Westküsten-Kochbücher (2/6) – Joanne Sasvari: Vancouver Eats

Wer etwas über Vancouvers trendigste Köche erfahren will, der sollte sich „Vancouver Eats“ von Joanne Sasvari von 2018 anschauen. Natürlich ist der Untertitel „Signature Recipies From The City’s Best Restaurants“ vollkommener Schwachsinn, hier werden 46 lokale Restaurants vorgestellt, die aller Wahrscheinlichkeit nach gut dafür gelöhnt haben, um in das Buch als Werbeträger zu kommen, man kennt das ja. Warum zum Beispiel Kaeli Robinsons Tacofino – Ausgeburt eines Foodtrucks – mit einer Hühnersuppe mit Gemüse und Tacos – sie nennt das Zeugs „Mexi-Cali cuisine with an environmental and nutritional conscience“, wie originell, ha-ha – zu den besten Restaurants Vancouvers zählen sollte, oder Jean-Claude Douguet mit seinem Gotham Steakhouse & Bar, eine stinknormale, gehobene, düstere, ziemlich langweilig-altbackene, sehr teure Kuh-Braterei, oder David Hawksworth mit seinem gleichnamigen, hoch-gelobten, überteuerten, einfallslosen, Null-Acht-Fuffzehn-Hotelrestaurant, entzieht sich vollends meinem Verständnis, da gibt es andere Restaurants, in denen ich weitaus besser in Vancouver gegessen habe. Einerlei, es finden sich auch nette und lohnenswerte Restaurant-Tipps in dem Büchlein, das Kissa Tanto von Joël Watanabe etwa, in dem es tatsächlich italienisch-japanische Fusionsküche gibt, oder Eva Chins Royal Dinette mit einer unglaublich präzisen, minimalistischen Küche, oder das Flying Pig von John Crook, sowas kann sich modernes Steakhaus nennen (und nicht dieses Gotham Dingsda). Einerlei, der Leser von „Vancouver Eats“ erhält einen großen („großen“, sicherlich nicht umfassenden) Überblick über die aktuelle Küche der Stadt und der Region. Diese Küche ist wirklich multi-kulti, ebenso wie die Stadt selber, mit asiatischen, vor allem chinesischen Einflüssen, dazu europäische Einsprengsel, vorwiegend – wen wundert’s – aus Italien und ganz viele mittelalterliche Kanadier, die ihren eigenen Stil, ihr eigenes Ding machen.

Was das Buch dann bietet sind Kurzportraits der Köche und dann jeweils zwei, drei Rezepte samt dekorativen Hochglanzbildchen einiger der Speisen (nicht aller). Man gewinnt den Eindruck, dass die gegenwärtige Küche Vancouvers ganz unter den Zeichen des local sourcing, seasonal, organic, natural steht, auch wenn die Köche aus unterschiedlichen kulinarischen Traditionen kommen. Die Rezepte selber sind zum Teil ziemlich innovativ und interessant, zum Teil recht altbacken und verstaubt. Da gibt es zum Beispiel ein Zitrus-marinierte Gelbschwanzmakrele mit Palmenherzen, Crème Fraîche und einer Yuzu (eine spezielle Zitronen-Art) Vinaigrette versus Pizza mit Cherry-Tomaten, Oliven und Rauke, oder einen im Ganzen frittierten Fisch (habe versucht, dieses Rezept nachzukochen: endete in einem Fiasko) mit einem Japanischen Dip versus selbst gemachte Ravioli. Gemeinsam ist diesen Rezepten, dass sie fest durch die Bank weg recht aufwändig in der Zubereitung sind (so ein Koch will ja auch zeigen, was er kann, wenn er schon für solch einen Beitrag zahlt), dass sie so weit als möglich auf Fertigprodukte verzichten und zumeist recht leicht sind. Sagen wir so: „Vancouver Eats“ ist sicherlich inspirativ, wenn man nicht weiß, was man kochen will (oder wenn man in Vancouver im Hotelzimmer sitzt und nicht so recht weiß, wohin man essen gehen soll). Beeindruckend ist dabei die Vielfalt an Gerichten und Kochstilen, die dieses Buch und vor allem diese Stadt präsentieren. Während vergleichbare deutsche Bücher („Oberbayern Eats“, „The Uckermark Eats“) einfältig von Schweinsbraten zu Schweinsbraten, von Hering zu Hering hecheln und damit den Eindruck einer „ungebrochenen“ regionalen Kochkultur vermitteln, lebst“ Vancouver Eats“ von einer unglaublichen und echten Vielfalt. Dabei sind die Zubereitungen gut und ausführlich beschrieben, nur die Photos von den Kevin Clark Studios (eine sehr professionelle, große Knips-Maschinerie), unterstützt von gleich Prop Stylisten (das sind die Leute, die fertige Speisen zurechtrücken und u.a. mit Haarspray einsprühen, damit sie hübscher Aussehen) sind hübsch und weitgehend nutzlos; oft fehlen Bilder von den Speisen ganz, dafür sind die Köche gleich doppelt abgebildet, so ein Quatsch.


Joanne Sasvari: Vancouver Eats: Signature Recipes from the City’s Best Restaurants. Photos von Kevin Clark. Vancouver: 2018 (Figure 1 Publishing). ISBN-10: 1773270362, ISBN-13: 978-1773270364. Preis 33 €

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top