Ich sitze im Frühstücksraum eines noblen Hotels. Trivago sagt mir, dass die billigste Übernachtung hier gerade nicht unter 220 € zu bekommen ist. Eine Familie betritt den Saal: Vater, vielleicht 50, hoch gewachsen, tiefblauer, lässiger Leinenanzug, top gebügelt, weißes Hemd, keine Krawatte, teure Schuhe, teure Uhr, pomadierte, gewellte, relativ lange, graue Haare; ein Herrenmensch, der mit großen Schritten, ausladenden Gesten und stets herablassendem Blick seine Umgebung dominiert. Mutter: vielleicht 45, solariums-gegerbte Haut, blondierte Haare, Sommerkleidchen, sehr große Brüste, die gewiss so nicht vom Lieben Herrgott stammen, nicht minder große Louis Vuitton-Tasche, dazu behangen mit Schmuck, wenn der echt ist, dann ist das deutlich mehr als ein Kleinwagen. Töchterchen: vielleicht 20, zugegeben eine Schönheit, enge Shorts mit Designer-Löchern, weite Bluse, starrt in ein Apfel-Device. Man setzt sich an den Nebentisch, frühstückt, ganz normal. Dann kommt die Frau vom Buffet zurück mit vier Semmeln, Butter, Wurst und Käse, sie schmiert diese vier Semmeln, nimmt sich zwei ungebrauchte Stoffservietten vom Nachbartisch (ich rede von wertigen Leinen-Servietten), packt die vier Semmeln darin ein und verstaut alles in ihrer Louis Vuitton-Tasche. Derweil kommt Töchterchen vom Buffet, mit einer mittelgroßen Plastiktüte (so wie die, die in Hotelbädern in diesen kleinen Mülleimern sind, ich nehme an, eine solche ist es auch), vollgepackt mit Obst, die dann ebenfalls in der mütterlichen Tasche verschwindet, in aller Öffentlichkeit, ganz ohne Scham. Jetzt weiß ich auch, warum ich in Sachen reich werden solch ein Vollpfosten-Versager bin: so macht man Schmuck, 200 € für’s Hotelzimmer, Kleinwagen um den Hals, und dann vier Semmeln für 1,50 € zu Mittag in der Metzgerei sparen und stattdessen ganz offen klauen, nicht nur Lebensmittel, sondern auch noch Hotelwäsche, ohne Scham, ohne Unrechtsgefühl, und alle anderen Gäste müssen in Zukunft etwas mehr bezahlen, um diese widerlichen, asozialen High-End-Schnorrer mitzufinanzieren. Wenn’s nach mir ginge: Hausverbot auf Lebenszeit.