – Vertriebskanäle, die Internationalisierung der Marke ist in vollem Gange, eine Pressemeldung vom Oktober 2018 verkündet stolz, dass der Gin jetzt in 10 Ländern erhältlich sei.

Meine ehrliche Meinung: die Iren sind so ein armes Volk, da sollten wir ihnen nicht auch noch ihren Gin wegsaufen, sondern ihn lieber in Irland lassen. Oder, mit Jesus von Nazareth, lasst den Iren, was der Iren ist.

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