Auf der Suche nach der Deutschen Gastronomie: IV. Schloderer Bräu in Amberg

Tag 1: Augsburg – Amberg, 200 km, 3 Stunden Fahrtzeit, Übernachtung im Hotel Fronfeste, Drink im Eisenherz, Abendessen im Schloderer Bräu


Obwohl erst 1998 gegründet, soll der Hort typisch bajuwarischer Küche in Amberg der Schloderer Bräu mitten in der Altstadt sein. Man gibt sich jung hier, ein gezeichneter Grinse-Gaul mit blonder Mähne vor einem Braukessel ist das Maskottchen, das Vieh könnte jedem siebziger Jahre Comicheftchen entsprungen sein, man nennt sich selber „Erlebnisgastronomie“, ein Prädikat, das in den allermeisten Fällen ganz wenig Gastronomie und ganz viele schlechte Erlebnisse verheißt. Quasi um dies sogleich zu entkräften, liest man in der Speisekarte „Unsere Bratensoßen werden aus frischen Knochen angesetzt. Wir verwenden bei keiner unserer Soßen Geschmacksverstärker, Konservierungs- oder Zusatzstoffe.“ Traurig, wenn so etwas betont werden muss, das sollte doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Zünftig jedenfalls ist es eingerichtet im Schloderer Bräu zwischen hübschem Innenhof mit Galerie und Micro-Brewery Braukesseln, Steinfußboden, diesmal dreiviertel hohe Holzvertäfelung an den Wänden, darüber alte Bilder, wenig Deko-Kitsch, blanke, schwere Holztische, massive, rot bezogene Wirtshausstühle, -hocker und –bänke, das ist ein zwar neues, aber doch halbwegs rustikal-authentisch eingerichtetes bayrisches Wirtshaus. Entsprechend bajuwarisch-herzlich-brachial ist die Bedienung, gradlinig, grobmotorisch, dienstbar, dialektisch, freundlich, flott. Die Speisekarte ist dann allerdings nur bedingt echt bayrisch, neben Leberknödelsuppe, Wurstsalat, Schweinebraten, Radi und Gekochtem Knöcherl gibt es auch diverse Flammenkuchen, Burger, Steaks, Spare-Ribs, eine kleine Schnitzel-Karte, Kartoffel-Pizzen, Salate, vegetarisches und sogar veganes Zeugs wie Rote Linsen-Spinat-Curry, die Dessertkarte scheint sich komplett aus der Convenience-Tiefkühle zu rekrutieren. Nun gut, Gastwirte haben sich in bestimmten Maße nach dem Geschmack der Gäste zu richten, und am Amberger Rathausplatz tummeln sich gewiss nicht nur stiernackige eingefleischte Schweinsbraten-Fetischisten und Kartoffelknödel-Junkies, wenn Touristen, Zugereiste und die eigenen Kinder nach Currywurst, Ricotta-Zitronen-Basilikum-Parfait mit Tomate und Mozzarella, Mediterraner Gemüsepfanne (glutenfrei) und Ofenkartoffeln mit Chili und Putenfleisch mit Käse überbacken verlangen, so muss man das als mittelmäßiger Wirt ohne klaren USP halt auch servieren, wenn man mithalten will, ob man will oder nicht.

Im Einzelnen: Die Leberknödelsuppe ist eine ordentliche Fleischbrühe mit knackigen Gemüsewürfeln, mächtiger, plumper Knödel mit viel Brot und wenig Leber, eher sättigend als begeisternd, aber passt schon. Schweinsbratwürstel vom guten Metzger, Brot vom gutem Bäcker, Sauerkraut ok, zusammen ein richtig ordentliches, unspektakuläres, aber ehrliches Wirtshausgericht, und für 5,40 € sehr fair bepreist. Ebenso der Wurstsalat, große Portion, gute Lyoner, ordentlicher Käse, knackige Gürkchen, viele Zwiebeln, frische Kräuter, säuerliche Marinade, so muss Wirtshausküche zum süffigen Bier. Trauriger wird’s dann allerdings bei den Hauptspeisen. Das Gulasch ist faserig, in einem dünnen Sößchen, die Spätzle-genannten Mehlklumpen könnten alles Mögliche sein. Für seine Spareribs ist der Schloderer Bräu berühmt und berüchtigt, die einen lieben sie offenbar, die anderen nicht. Die Spareribs sind hier nicht – wie aus den Convenience-Tex-Mex-Restaurants gewohnt – vor-marinierte und vor-gegarte Baby Back Ribs, sondern richtig große, fleischige, aber auch entsprechend fettige und sehnige Rippen, für unseren Geschmack viel zu kurz gegrillt und offenbar nicht richtig mariniert. Was die angeblich selbst gemachte Sauce dazu von scharfen Ketchup unterscheidet, hat sich uns nicht erschlossen, und die Wedges-Kartoffeln dazu sind geviertelte, zähe, nicht knusprige, kaum gewürzte Kartoffeln vom Backblech, ob selbst geviertelt oder ob aus der Tüte weiß ich nicht. Die Schweinshaxe dann wieder recht gut, resche Haut, ordentlich Fleisch, nur ziemlich trocken, kurzes, dunkles, leckeres Sößchen, tadelloser Kartoffelkloß. Caros Seelachsfilet im Backteig war dann schließlich ein industriell produziertes, vorgeformtes Stück Fisch aus der Tiefkühle in die Fritteuse, die Remouladensauce dazu konservierungsstoffschwangeres Convenience, der Kartoffelsalat ein Papp, aber selber schuld, wer sowas in einer Brauereigaststätte bestellt, aber – um auf den Eingang zurückzukommen – ein Erlebnis war dieser Fischflatschen allemal.

Auch wenn unzufriedene Gäste, die ihrem Unmut über die Speisen-Qualität im Schloderer Bräu auf Tripadvisor Ausdruck verleihen, von den Betreibern des Etablissements auch schon mal öffentlich der Lüge bezichtigt und sonst wie beschimpft werden, so kann ich doch ebenfalls nicht umhin, auch ohne das Deckmäntelchen der Anonymität zu dem Schluss zu kommen, dass die Speisenqualität im Schloderer Bräu sich von „ganz ok für eine Brauereigaststätte“ bis zu „völlig inakzeptabel“ bewegt; aber das Ambiente ist urig, das Bier süffig, die Bedienungen typisch.


Gasthausbrauerei Schloderer Bräu
Gerhard Schmidkonz
Rathausstraße 4
D-92224 Amberg
Tel.: +49 (96 21) 42 07 07
Fax: +49 (96 21) 42 06 94
E-Mail: kommzu@schlodererbraeu.de
Online: http://schlodererbraeu.de/

Hauptgerichte von 8,20 € (Fleischpflanzerl, Kartoffelsalat, Karottengemüse) bis 22,10 € (Rib-Eye-Steak, Kräuterbutter, Ofenkartoffel), Drei-Gänge-Menue von 15,60 € bis 33,60 €

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