Caro und ich saßen neulich beim Italiener, nichts Besonderes, aber auch keine Spelunke, sondern nur ein richtig „gutbürgerlicher“, unprätentiöser, eingedeutschter Pizza-Pasta-Insalata-Italiener (beim „richtigen“ Italiener im „richtigen“ Italien muss man sich zumeist entscheiden, Pizza oder Pasta, Lokale, die beides anbieten, wurden in der Regel aus Deutschland bzw. für Touristen re-importiert, sind aber nicht originär italienisch) . Die Servicekräfte haben zumindest einen italienischen Migrationshintergrund, aus der Küche flucht es lauthals Italienisch, ich vermute latinischer Dialekt, das scheinen sich Koch und Beikoch nicht ganz grün zu sein, schöner könnten es Don Camillo und Pepone auch nicht: „Ci hai rotto i coglioni!“, „Dai, salti del ponte!”, „Mi rompe le palle!” und dann folgt unvermittelt ein Stakkato aus „Vai a puttane! Vai quel paese! Và a morire ammazzato! Vai a farti benedire!“ – fast wünschte ich, der so Schimpfende könnte sich endlich entscheiden, wohin denn der Beschimpfte nun tatsächlich gehen soll. Auf jeden Fall macht das alles schon mal einen recht authentischen Eindruck. Entsprechend werden die Spaghetti Carbonara hier ohne Sahne angeboten, lediglich Pancetta, Pecorino, Eigelb und schwarzer Pfeffer, so, wie es sich gehört. (Nur nebenbei, gibt eine Speisekarte beim Italiener für die Spaghetti Carbonara als Zutat auch Sahne an, so betrete ich dieses Lokal in der Regel gar nicht erst, zumindest nicht ohne Not, wer sowas unverschämt (ohne Scham) auf die Speisekarte schreibt, der kann gewiss auch sonst nicht kochen und hat daneben noch eine ganze Menge schlimmer Laster.) Trotz dieser vertrauenserweckenden Speisekarte hier dann große Verwunderung: Dass beim Italiener ungefragt billiger Reibekäse über die Nudelgerichte gekippt wird, scheint irgendwie Schicksal zu sein. Dass Spaghetti mit Löffel serviert werden, ist wohl nur verblümter Ausdruck, dass die Bedienung uns für dämlich und/oder unkultiviert hält. Aber dass auf dem Tellerrand meiner Spaghetti Carbonara auf der einen Seite drei – offensichtlich intentional unterschiedlich große – Tropfen billiger Fertig-Erdbeer-Sauce, auf der anderen Seite irgendwas verschmiertes Braunes – für Scheiße ist es zu fest und zu dunkel, vermaledeite Balsamico-Creme kann es auch nicht sein, dafür ist’s ebenfalls zu fest, und für Kaffeesatz ist die Masse zu fein, Schokolade könnte es vielleicht sein, erwärmte, mit einem Pinsel hingeschmierte und wieder erkaltete Schokolade, probieren jedenfalls mag ich’s nicht – prangt, das schockt mich zutiefst. Was haben Fertig-Erdbeer-Sauce und Schokoladen-Schmierereien mit Spaghetti Carbonara zu tun? Welcher hirnrissige Irrwisch von Küchenberater hat diesen armen italienischen Wirtsleuten bloß eigeredet, dass man bei Spaghetti Carbonara auf dem Tellerrand Food-Design betreiben müsste?
Na ja, die Spaghetti waren ganz ok, aber so einen Quatsch brauche ich nicht öfters …