Rößler’s Kaffeerösterei: guter, nachhaltiger Kaffee und entschleunigtes Dorfleben

Da jammern wir allerortens, wenn wieder ein kleiner, alteingessener, liebenswerter, liebgewonnener Betrieb zu macht, gequält von Personal- und Nachwuchssorgen, drangsaliert von politischer Gängelung, EU-Bürokraten-Irrsinn und Wuchersteuern zur Finanzierung der politischen Gängelung und des EU-Bürokraten-Irrsinns, unter Druck gesetzt von internationalen Ketten, Konzernen, Lieferanten-Kartellen, Preiskämpfen, im Stich gelassen von Internet- und Discounter-Käufern … und da wundern wir uns, wenn die Bäckerei an der Ecke, die Brauerei im nächsten Dorf, die ehrliche Kiez-Kneipe, der kleine Metzger und Krämer vor der Haustüre zumachen, aber vielleicht haben ja auch wir selber zu oft und zu bequem und zu wohlfeil bei Aldi, Amazon und Starbucks unser Geld ausgegeben und es den Konzernen in die gierigen Rachen geworfen, statt die Kleinen zu unterstützen. Trotzdem ist das Jammern oft groß, wenn wieder einer verschwindet. … Einserseits. … Andererseits: so ist halt das Leben, der eine geht, der andere kommt. Was bei diesem Jammern über den Verlust des Alten meist übersehen wird ist, dass dadurch Platz für Neues entsteht, zumindest teilweise. Wenn der kleine Bäcker aufhört und die Bäckereikette übernimmt die Verkaufsstelle, nicht aber die Backstube, und bietet statt dessen ihre Industrie-Backlinge wohlfeil, dann finde ich das Scheiße. Wenn das kleine Restaurant, von mir aus auch nur mit frisch gebratenen Schnitzeln und frischem Bier, zumacht und McDonalds kommt in die Räume, so finde ich das Scheiße. Wenn die kleine Brauerei vom internationalen Bier-Multi aufgekauft, das Brauerei-Areal zum Wohngebiet umgebaut, das Bier in Tankwägen von wer-weiß-wo rangekarrt und vor Ort nur noch unter der alten Marke abgefüllt und vertrieben wird, so finde ich das Scheiße. Aber so läuft das ja zum Glück nicht immer. Daneben werden ja auch jede Menge neuer, kleiner Betriebe mit familiärem, handwerklichem oder Manufaktur-Charakter neu gegründet. Nur ein Beispiel: allein 2017 entstanden in Deutschland 82 neue Brauereien, meist kleine, Inhaber-geführte Mikrobrauereien, manchmal aus Liebhaberei, manchmal als Marketing-Gag zur Geschäftssteigerung in Kneipen, oft aber auch mit ökologisch-nachhaltiger Ausrichtung. Sowas entschädigt dann etwas für das massenhafte Brauereisterben andererseits.

Ein sehr schönes Beispiel für sowas Neues ist Rößler‘s (wieder mit falschem Apostroph, zefix!) Kaffeerösterei im Hofgut Stürzer in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Zuerst musste die Schnapsbrennerei der Familie Stürzer „sterben“, bevor Wolfgang Rössler dann hier 2017 seine kleine Rösterei mit einem robusten Probatone Röster als Herzstück einrichten konnte. Und Kaffee rösten, das kann er, der Wolfgang Rössler, meist aus kleinen Chargen von kleinen, nachhaltig arbeitenden Kaffeebauern aus aller Welt, fast ausschließlich Arabica-Kaffees. Auch die Verpackung von Hand in Kraftpapier ist ökologisch. Und wo uns die Dallmayers und Jacobs dieser Welt sensorisch oft totgeröstet haben, da hat Rösslers Kaffee auch mal richtig Bumms, seine Hausmischung Café Fuerte aus Arabicas aus Peru und Brasilien, die kann was.

Um den Röster herum ist ein ganz kurioser Raum entstanden, eine Mischung aus Verkaufsladen, Café, Lounge und Manufaktur, in einer Zeit, wo alles auseinanderdividiert und separiert wird, hat man hier irgendwie das Gefühl der Integration von Produktion, Distribution und Konsumption, um es mal mit Marketing-Sprech auszudrücken. Es riecht eindringlich nach geröstetem Kaffee (klar, was sonst?), an einem langen Tresen kann man sich unterschiedlichste Kaffees bestellen, die mit einer kultig-legendären Faema E61 von Enesto Valente, (wen es interessiert: die ersten halbautomatische Espressomaschine für die Gastronomie weltweit, seit 1961 quasi unverändert am Markt) gebrüht werden. In einem klassischen Hungerturm gibt es ein paar Sorten selbst gebackene Kekse und Kuchen zum Kaffee. Das Alles kann man dann an einem langen Stehtisch und ein paar Sitzgruppen genießen und dazu ein ausführliches Schwätzchen halten, was die Einheimischen offensichtlich gerne annehmen, man kommt herein, kauft sein Pfund frisch gerösteten Kaffee, trifft den/die Nachbarn/in, holt sich einen Espresso, hockt sich hin, plaudert ein viertel Stündchen und geht weiter seiner Wege: entschleunigtes Dorfleben, so ganz anders als etwa Dinzler am Irschenberg, der ökonomisch wahrscheinlich unendlich erfolgreicher ist, aber heute weniger mit einer Rösterei als vielmehr mit einem Fun-Park mit Großkantine zu tun hat.

Rößler’s Kaffeerösterei
Wolfgang Rößler
Rosenheimer Straße 4b
85635 Höhenkirchen
Tel.: +49 (81 02) 8 74 07 01
Email: kontakt@roessler-kaffee.de
www.roessler-kaffee.de

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