„Kreiert nach einem Gordon’s Originalrezept aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts schafft dieser Rosé-Gin die Balance zwischen erfrischendem Gordon’s, der natürlichen Süße von Himbeeren und Erdbeeren sowie säuerlich-herben Johannisbeeren in einem ganz einzigartigen Roséfarbton. Zur Herstellung wurden nur natürliche Fruchtaromen verwendet, um echten Beerengeschmack höchster Güte zu garantieren.“ verspricht das Marketing-Sprech der Werbeabteilung des Sprit-Multis Diageo (ca. 12 Milliarden GBP Umsatz, 30.000 Mitarbeiter weltweit, dem Konzern gehören Marken wie Smirnoff, Guinness, Kilkenny, Tanqueray, Pimm’s, Baileys, Captain Morgan, Ron Zacapa, Cardhu, Clynelish, Cragganmore, Dalwhinnie, Glen Elgin, Glenkinchie, Knockando, Lagavulin, Oban, Talisker, Old Bushmills, Dimple, J&B, Johnnie Walker und eben Gordon’s Gin). Da haben wir’s wieder, die Mär des geheimen, vergessenen Familienrezepts aus dem vorletzten Jahrhundert, das just jetzt wiederentdeckt und nachgebraut wurde: wie oft haben wir jetzt eigentlich diesen Schmarr’n bei der Einführung einer neuen Gin-Marke schon aufgetischt bekommen?
Dabei ist dieser Premium Pink weder ein London Dry noch ein London Gin, sondern gerade mal ein „Distilled Gin“, das „Premium“ im Namen hört sich gewiss gut an, sagt aber überhaupt nichts aus. Geschmacklich ist das eine süße Plörre, der Wachholder geht völlig unter, die vorherrschenden Aromen sind Gummibärchen und Red Bull in einer zaghaften 37,5 prozentigen Alkohol-Lösung für knapp 20 EURO pro Liter eher im unteren Gin-Preissegment.
Wenn man genau liest, so sagen Leute die Diageo-Werbe-Kolonne ja „nur natürliche Fruchtaromen“. Daraus wird dann bei kompetenten Werbetexte-Abschreibern wie dem „Schnapsblatt“ dann: „Vielmehr stützt sich die Brennerei in Großbritannien bei der Aromatisierung auf Erdbeeren, Himbeeren und rote Johannisbeeren.“ (https://www.rumundco.de/magazin/gordons-premium-pink-distilled-gin/) Das „Spirituosen-Journal“ lügt sogar „Hinzukommen echte Früchte: Erdbeeren, Himbeeren und Johannisbeeren sollen für eine natürliche Süße und die pinke Farbe sorgen.“ (https://www.spirituosen-journal.de/news-markteinfuehrung-des-gordons-pink-distilled-gins-51031/) Das ist alles nur peinlich. Man fragt sich schon, wer diese Seiten betreibt, wer den Content macht und vor allem warum. Diageo spricht von „natürlichen Fruchtaromen“, und darüber schreibt z.B. der Stern: „“Natürliches Aroma“, das nach Himbeere schmeckt, lässt sich aus Zedernholz oder mithilfe von Essigsäurebakterien aus Hopfen gewinnen. Und der Geschmack von Erdbeeren stammt häufig aus Buchweizenstelzen. Apfel-Aroma wird aus Weinfuselöl, Tagetesöl und Hefeöl-Destillat gewonnen – und mit einem Schuss biotechnologisch hergestelltem Äthylacetat abgerundet. Auch die Geschmacksrichtungen Pfirsich, Kokos, Nuss oder Bratkartoffel lassen sich „natürlich“ herstellen: mittels Schimmelpilzkulturen.“ (https://www.stern.de/gesundheit/aromastoffe-in-lebensmitteln–so-kuenstlich-sind-natuerliche-aromen-6393290.html) Und bei Wikipedia findet sich die nette Ergänzung: „So können etwa aus Schimmelpilz-Kulturen Aromen hergestellt werden, die nach Pfirsich, Kokos oder Nuss schmecken, und natürliches Aroma mit Himbeergeschmack wird zumeist aus Zedernholzöl gewonnen. Vanillin kann als natürliches Aroma deklariert werden, wenn es gentechnisch erzeugt wurde, während es bei der üblichen Erzeugung aus Abfällen der Zellstoff-Gewinnung (Sulfitablauge) oder aus Erdöl früher als naturidentisch eingestuft wurde und heute einfach als Aroma ohne nähere Kennzeichnung deklariert wird.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Nat%C3%BCrliches_Aroma) Natürliches Aroma, das besagt laut EU-Verordnung (Nr. 1334/2008) lediglich, dass es mittels geeigneter physikalischer, enzymatischer oder mikrobiologischer Verfahren aus Ausgangsstoffen pflanzlicher oder tierischer Herkunft gewonnen wird und mit in der Natur vorkommenden Aromastoffen chemisch identisch ist. Also, to make a long story short „natürliches Erdbeer-Aroma“ hat absolut nichts mit Erdbeeren zu tun, sondern z.B. mit Buchweizenstelzen oder Zedernholz. Mahlzeit.
Aber was macht man mit solch einer Plörre? Wenn pubertierende 14jährige Mädchen eine probate Zielgruppe für Gin wären, so wäre dies sicherlich das geeignete Getränk; sie sind aber keine probate Zielgruppe. Aber klar, damit kann man hübsche bunte süße Drinks mixen, und wer Red Bull säuft, wird auch dieses Zeugs mögen. Also, liebe Barkeeper, lasst Eurer Kreativität freien Lauf und serviert rosa Mist mit Schirmchen …