bean&beluga Dresden: Konzeptloses Können

Alfon Summa Summarum: konzeptlose Abfolge von aufwändig und gekonnt gemachten Gerichten, hübsch für’s Auge, teilweise sehr lecker, manchmal auch nicht, aber der geschmackliche Wow-Effekt, der blieb in Summe dann doch aus.

Stefan Herrmann hat 3 Jahre als Souschef bei Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube gearbeitet, bevor er 1977 in den „wilden Osten“ ging und als Küchenchef im Caroussel im Bülow Palais einen eigenen Stern erkochte. 2007 machte er sich mit seinem bean&beluga selbständig und stieg zu sowas wie der Doyen der Dresdner kulinarischen Szene auf. Mit zunehmenden geschäftlichen Aktivitäten vertauschte er die Küche mit Sitzungszimmern und Büros und überlies die Küche dem gebürtigen Görlitzer Marcus Langer als Küchenchef, der u.a. bei Nils Henkel im Schlosshotel Lerbach als Souschef arbeitete. Derweil machte es Stefan Herrmann wie andere erfolgreiche Köche und Gastronomie-Unternehmer. Um sein Sterne-Flaggschiff, das bean&beluga (Bohne&Kaviar) auf dem Weißen Hirsch in Dresden mit einem Michelin-Stern und 17 Gault Millau Punkten hat er ein kleines – Imperium wäre zu viel gesagt, nennen wir es – Geflecht aus eigentlich ertragreichen Unternehmungen aufgebaut, die einerseits vom Sternenglanz des Flaggschiffs und seines Kapitäns profitieren sollten, die andererseits wahrscheinlich dazu beitragen können, den selten wirklich profitablen Hochküchen-Betrieb mitzufinanzieren. Herrmann betreut mit seinen Leuten die Gastronomie in Semperoper und Schauspielhaus, dazu den Biergarten am Konzertplatz auf dem Weißen Hirsch, im Winter die Eislaufbahn und die Almhütte in der Innenstadt (gefühlte Goldgruben), das wohlfeilere Zweit-Restaurant hirsch32 im Erdgeschoss unter dem bean&beluga, daneben ein Feinkostlädchen, Kochkurse, … das klingt nach Hand-Dampf-in-allen-Gassen, ähnlich wie z.B. Alfons „Fonse“ Schuhbeck an „seinem“ Platzl in München, nur die regelmäßigen Fernsehauftritte fehlen noch. Und ganz ähnlich wie Alfons „Fonse“ Schuhbeck – der schon mehrere Pleiten hingelegt hat und auch dann und wann mal vor Gericht stand –  hat Herrmann dieses Konzept letztes Jahr in die Pleiten geführt, zu Ostern musste seine bean&beluga GmbH Insolvenz anmelden, zu Weihnachten folgte auch noch die Privatinsolvenz. Dennoch geht der Betrieb in allen Betrieben weiter, Insolvenzverwalter Olaf Seidel will das Konglomerat mit Herrmann an der Spitze retten und sanieren, ein löbliches Vorhaben. Und ein jüngst neu geschlossener zehnjähriger Pachtvertrag für Semperoper- und Schauspielhaus-Gastronomie sind schon mal eine gute Grundlage.

 

 

Trotzdem bleibt irgendwie ein komisches Gefühl, teures Nobelfresschen – 8 Gänge zu 160 € – in einem Pleite-Laden einzunehmen. Aber die Mitarbeiter lassen sich nichts anmerken. Es ist nicht zu übersehen, dass weder im bean&beluga noch im hirsch32 übergroßer Andrang herrscht. Der Wunsch, an einem wundervollen Mai-Abend lieber auf der Terrasse denn im ersten Stock speisen zu wollen, wird sofort erfüllt. Der Service ist zwar freundlich und kompetent, aber unendlich schleppend, um nicht zu sagen langsam. Gegen 19:30 kam das erste Amuse Gueul in strahlender Abendsonne, um 22:00 Uhr baten wir, die Speisefolge doch etwas zügiger zu gestalten, da wir noch ein Clubbesuch ab Mitternacht vor uns hätten, um 23:30 Uhr bestellten wir in kalter Nachtluft den Käse ab und forderten Dessert und Rechnung, es war lange nach Mitternacht, bis wir durchgefroren in’s Taxi steigen konnten. Klar braucht gutes Essen Zeit, aber was zu lang ist, ist zu lang(sam). Kulinarisch würden wir das gebotene als durchwachsen bezeichnen, großes Theater, kleine Portionen und viel Teller-Ikebana, aber ob wir dafür einen Stern vergeben würden, da waren wir uns nicht so sicher. Einen kleinen Quader aus einem Mairübchen herauszuschnitzen und ein Scheibchen Ingwer draufzugeben, das haut ebenso wenig vom Hocker wie Brunnenkresse aufzuschäumen oder Maibowle einzukochen, verpatzter Auftakt also. Geschmacklich interessant die gelierte Tannennadelreduktion mit geliertem Fond unter gebratenen Champignons, wenngleich von der Konsistenz her gewöhnungsbedürftig. Das Gänseleberparfait schlichtweg zu matschig – was den Temperaturen und Wartezeiten gezeiht sein mag – das Ganze als süße Begleitung mit einer Schicht Holunderblütengelee zu überziehen, naja, aber nett das Spiel der Konsistenzen mit den Mandeln. Das Tatar von der Gelbschwanzmakrele phantastisch, die Filets pur das blanke Gegenteil, dazu „entsafteter Cesar’s  Salad“, sprich ein ziemlich geschmacksintensiver Salat-Saft, keine schlechte Idee. Die Riesengarnele mit Büffelmozzarella einwandfreie Zutaten weitgehend unverfälscht serviert, die Kleckschen Mojo dazu eher untergehend. Phantastisch wieder das Bio-Ei mit Blumenkohl und Nussbutter, Spiel der Texturen und Aromen, hier zeigt sich großes Können und kulinarisches Feingefühl. Rotbarbe außer der Wertung. Heimisches Reh und Simmentaler Rind beide einwandfrei, tolles Fleisch, tolle Sößchen, nur zwei Fleischgänge direkt hintereinander kommen etwas ermüdend. Für uns war das Alles eine konzeptlose Abfolge von aufwändig und gekonnt gemachten Gerichten, hübsch für’s Auge, teilweise sehr lecker, manchmal auch nicht, aber der geschmackliche Wow-Effekt, der blieb in Summe dann doch aus.

 

8 Gänge 160 €, 5 Gänge 120 €

bean&beluga GmbH
Geschäftsführer: Stefan Hermann
Küchenchef : Marcus Langer
Bautzner Landstraße 32
01324 Dresden
Tel.: +49 (3 51) 44 00 88 00
Fax: +49 (3 51) 44 00 88 22
info@bean-and-beluga.de
www.bean-and-beluga.de

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