Tolles Gebäude mit Laden-Inneneinrichtung auf halbwegs ordentlichem Drei-Sterne-Level

Wer auf der Suche nach architektonisch außergewöhnlichen Orten ist, der ist im Hotel im Wasserturn in Köln bestimmt richtig. Ende des 19. Jahrhunderts als größter Wasserturm Europas zur Versorgung Kölns am Rande der Altstadt gebaut, im zweiten Weltkrieg beschädigt, ab 1990 als Hotel wieder aufgebaut, heute ein Fünf-Sterne-Haus mit 88 Zimmern und Suiten sowie zwei Hotel-Restaurants, Mitglied bei den Small Luxury Hotels of the World. Die Lage in einem Wohngebiet am Rande der eigentlichen Altstadt ist kein Makel. Um den Hotelturm herum eine kleine, gepflegte, eingewachsene Grünanlage mit Freisitzen, eigene Tiefgarage, Dom und Touristenfallen fußläufig in vielleicht 15 Minuten, Shopping am Neumarkt und Szeneviertel Barbarossa-Platz in keinen zehn Minuten erreichbar, Büdchen, echte Kölner Brauereigaststätte, Italiener, sogar ein Spaßbad und U-Bahn-Haltestelle fast direkt am Haus, Messe, Flughafen, Hauptbahnhof, Rheinufer, alles wenige Taxi-Minuten entfernt, also eigentlich eine ziemlich gute Lage für ein Hotel. Der Bau ist zweifelsohne spektakulär, das Erdgeschoss mit Rezeption, Bar, Restaurant und ein paar (angebauten) Tagungsräumen ist ein Gewirr von Backsteinsäulen und –wänden, aber ganz wenig Fenstern (und einem düsteren Lichtdesign), keinen graden optischen Linien und keine rechten Winkel, dazu zwei düstere, fast identische Skulpturen (die nochmals nicht nur zur düsteren Atmosphäre beitragen, sondern – bis man kapiert hat, dass es zwei unterschiedliche Skulpturen sind – vor allem zur Verwirrung und Verirrung in den Erdgeschoss-Katakomben).
Begrüßung bei der Anreise ok, für einen eigenen Wagenmeister ist das Haus zu klein, das macht der Doorman, persönliche Begrüßung mit Namen, Unterlagen vorbereitet (am Rande ein Stück aus dem Kölner Narrenhaus: bei einer geschäftlichen Übernachtung in Köln muss man ein handausgefülltes, vom Konzern-Vorgesetzten unterschriebenes und gestempeltes (!) Formular vorlegen, dass der Anlass der Reise dienstlich ist – ansonsten muss man ein paar Groschen für irgendeine lokale Kultur-Zwangs-Abgabe zahlen), Gepäck auf’s Zimmer gebracht – bis hierhin alles gut.
Den Zimmern sieht und fühlt man an, dass sie von einer Ladenbauerin eingerichtet wurden (Andrée Putman, euphemistisch als Boutiquen-Einrichterin namhafter Couturiers gefeiert, noch dazu Französin – mein Gott, fast so peinlich wie der Lagerfeld-Hype, den Bonn gerade mit dem Groß(maul)meister(lein) auf Abstellgleis (welcher echte Promi ginge freiwillig nach Bonn?) inszeniert – eine Ladenbauerin halt), und so sehen die Zimmer auch aus: lieblos, halbwegs funktional, preiswert, nichts von Charme und Stil und Geschmack. Vor allem – logisch in einem runden Turm, und doch verstörend – kaum ein rechter Winkel, alles in Keilform: verwirrend. Aber im 9. Stock netter Blick über Köln auf den Dom, aber trotz Wohngebiet alles andere als ruhig, ein rundumlaufender Gang um den ganzen Turm vorbei an allen Zimmern (einerseits heißt das, jedes Zimmer hat einen Austritt nach draußen, andererseits heißt das, jeder, der auf dem Stockwerk ein Zimmer hat kann auch an allen anderen – voll verglasten – Zimmern vorbeilatschen). Keine Ablage für den Koffer, winziger Schreibtisch, exakt 1 (eine!) Steckdose am Schreibtisch, schwaches, langsames (aber im Zimmerpreis enthaltenes) W-Lan, kleiner Flachbildschirm, keine Musikanlage, aus der Tür zum Nachbarzimmer kommt ein Knäuel von vielleicht 10 Meter Klingeldraht mit un-isolierten Enden in der Zimmerecke mitten auf dem Fußboden, das Bad winzig (ein dickerer Mensch käme nie in die Dusche oder auf das WC – das toppt selbst manches IBIS-Bad), abgestoßene Systemmöbel, Bett zu weich, Dusch-Abfluss verstopft (nach 5 Minuten duschen überflutet die Dusche zuerst das Mini-Bad, dann sofort den Teppichboden im Flur), Seifenschale nicht gereinigt, sondern auf alte Seifenschmiere einfach neues, verpacktes Stückchen Seife gelegt (der Klassiker, werte Hausdame, sowas übersieht man doch nicht …). Nach meiner spontanen Empfindung max. ein leicht verwohntes Vier-Sterne-Hotel-Zimmer, nicht mehr ganz state of the art, aber auch da gibt es bessere, aber keinesfalls Fünf-Sterne-Kategorie.
Klingeldraht-Knäuel, mangelnde Kofferablage, dreckige Seifenschale und verstopfte Dusche am Morgen bei der Rezeption bemängelt, am Nachmittag Klingeldrahtknäuel entfernt, noch immer keine Kofferablage im Zimmer, Seifenschale noch immer dreckig, aber neues Stück verpackte Seife auf die Seifenschmiere gelegt, Schuhabdrücke in der Dusche, aber noch immer verstopft. Einer von vier Mängeln – 25% Reaktionsmenge, 75% Ignoranz …. nicht gut, im Fünf-Sterne-Bereich.
Die Bar war an den drei Abenden, an denen ich da war, so lala. Barkeeper etwas ambitioniert, aber wenig Ahnung, Ausstattung der Bar Mittelmaß, kleine Auwahl an Standard-Spiritouosen, nix besonderes. Frühstück auch OK, Basics are there. Aber wenn mir am Eingang des Frühstücksraums ein Schild sagt, ich solle warten, bis ich platziert werde, und fünf Minuten niemand kommt – alldieweil die Kaltmamsell beim Frühstück alleine ist, gerade in den Serviceräumen Kaffee kochen muss und daher keine neuen Gäste platzieren kann -, dann fühle ich mich gelinde vera …. Und wenn ein Frühstück 28 € zusätzlich zum Übernachtungspreis von knapp 200 € im Einzelzimmer kostet, dann ist das stolz, aber noch im Rahmen — aber wenn dann ein Glas frisch gepresster Orangensaft nochmals 6,50 € kostet, dann ist das schlichtweg unverschämt.
Die beiden Restaurants im Haus „Himmel un Äd“ und „d- großes A ohne Querbalken – bliju’W‘“ (wer denkt sich so saublöde, nicht les- und sprechbare und am Computer auch nicht schreibbare Bezeichnungen aus?) bieten lt. Speisekarte den zwischenzeitlich üblichen internationale höherpreisigen Cross-Over-Einheitsbrei, habe ich mir für dieses mal erspart, mache ich mich schweren Herzens das nächste mal dran. (Stattdessen war ich in zwei wirklich netten, urigen, derben, schlichten Brauereigaststätten und habe Stielmus, Hackepeter und Dicke Bohnen gegessen – jetzt wird mir sicherlich die Lizenz zum Kritteln entzogen …). Was ich aber mit dem Brustton der Überzeugung sagen kann, ist dass das Catering für Veranstaltungen im Hotel im Wasserturm grausam ist: fischig riechender Lachs auf trocknen Nudeln, zerkochter geschmackloser Braten mit Tütenspätzle ohne Sauce, mannigfachige Nachtische aus angerührten Chemiepülverchen, hübsch in kleinen Gläschen drapiert, zum Lunch, Convenience-Kuchen zum Kaffee, die Stückchen von der Schwarzwälder-Kirsch-Torte innen noch gefroren, zum Dinner nochmals fischigen Fisch auf trockenen Nudeln oder rosa gebratenes, strohtrockenes Schweinefilet auf ein paar Möhrchen und irgendeiner schwarzen Kartoffelpampe (Prinzesskartoffeln genannt), wieder ohne Sauce, Convenience zum Dessert, das braucht’s nun wirklich nicht.

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