Man liest es ja immer und immer wieder, diese grüne Paste, die uns beim Asiaten zum Sushi serviert wird, und die Tuben mit grüner Paste und Döschen mit grünem Pulver zum Anrühren in heimischen Supermärkten werden zwar allesamt Wasabi genannt, sind aber alles andere als Wasabi. So enthält die Wasabi-Paste lt. Verpakungsangabe 24% Meerrettich, Feuchthaltemittel Sorbit, Zucker, Maisstärke, Rapssamenöl, Salz, Sojamehl, Wasser, geriebener Wasabi 1,6%, Aroma, Kurkuma, Säuerungsmittel Citronensäure, Verdickungsmittel Xantan, Farbstoff Brillantbau FCF; das Wasabi-Pulver kommt mit 97% Meerrettich, Senfmehl, Spirulin, Kurkuma gleich ganz ohne echten Wasabi aus. Das stört aber die Wenigsten, schon gar nicht die Restaurant-Betreiber, die das Zeugs als Wasabi deklarieren und servieren, was ja eigentlich krimineller Betrug in großem Stil ist, aber auch das scheint wenige zu scheren, weder bei den Gastronomen noch bei den Gästen. Dabei schwärmen Japan-Besucher in höchsten Tönen von der differenzierten, so völlig andersartigen Schärfe frischen Wasabis, botanisch Eutrema japonicum, aus der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae), auch Japanischer Meerrettich oder Wassermeerrettich genannt. Genutzt wird hier nicht – wie oft fälschlich geschrieben – die Wurzel, sondern der vertikal wachsende beblätterte Wurzelstock, vielleicht vergleichbar mit dem Wurzelstock von Rosenkohl. Als Wildpflanze kommt Wasabi vor allem in sumpfigem Gelände am Rand von Fließgewässern in Japan vor. Als Kulturpflanze wird sie zwischenzeitlich auch in anderen Ländern angebaut, so in Taiwan, Korea, Israel, Thailand, Neuseeland, USA und England, wobei Wasabi sehr anspruchsvoll ist, neben sumpfigem Boden ohne direktes Sonnenlicht darf das Klima nicht zu warm und nicht zu kühl sein, am besten zwischen 8° C und 20° C. Damit gibt es nur relativ wenige geeignete Anbaugebiete, was der Hauptgrund ist, weshalb echter Wasabi so rar und teuer ist.
Bis vor einiger Zeit war echter Wasabi in Deutschland kaum erhältlich, selbst Bos Food hatte ihn nicht im Angebot. Mittlerweile gibt es aber einige wenige Bezugsquellen, u.a. eben bei Bos. Da ich mir eine Reise nach Japan nicht leisten kann, beschloss ich also, mir ein Würzelchen echten Wasabis zum Kosten in Neuss zu ordern. „Ca. 39,77 €/Stk.“ stand da auf der Webpage mit dem diskreten Hinweis, dass der Stückpreis je nach Größe variieren kann, der Kilo-Preis liegt also bei 440 EURO. Damit spielt echter Wasabi preislich in einer Liga mit Trüffeln und Kaviar (von Wasabi braucht man allerdings deutlich weniger). Nun gut, 39,77 EURO kann man ja mal riskieren zum Probieren; da Bos erst ab 50 EURO versandkostenfrei liefert, rasch noch ein Döschen echten Störkaviars aus Deutscher Zucht von der Firma Desietra aus Fulda zusätzlich bestellt (dazu ein andern mal mehr) und sodann erwartungsvoll gewartet. Zwei Tage später kam dann tatsächlich ein Schuhkarton-großes Päckchen, darinnen ein Kühlaku, 100g Zuchtkaviar und eine Bananen-große Wasabi-Wurzel mit einem Gewicht von einem halben Pfund und somit einem Preis von 100 EURO – was soll ich sagen, das Wasabi war teurer als der Kaviar. Einerlei, die Neugierde war größer als der Preisschock.
Asiatische Kochbücher gewälzt, eingekauft, Freunde eingeladen, ausreichend Grillo von Feudo Maccari kalt gestellt und los ging‘s. Ein Löffelchen frisch geriebenen Wasabis für jeden zum pur probieren: deutliche Schärfe von Senfölen, die vor allem in die Nase steigt, auf der Zunge eher harmlos, allerdings am Gaumen nochmals leicht brennend. Multiple Orgasmen blieben hier ebenso aus wie Tränen- oder Feuerspuck-Exzesse. Nette Schärfe, etwas anders als bei ordinärem Meerrettich, aber keine differenzierteren, extraordinären Geschmackserlebnisse. Sodann haben wir einen Abend lang den – reichlich vorhandenen – Wasabi zu Spänen geraspelt, zu Paste zerrieben, roh gegessen, mitgebraten, mitgekocht zu unterschiedlichsten Gerichten. Was soll ich sagen? Der Wumms fehlte, eine dezente, aber geschmacklich nicht extraordinäre Schärfe, keinesfalls den Preis wert.
Also, entweder wir hatten da einen Scheiß Wasabi Wurzelstock, oder wir haben alles irgendwie falsch macht. Falls ein gegeigter Leser einen wohlmeinenden, hilfreichen Tipp hat, was wir falsch gemacht haben könnten und wie man doch noch value for the money aus dem Zeugs kriegt, ich bin für jedwede Belehrung dankbar.