Déjà bu? München: Nett

Summa summarum: nettes, fast authentisches Bistro mitten in einer der Münchner Party-Meilen, klein, gemütlich, nettes Publikum, einfaches, ordentliches Bistro-Essen mit viel Potential nach oben, wohlfeile kleine, aber gute Weine von unbekannten französischen Winzern, ein Ort zum ungezwungenen Wohlfühlen

„Déjà bu?“, das übersetzt die hauseigene Webseite mit „Schon probiert?“, doch wenn mich meine marginalen Französisch-Kenntnisse nicht im Stich lassen, so kann es ebenso „Bereits besoffen?“ bedeuten. Nun gut, sind wir ehrlich, die Wein- und Spirituosen-Karte kann einen schon zum Saufen verleiten, auch über den Durst hinaus. Es ist fast wie in der französischen Kleinstadt – nicht wie in Paris! –, ordentliche französische Weine – ordentlich, alles andere als Spitzengewächse, aber auch alles andere als Fusel – werden in diesem Bistro zu – für Münchner Innenstadtverhältnisse – ausgesprochen moderaten Preisen angeboten, kaum eine Bouteille über 40 EURO, der – kleine – Champagner 1er Cru zu 60 EURO, hier bezahlt man noch das Produkt selber, und nicht irgendwelche Images, Marken, Sozialprestige, sowas mag ich. Ich spreche hier vom Déjà bu? von Nicolas Gilbertas in München, Nähe Gärtnerplatz in der Buttermelcher Straße (früher mal ein recht schönes, ursprüngliches Stadtviertel, heute zur Partymeile für Touristen, wohlhabende Studenten, Schicky-Mickys und Pack verkommen). Klein und eng ist es, das Déjà bu? (wie meistens in den Kneipen in dieser Gegend, kein Wunder bei den zwischenzeitlich astronomischen Mieten), innen kein Dutzend kleiner Bistro-Tische und eine kleine Bar, vor dem Haus auf dem Trottoire in der schönen Jahreszeit nochmals ein Dutzend Tische, fast alle besetzt von jungen Menschen, nicht halb so alt wie Caro und ich, zumeist gepflegt, kultiviert, man versteht sich auf den kleinen Genuss und art de vivre, zumeist wahrscheinlich bezahlt mit einem Scheck von Daddy oder Bain oder SAP. Weder Edith Piaf noch Gilbert Bécaud beschallen das Tableau, sehr schön, hier wird Frankreich anderster heraufbeschworen. Gedruckte Speise- und Weinkarten gibt es keine, stattdessen ein paar handgeschriebene Schiefertafeln mit dem, was gerade an Speis und Trank angeboten wird. Kein livrierter Kellner schleppt die Tafeln mit großer Geste an den Tisch, man muss sich schon selber den Kopf verdrehen oder aufstehen, um die Karten zu lesen. Die Weinkarte wird von Nicolas Gilbertas persönlich kuratiert, die Weine – alles junge Jahrgänge, keine Keller-Raritäten und -Schätze – stammen allesamt von kleinen, meist jungen, hier meist unbekannten französischen Winzern, sie wechseln häufig und sind fast alle auch offen erhältlich. So kann man Frankreich auch kennenlernen, sozusagen statt erreisen einfach ertrinken. Dazu gibt es kleine, einfache Speisen, wie es sich für in Bistro gehört: verschiedene Aufschnittplatten mit französischen Würsten, französischen Käsen, selbst gemachten Aufstrichen in unterschiedlichen Größen, dazu für deutsche Verhältnisse sehr gutes Baguette, genau das Richtige, um es in den hohlen Zahn beim Wein in geselliger Runde gemeinsam wegzufuttern. Die Würste, Käse und Aufstriche sind tadellos, nur die Foie Gras ist von minderer Qualität und leicht säuerlich, dazu fehlen irgendein süß-pikantes Chutney und die obligatorische Brioche. Als Hauptspeisen werden ein Croque Monsieur, ein Salat, eine Quiche und verschiedene Parmentiers angeboten, alle mit einem kleinen Salat. Das Croque ist ein Monster von Croque, nicht etwa zwei Labbertoastscheiben mit Pressschinken und Analogkäse dazwischen rasch in einem Sandwichmaker gebräunt (wie man es hierzulande – und leider immer öfter auch in Frankreich – meist zubereitet bekommt), sondern gutes, gehaltvolles, geröstetes Kastenweißbrot vom Bäcker, darauf viel Kochschinken und mit einer dicken Schicht eines guten Käses (ich tippe auf Comté) überbacken, das ersetzt trefflich jede Hauptspeise, und lecker ist es auch noch. Der Parmentier – ein Verwandter des Sheppard‘s Pie, hier gibt es ihn mit Ziegenkäse und Ratatouille, mit Entenconfit, Zwiebeln und Preiselbeeren, mit Blutwurst und Äpfeln oder mit Schwein und Pflaumensauce – hingegen ist etwas enttäuschend, das Ratatouille als Grundlage ist zwar ordentlich, aber die Kartoffelmasse darauf ist keine cremige Kartoffelbrei-Orgie, sondern eher eine feingrieselige, unterwürzte, pappige Masse mit ledriger Oberfläche (obwohl die Speisekarte Stein und Bein schwört, der Kartoffelbrei sei hausgemacht). Als Nachtisch gibt es Crumble oder Tarte du jour und ein paar Kleinigkeiten wie Macarons. Unsere Apfel-Tarte ist enttäuschend, breiige, geschmacklose Äpfel mit teils verbrannten, geschmackfreien Bröseln (die es nicht wert sind Streusel geheißen zu werden) obendrauf. Aber der Wein und die Brände sind lecker und wohlfeil. Der Service ist kontinuierlich im Stress, doch freundlich und kompetent (wenn man ihn dann mal erwischt). Das Publikum ist angenehm, ebenso die gesamte Atmosphäre des Etablissements: Klein-Frankreich mitten in München. Ich werde wieder hingehen, mich mit einer Wurst- und Käseplatte begnügen und das Nörgeln aufhören.


Déjà bu? – Gärtnerplatz
Le Bar Francais GmbH
Geschäftsführer Nicolas Gilbertas
Buttermelcherstrasse 2A
D – 80469 München
Tel.: +49 (1 74) 7 04 88 07
E-Mail: gaertnerplatz@deja-bu.de
Online: www.deja-bu.de

Gemischte Wurst-Käse-Aufstrich-Platten 7,80 € bis 31,90 €, Hauptgerichte 7,50 € bis 13,90, Desserts 1,50 € bis 8,30 €

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