Marginalie 64: Der neue Ikea-Katalog oder mein Teller Ragnar ist kaputt

Anlässlich des Erscheinens des neuen Ikea-Kataloges (eigentlich erstaunlich, dass die Schweden noch immer flächendeckend auf Print setzten) wirbt das Haus im Radio damit, dass es jetzt 1.187 neue Produkte bei Ikea gebe und man doch bitte sofort kommen, diese Innovationen bestaunen und gefälligst kaufen möge. 1.187 neue Produkte nach nur einem Jahr … beachtlich, mag sich da der Eine oder Andere denken. Wenn man aber annimmt, dass die Produktvielfalt bei Ikea nicht immer größer wird und über die Jahre in’s Unendliche wächst – und davon kann man wohl ausgehen –, so heißt dies im Umkehrschluss, dass mit dem neuen Katalog und Sortiment wenigsten 1.000 alte Produkte – wahrscheinlich sind es betriebswirtschaftlich hinter den Kulissen exakt abgestimmt genau auch 1.187 Produkte – wegfallen! Und was fällt weg? Natürlich immer genau der Teller Ragnar, den die Jungs vor drei Tagen zerdeppert haben und der Kopfkissenbezug Sören, den’s bei wildem Liebesspiel zerfetzt hat und die ich nun beide frohen Mutes bei Ikea nachkaufen will. Nichts da, keinen einzelnen Teller Ragnar und keinen einzelnen Kopfkissenbezug Sören nachkaufen, damit wieder Einheitlichkeit im Geschirr- und im Wäscheschrank herrschen, sind nämlich gerade beide aus dem Programm genommen worden. Aber kaufen Sie doch gleich sechs neue Teller Linus-Maximilian und vier Kopfkissenbezüge Leif-Lasse. Oder kaufen Sie nur einen neuen Teller und einen neuen Kopfkissenbezug und starten Sie endlich die Geschirr- und Wäsche-Anarchie auf Frühstückstisch und im Bett. Tja, und genau das ist einer der Gründe – abgesehen von Design, Rohstoffen, Produktionsbedingungen, Verarbeitung, Qualität, Haltbarkeit, Beratung, Kassenwartezeiten – warum ich keinerlei kaputtbaren Dinge, die man vielleicht mal nachkaufen möchte – Geschirr, Gläser, Besteck, aber auch Handtücher, Bezüge, Vorhänge, you name it … – jemals bei Ikea kaufe. Unsterblich sind bei Ikea wahrscheinlich nur Ivar und Billy (die Ivar-Regale aus meiner Studentenbude tun jetzt noch bei uns im Keller ihren Dienst, und ich könnte welche, wenn ich wollte – aber ich will nicht – nachkaufen). Aber geil ist es schon, heute wie damals als Student durch ein Ikea-Haus zu laufen, heute allerdings mit dem großkotzigen Bewusstsein, dass man sich alles, aber wirklich alles hier jetzt leisten könnte … aber sich nichts mehr davon leisten möchte … bzw. leisten braucht.

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