Imlauer Pitter Salzburg

Summa summarum: funktionales Haus ohne sonderlichen Komfort in schlechter Lage, meist sehr aufmerksames, gutes Personal, ausgesprochen gemischtes Publikum, hübsche Dachbar, was ich erlebt habe schreckliches Essen, dazu alles andere als wohlfeil, kein Grund, wiederzukommen …

Salzburg ist für den Reisenden problematisch. Zwar gibt es ein riesiges Angebot an Hotels, aber diese eigentlich wunderhübsche Stadt ist touristisch vollkommen verlaust und verdorben, und so sind die Hotels. Die Salzburger Sacher-Dependance, Bristol, Mönchstein und Goldener Hirsch sind recht gut, rufen aber in der Saison heutzutage gerne mal Preise von 500 bis 1.000 EURO auf – pro Doppelzimmer pro Nacht, und das sind sie einfach nicht wert. Radisson Blu und Sheraton Grand kann man knicken, und das war’s dann auch schon mit fünf Sternen in Salzburg, aber im Vier-Sterne-Bereich gibt es ja auch einiges.

Zum Beispiel das Imlauer Hotel Pitter, das von der Papier-Form einen recht guten Eindruck macht, proper, aufgeräumt, unaufgeregt-komfortabel, etwas kühl, zentral gelegen, aber auf der Kapuzinerberg-, nicht auf der Festungsseite mit der Idiotenrennmeile Getreidegasse, vor allem mit einer formidablen Dachbar mit Blick über Salzburg, mit um die 200 EURO pro Nacht nicht wohlfeil, aber für Salzburger Verhältnisse durchaus relativ wohlfeil. Gleich daneben noch das Schwester-Haus Hotel Imlauer & Bräu mit einem ziemlich nett aussehenden Gastgarten. Auf der anderen Seite unmittelbar das wuchtige Salzburger  Kongresszentrum, dazu viele Firmen und Behörden. In diesem Habitat vermutet der geschäftlich Reisende dann eher gediegeneres Publikum und reellen value for the money  als Touristen-Trubel, Trubel-Touristen und Abzocke. Na ja …

Die Anfahrt zum Hotel Imlauer Pitter gestaltet sich atemberaubend, weniger wegen der zick-zack fahrenden O-Busse, als vielmehr ob der Population rund um den Salzburger Hauptbahnhof, dazu im Vergleich sehen gewisse Straßenzüge in Bochum aus wie Hochburgen des kultivierten, aufgeklärten, christlichen Abendlandes aus. Die Imlauer-Hotels von außen unspektakulär, weder verlottert noch luxus-saniert, weder großkotzig noch armselig, weder hübsch noch hässlich, einfach ordentliche, funktionale, größere Beherbergungsbetriebe, vorerst ohne Lob und ohne Tadel. Die Vorfahrt zum Hotel ist nicht zugeparkt, ich habe den Wagen noch nicht verlassen, da kommt schon ein vielleicht vierzigjähriger, livrierter Hotelpage, mich zu verscheuchen, sollte ich kein Hotelgast sein, mir dienstbar zu sein, sollte ich ein Hotelgast sein, was ich ja zum Glück bin, denn hier einfach so am Straßenrand zu parken erscheint angesichts der Parksituation nur schwerlich möglich, und angesichts des Publikums wenig ratsam, zumal mit einem Piefke-Kabrio. Marmorne mittelgroße Hotelhalle, problemloses, schnelles Einchecken, die Formulare sind schon mit meinen Daten aus der Reservierung befüllt und ich brauche nur noch zu unterschreiben, das mag ich, mein Wagen wird derweil geparkt, mein Gepäck auf’s Zimmer verbracht, alles sehr freundlich, problemlos und professionell. Aber dann, das Zimmer: so klein, dass zwischen ohnehin schon schmalen Schreibtisch und Bett kaum ein Stuhl passt, mieses Raumklima, Fenster lassen sich nur Kippen, davor lärmende, schmutzige Straße und Baustellen, knatternde Klimaanlage, weiche, durchgelegene Matratze, sehr kleines Bad, außer zwei festgeschraubten Plastik-Seife-Spendern an Waschbecken und Dusche keine Pflegeprodukte, vom Gemütlichkeits-Faktor her würde ich sagen Wartehallen-Ambiente: zum Schlafen und Duschen reicht’s aber gerade mal so, sonst möchte ich in solcherlei Behausung nicht mehr Zeit als absolut notwendig verbringen.

Der erste Martini in der Dachbar – IMLAUER Sky – Bar & Restaurant geheißen – droht zum Fiasko zu werden, der Tages-Barkeeper hat offensichtlich absolut keine Ahnung vom Mixen, will mir Beefeater und trockenen Vermouth 1:3 mischen, als ich interveniere, blickt er mich verständnislos an, als ich nach Rührbecher, gekühltem Glas, gewaschenem Eis und Botanist verlange sagt er nur, das koste dann aber extra und er wisse nicht, was Botanist sein solle, dabei steht er direkt vor der Flasche. Zum Glück erscheint der Keeper von der Nachtschicht, er versteht mich sofort und wir werden beste Freunde für zwei Abende.

Die Dachbar samt großer Terrasse mit Blick über die Stadt auf Feste und Kapuzinerberg, im Hintergrund die Alpen, ist hübsch, da beißt die Maus kein Faden ab. Die Speisekarte hingegen ist so eine typische gesichtslose Allerwelts-Karte mit Kalbs-Carpaccio, Bio-Schafskäse, Cremesuppe von der Bio-Karotte, Salat mit sautiertem Hummer, Trüffelnudeln, dazu einen Alibi-Tafelspitz und ein Vorzeige-Wiener-Schnitzel. Wer braucht sowas, frage ich mich? Geschätzt besteht das Publikum zur Hälfte aus Reise-Terroristen und zur Hälfte aus Eingeborenen. Die Reisenden spachteln kräftig, die Einheimischen trinken fast alle nur Cocktails und Weine und genießen die hübsche Aussicht, was durchaus für die Einheimischen spricht.

Theoretisch gäbe es als gastronomische Inhouse-Alternative noch den Pitter-Keller, system-gastronomisch-urig-leger, wenngleich fensterlos, mit einer ziemlich authentisch klingenden traditionellen Österreichischen Speisekarte mit vielen Klassikern von Bretteljause und Erzäpfelsuppe über Gulasch und Backhendel bis hin zu Salzburger Nockerln und Palatschinken, dazu der imperiale Burger-Kniefall, nur leider geschlossen.

Aber im Schwester-Haus, dem drei Häuser entfernten Hotel Imlauer & Bräu gibt es einen ziemlich nett aussehenden Gastgarten, die Speisekarte klingt nicht so österreichisch-authentisch wie im Keller, aber immerhin. Die Bedienungen im ¾ leeren Gastgarten sind dann eher bemüht als flott. Wenn es zwar Gulasch auf der Speisekarte gibt, aber auf Nachfrage des Gastes keine halbe Vorspeisenportion (man hat bei Österreich und Gulasch ja den großen blubbernden Topf vor Augen, aus dem der dicke Koch einen mehr oder minder großen Schöpfer auf den Teller tut), dann sollte ja klar sein, woher dieses Gulasch stammt, aus dem großen, blubbernden Topf jedenfalls nicht (allerdings – zwischenzeitlich gibt’s auch kleine Gulasch-Portionen, man lernt offensichtlich dazu). Machen wir’s kurz: sehr süffiges, leckeres, gut gezapftes Stiegl Goldbräu, schlechteste Gulaschsuppe ever mit sehnigen, verkochten, breiigen Fleischbrocken in dünnem braunem Süppchen; Matjes Hausfrauenart breiiger Fisch, wahrscheinlich industrielle Salatcreme, aufgewärmte Kartoffelbrocken; schlechtestes Schnitzel vom Schwein ever, zähes, wässriges, fettes Fleisch unter fettgetränkter Panade, Kartoffel-Vogerl-Salat mit süßlichen Kartoffelscheiben und verwelkten Vogerl-Salat-Blättern, teilweise noch mit Wurzeln dran; die Palatschinke nie und nimmer frisch gebraten, die Marillenmarmelade ungut schmeckend. Selten so schlecht Österreichisch gegessen.

Dazu passt dann das Frühstück, serviert in der netten Dachbar mit hübschem Blick über Salzburg: ein Kaffeeautomat für ein 192 Zimmer Hotel, alternativ gibt’s Thermos-Kännchen mit dünnem Kaffee, überreife Ananas, unreife Wassermelone, ansonsten große Schüsseln mit Dosenobst, traurige Wurst, trauriger Schinken, trauriger Käse in der Kühle, aufgewärmtes TK Gemüse, dubiose Würstel, Pfannkuchen und Tetrapack-Rührei in den Bain-Maries, labbriges Gebäck, vor der Eierbratstation unablässig eine lange Schlange, viel zu wenig Personal, in Folge unabgeräumte Tische, dazu ein Publikum, das auf weiten Strecken jegliche Tischmanieren vermissen lässt …

Summa summarum: funktionales Haus ohne sonderlichen Komfort in schlechter Lage, meist sehr aufmerksames, gutes Personal, ausgesprochen gemischtes Publikum, hübsche Dachbar, was ich erlebt habe schreckliches Essen, dazu alles andere als wohlfeil, kein Grund, wiederzukommen …

IMLAUER HOTEL PITTER Salzburg
IMLAUER Hotel & Restaurant GmbH
Geschäftsführer Georg Imlauer
Rainerstraße 6
A-5020 Salzburg
Tel: +43 (6 62) 88 97 80
Fax: +43 (6 62) 87 88 93
E-Mail: pitter@imlauer.com
Internet: www.imlauer.com

Sky-Restaurant: Hauptgerichte von 13,20 € (Parmesannudeln mit pochiertem Ei) bis 30,90 € (Sautierter Hummer mit Gemüse), Drei-Gänge-Menue von 26,60 € bis 62,30 €

Pitter Keller: Hauptgerichte von 9,60 € (Linseneintopf mit Knödel) bis 20,60 € (Gefülltes Kalbsschnitzel mit Röstkartofffeln), Drei-Gänge-Menue von 17,40 € bis 41,30 €

Braurestaurant IMLAUER: Hauptgerichte von 10,20 € (Gemüsepfanne, Kartoffeln Spiegelei) bis 25,90 € (Rumpsteak, Wedges, Beilagen), Drei-Gänge-Menue von 17,40 € bis 51,10 €

Doppelzimmer mit Frühstück (pro Zimmer, pro Nacht) 124 € bis 374 € (zur Festpielzeit)

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