Filet-Toast: fünf Minuten Genuss nach zwei Stunden kochen

So ein Filet-Toast ist dreierlei: zum ersten und zweiten ist er köstlich und sättigend, zum dritten ist er deprimierend für den Koch, denn da steckt nun jede Menge Arbeit drinnen, die ruck-zuck weggefressen wird, ist ja nur‘ne Toastscheibe mit’nem Filet drauf, nicht billig, aber wohl doch kein großer Aufwand. Doch, sehr großer Aufwand für’ne Toastscheibe mit’nem Filet drauf. Zwiebeln und Champignons wollen sautiert sein, gepimpt mit ein wenig getrockneten Steinpilzen, eine Reduktion für eine Hollandaise – etwas kräftiger gewürzt als für eine normale Hollandaise – will aufgeschlagen sein, Filets pariert, mariniert, gebraten, warmgehalten, dann alles nochmals erwärmt, Toasts getoastet, die Filet-Toasts schließlich zusammengebastelt, dekoriert und serviert … und dann isses ruck-zuck easy-going aufgefressen. Basta. Würde mich meine Freundin um einen Mitternachtsimbiss für ihre Poker-Runde bitten, oder um ein Zwischengericht zwischen fulminantem Brunch und großem Dinner, oder als kleines Gericht vor Crêpe Suzette (vielleicht ergänzt mit einem ordentlichen Gang Schnecken – wenigstens zwölf, nicht diese sechser Hunger-Alibi-Portionen), so wären Filet-Toasts die erste Wahl.

Zutaten (für 4 Portionen):

  • 4 Scheiben Rinderfilet (vom dicken Ende), je ca. 1,5 cm dick*
  • Neutrales Pflanzenöl (Sonnenblumen, hilfsweise Raps, kein Olivenöl)
  • Grober schwarzer Pfeffer

Für den Belag des Fleisches:

  • 5 g getrocknete Steinpilze
  • 2 Zwiebeln (zusammen ca. 200 g)
  • Butterschmalz
  • 250 g Champignons (möglichst kleine)
  • Salz

Für die Hollandaise:

  • 200 ml herber Weißwein
  • 50 ml Wasser
  • 6 angedrückte Nelken
  • 2 große, grob zerbröselte Lorbeerblätter
  • 6 angedrückte Wachholderbeeren
  • ½ Teel. angedrückte Pimentkörner
  • ½ Teel. angedrückte weiße Pfefferkörner
  • ½ Teel. getrockneter Thymian**
  • ½ Teel. getrocknetes Bohnenkraut**
  • 1 Schalotte (ca. 50 g)
  • 3 Petersilienstängel***
  • Reichlich Zitronenschale (etwa so groß wie 5 Daumennägel)
  • 250 g Butter
  • 4 Eigelb
  • Salz
  • Chayenne
  • Evtl. ein paar Tropfen Zitronensaft
  • 4 dicke Scheiben Kastenweißbrot vom Bäcker****
  • Was Grünes als Garnitur*****

Zubereitung:

  • Rinderfiletscheiben wenn nötig parieren (und darüber nachdenken, ob man nicht den Metzger wechseln sollte, wenn man Filet parieren muss), mit dem Handballen beherzt und gleichmäßig etwas flach drücken
  • Rinderfiletscheiben rundherum mit neutralem Pflanzenöl einstreichen, mit grobem schwarzem Pfeffer würzen (nicht salzen!), mit Frischhaltefolie locker abdecken (nicht einwickeln), bei Raumtemperatur beiseitestellen

Für den Belag des Fleisches:

  • Getrocknete Steinpilze in 50 ml lauwarmem Wasser einweichen
  • Zwiebeln schälen, auf der Gemüsereibe in ca. 1,5 bis 2 mm dicke Scheiben hobeln
  • 1 Essl. Butterschmalz bei guter Hitze in einer möglichst großen Pfanne gut heiß werden lassen (7 von 9)******
  • Zwiebeln in die Pfanne geben, mit einem Holzspatel gut verrühren, so dass sich die Ringe voneinander lösen
  • Steinpilze aus dem Einweichwasser nehmen, mit der Hand die Flüssigkeit aus den Pilzen gut ausdrücken und auffangen, Pilze auf ein Schneidebrett geben und fein hacken
  • Wenn die Zwiebeln anfangen, gaaanz leicht zu bräunen, mit der Hälfte des Pilz-Einweichwassers ablöschen, durchrühren, Flüssigkeit ganz einkochen lassen; Vorgang mit der anderen Hälfte des Einweichwassers wiederholen
  • Zwiebeln unter ständigem Rühren ganz leicht glasig bräunen lassen (sie sollen nicht knusprig werden, sondern nur sautiert), sachte salzen, auf eine Platte mit Küchenkrepp (zum Entfetten) geben
  • Champignons gut waschen*******, putzen, bei Bedarf halbieren oder vierteln********
  • Wieder 1 Essl. Butterschmalz in die Zwiebel-Pfanne geben*********, wieder auf 7 gut heiß werden lassen
  • Champignons und gehackte Steinpilze in das heiße Fett geben, unter ständigem Rühren sautieren, bis alle Pilze leicht gebräunt sind**********, dann leicht salzen, nochmals durchrühren, auf eine mit Küchenkrepp ausgelegte Platte zum Entfetten geben

Für die Hollandaise:

  • Butter auf mittlerer Flamme (6,5 von 9) schmelzen und 10 Minuten köcheln lassen
  • Molke (weißer Schaum) mit einem Löffel von der Oberfläche abschöpfen und entsorgen
  • Geschmolzene, gekochte, geklärte Butter etwas abkühlen, aber nicht erstarren lassen
  • Für die Reduktion Weißwein mit Wasser mischen, in eine Sauteuse geben, sanft bis zum Siedepunkt erhitzen
  • Schalotte ungeschält*********** grob zerteilen
  • Petersilienstängel waschen und grob zerteilen
  • Zitronenschale dünn abschneiden (nur die gelbe äußere Haut, nichts Weißes und schon gar kein Fruchtfleisch)
  • Schalotte, angedrückte Gewürze, Petersilienstängel und Zitronenschale zum köchelnden Wein-Wasser-Gemisch geben
  • Reduktion ganz leicht köchelnd laaaangsam einkochen lassen: das hier ist kein Wettbewerb auf Schnelligkeit, die Aromaten sollen möglichst viel ihrer Aromen an die Flüssigkeit abgeben, und das braucht seine Zeit; 20 bis 30 Minuten sind das durchaus
  • Die Reduktion ist fertig, wenn noch ein guter Esslöffel Flüssigkeit im Topf ist; Topf vom Feuer nehmen, ganzen Inhalt in ein passendes feines Sieb gießen, mind. 10 Minuten abtropfen lassen (nicht mit Pressen nachhelfen)
  • 4 frische Eier trennen, Eigelb in einen Schlagkessel geben (Eiweiß anderweitig verwenden************), mit 1 Essl. der Reduktion vermischen

Finish:

  • Backofen auf 52 Grad (für medium-rare), 55 Grad (für medium) bzw. 62 Grad (für medium-welldone) vorheizen
  • 1 guten Essl. Butterschmalz in einer schweren Pfann gut erhitzen (8,5 von 9, 180 bis 200 Grad)
  • Wenn das Fett wirklich heiß ist, Fleisch auspacken, nochmals trockentupfen, in die Pfanne einlegen, pro Zentimeter Fleischdicke 1 Minute auf jeder Seite scharf anbraten
  • Gegen Ende des Bratens salzen
  • Gebratenes Fleisch in Alufolie wickeln, in den vorgeheizten Backofen stellen
  • 15 Minuten Pause machen, damit das Fleisch ruhen kann
  • Schlagkessel mit Eigelb und Reduktion auf einem großen Topf mit leicht siedendem Wasser stellen (der Schlagkessel soll nicht im heißen Wasser hängen, sondern nur im sachten Wasserdampf darüber)
  • Ei-Mischung mit den Quirlen des Handrührers oder dem Schneebesen durchschlagen, leicht abgekühlte geklärte Butter in dünnem Stahl einarbeiten und zur Hollandaise aufschlagen
  • Hollandaise mit Salz, Chayenne und evtl. ein paar Tropfen Zitronensaft würzen und abschmecken
  • Wasser unter dem Schlagkessel auf kleinste Flamme drehen, Hollandaise warmhalten
  • Fleischpfanne wieder moderat erhitzen (7 von 9), sautierte Zwiebeln und Pilze hineingeben, kurz wieder erhitzen (nicht mehr braten)
  • 4 dicke Scheiben Bäcker-Kastenweißbrot toasten
  • Je eine Scheibe Toast auf je einen Teller geben, Fleisch aus der Folie wickeln, Fleischsaft in die Pfanne zu der Zwiebel-Pilz-Mischung geben, je ein Stück Fleisch auf je einen Toast geben
  • Zwiebel-Pilz-Mischung auf den 4 Toasts über den Fleischstücken gleichmäßig verteilen
  • Toast mit der warmen Hollandaise überziehen, mit irgendwas Grünem garnieren, sofort servieren

* Man kann auch zwei Scheiben rohes Roastbeef in entsprechender Dicke verwenden, die man dann halbiert.

** Wer frischen Thymian und frisches Bohnenkraut zur Hand hat, umso besser, immer her damit.

*** Man braucht für die Reduktion wirklich nur die Petersilien-Stängel (die ansonsten weggeworfen werden oder in der Suppe landen), die Blätter kann man getrost anderweitig verwenden. Wer gerade keine passende anderweitige Verwertung für die Blätter hat, der möge getrost zwei grob gehackte Petersilienstängel mit Blättern in die Reduktion werfen.

**** „Was Grünes“: hier will ich jetzt wirklich keine Vorgaben machen, was Grünes halt. Das können die abgezupften, gehackten Petersilienblättchen der Petersilienstängel für die Reduktion sein. Schnittlauchröllchen oder ganz leicht gehackte Kresse sind für meinen Geschmack optimal. Es gehen auch feine Röllchen von dem Grünen von Frühlingszwiebeln. Koriander oder Pimpinelle kommen speziell, Zitronenmelisse passt nicht. Kurz blanchierte oder selbst rohe gehobelte Grüne Spargel sind hier köstlich. Auch ein Pesto (als Sauce auf der Sauce) kann interessant werden. Oder – für Feinmotoriker – ein Fächer von einer viertel Avocado.

***** Bitte nicht glauben, man könne dieses Gericht mit dünnen Scheiben Labber-Industrie-Weißbrot aus der Plastiktüte herstellen (auch wenn es in den meisten Restaurants so serviert wird). Das wird nur eklig-armselig. Es braucht ein möglichst kompaktes Kastenweißbrot vom echten Bäcker, die Scheiben so dick geschnitten, dass sie noch eben in den Toaster passen.

****** Eine Anmerkung zu „gut heiß“: „Gute heiß“ bedeutet nicht, das Fett auf boost zu schmelzen, dann das Gargut reinzuwerfen und runterzuschalten, weil das reguliert sich dann schon von alleine (in erster Linie wird das Gargut so zuerst einmal verbrannt). „Gut heiß“ bedeutet auch nicht, das Gargut schon in das lauwarme Fett zu geben, weil das wird schon mit dem Fett heiß (in erster Linie wird sich das Gargut mit dem lauwarmen Fett vollsaugen!). „Gut heiß“ bedeutet, wenn das Fett die richtige Temperatur hat, wird das Gargut reingegeben, nicht vorher, nicht nachher. Punktum. Bis so ein Löffel Butterschmalz geschmolzen ist und die richtige Temperatur auf 7 erreicht hat, kann man getrost eine ruhige Zigarette auf dem Balkon rauchen. Nur ned hudle!

******* Ich habe das schon verschiedentlich geschrieben: überall liest man, man solle Pilze nie waschen, alldieweil sie sich dabei mit Wasser vollsaugen. Stattdessen soll man sie nur vorsichtig mit einem Pinsel abpinseln. Herrgott! Das mag ja vielleicht noch zutreffen bei Pilzen, die roh in einen Salat gehobelt werden. Aber diese Pilze hier werden gleich 15 Minuten oder so in Butterschmalz sautiert. Jedwedes Wasser, das sie vorher aufgesogen haben mögen, wird dann auch wieder trefflich ausgeschwitzt. So what?

******** Sollten nur diese Monster-Zuchtchampignons in nahezu Hamster-Größe zur Verfügung stehen, so würde ich diese in Scheiben schneiden. Ich nutze dazu einen soliden, metallenen Eierschneider, der etwas mehr kostet als 99 CENT im Ramschladen.

********* Pfanne nicht auswischen, der Zwiebelgeschmack und das restliche Zwiebelfett dürfen durchaus drinnen bleiben; nur alle Zwiebelstücklein sollten zuverlässig herausgeschabt sein, die würden beim zweiten Sautier-Vorgang verbrennen.

********** Das Sautieren von Pilzen ist ein Mann-gegen-Mann-Kampf. Es reicht nicht, die Pilze jede Minute einmal wild durchzurühren. Jeder einzelne Pilz bzw. Pilzhälfte will beobachtet sein, manche liegen chronisch auf dem Rücken, manche chronisch auf dem Bauch, egal, wieviel man rührt. Diese rebellischen Pilze wollen dann von Hand einzeln umgedreht sein. Watch it, Baby!

*********** Zwiebelschalen sind weder giftig noch unappetitlich (nun gut, direkt essen möchte ich sie nun auch nicht). Früher wurden sie zum Färben von Ostereiern hergenommen, Zwiebelschalensud ergibt ein sattes Ocker auf weißen Eiern. Die österreichische und süddeutsche Küche wirft konsequent Zwiebelschalen in jedwede Rindssuppe, alldieweil sie eine goldgelbe Brühe erzeugen.

************ Man muss nicht immer gleich Salzburger Nockerl oder Meringue machen, wenn man Eiweiß (wie so oft) übrighat. Eiweiß lässt sich trefflich einfrieren und später verwenden, z.B. zum Klären einer Brühe.

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