Summa summarum: Melange aus gehobener, gut-bürgerlicher Bayrischer Küche mit modernistischen internationalen kulinarischen Kontrapunkten in entspanntem, gepflegtem Ambiente. Die Bayrische Küche ist dabei durch die Bank weg gekonnt, solide, teilweise herausragend, die modernistischen internationalen Gerichte schwächeln meist bei Zubereitung und Wohlgeschmack.
Seit 1988 gibt es im ehemaligen Süßengut mitten im alten Pasing gepflegte Bayrische Küche mit internationalen Einsprengseln. Das Anwesen, ein 300 Jahre alter, renovierter Bauernhof mit verschiedenen Stuben ist romantisch, authentisch, gemütlich, gepflegt, gediegen, ebenso der Gastgarten vor dem Haus unter alten Kastanien. Alte Holzdielen, Kastendecken, viel echtes Holz mit Patina, Leinentischtücher, keine System-Gastronomie-Ausstattung, sondern echte alte Möbel, dezentes, und doch ausreichendes Licht, schon bajuwarische Deko, aber kein überbordender Kitsch und auch keine Baumarkt-Drucke, ordentliches Geschirr, Besteck, Gläser, das alles ist keine Dorfkneipe, das hat schon Anspruch und ist dennoch heimelig-gemütlich-ungezwungen. Die Bedienungen sind flott, kompetent, freundlich und gehen auf die Wünsche der Gäste ein, das Publikum ist eher älter und geldig, junge Leute sieht man seltener, eher schon fröhlich zechende und schmausende Rentnergangs sowie wohlhabende Großeltern, die Kinder und Enkel zum Sonntagsmahl einladen. Küchenchef Werner Böswirth bietet zum einen solide Hausmannskost – Grießnockerlsuppe, gebackener Kalbskopf, Kalbsleber mit Kartoffelpü, Filetspitzen mit Rösti, Nudeln mit Pfifferlingen, Bayrische Creme – , aber zum anderen auch nicht typisch bajuwarische Gerichte wie Riesengarnelen auf Hummus, Gefüllte Zucchiniblüten & Jacobsmuschel auf Krebssauce, Loup de Mer auf gebratenem Spargel, Rinderfilet unter der Parmesankruste oder Passionsfruchtparfait mit Ananaskompott. Diese Mischung ist recht klug, wenn der konservative Opa nach Ente mit Kloß und Kraut verlangt, die kulinarisch progressive Enkelin aber die Leichtigkeit des Südens oder gar veganes Zeugs wünscht, so ist die Goldene Gans gewiss die passende Schnittmenge, auf die sich beide einigen können.
Ich muss sagen, Opa hat da in diesem Fall die eindeutig besseren Karten in der Goldenen Gans. Schnittlauchquarkzubereitung und aufgebackenes TK-Baguette, nun gut, nett und man kann nicht viel falsch machen. Aber Cocktailsauce mit ein paar Tiefkühl-Garnelen und Ananasstücklein aus der Dose darinnen mit Dillzweiglein darauf als Amus Gueule, das ist ein Armutszeugnis. Die Rindssuppe ist ordentlich und kräftig vom Geschmack, leider aber trübe (das sind dann so die Kleinigkeiten, die einem Koch nicht passieren sollten), wohl tatsächlich selbst gemachter Brätstrudel und ein phantastisch fluffiges Grießnockerl mit leichter Muskat-Note, das ist dann tadellos und richtig gut. Nicht richtig gut danach die frischen Morcheln auf Spinat mit pochiertem Ei. Das Ei nicht richtig pochiert, das Eiweiß noch glibbrig, die Morcheln matschig bis schon schleimig, dazu kaum Eigengeschmack, der Spinat schließlich schlecht geputzt, noch mit dicken, langen, harten Stängeln. Das war geschmacklich nicht lecker und von den Konsistenzen im Maule her eher unangenehm bis Würgereiz auslösend. Danach fischelnde, schlecht entdarmte, kurz gegrillte Garnelen, keineswegs – wie angekündigt – auf Avocado-Tatar, sondern einfach auf Avocado-Matsch, nicht etwa Guacamole-mäßig, sondern ungewürzter, fettiger Avocado-Matsch unter einem zu allem Überfluss auch öligen Salat, dazu als Garnitur 3 halbe Kirschtomaten, 1 Physalis, 3 Zuchtblaubeeren, 1 Himbeere, 1 Rote Johannisbeerrispe, wohl um dieses Drama zu kaschieren: erfolglos. Aber, nach diesen Enttäuschungen durchaus wieder solide, sehr gute, gekonnte bürgerliche Kochkunst. Der Kalbstafelspitz kommt daher als tadelloses, auf den Punkt gegartes, qualitativ hochwertiges Fleisch auf einer leckeren Meerrettichsauce und reichlich frisch gehobeltem Meerrettich. Das Beilagengemüse offensichtlich nicht aus dem Convenience-Beutel, sondern selber vorbereitet und knackig gedünstet. Auch die Bratkartoffeln dazu für Bayrische Verhältnisse tadellos. Solche Gerichte machen Spaß in der Golden Gans. Absolut gigantisch schließlich die halbe Ente, wohl eine der besten Enten, die ich je in München gegessen habe. Zart, perfekt gegart, unglaublich viel Fleisch daran (nicht so ein Turbo-Zucht-Hunger-Vögerl), gut gewürzt (etwas mehr Beifuß hätte nicht geschadet, aber das ist Fine-Tuning), ein kurzes, unverfälschtes, köstliches Sößchen direkt aus dem Bratreindl, nicht literweise angerührt aus dem Beutel, tatsächlich selbst gemachte Kartoffelknödel, selbst gemachtes süßes Blaukraut mit Biss und Apfelscheiben. Wenn – wenn! – man der Ente vor dem Servieren noch 2 Minuten im Salamander gegönnt hätte, damit auch die Haut richtig kross wird, wäre diese Ente perfekt. Nun ja, man kann nicht alles haben. Zum Abschluss die Créme Brûlée mit sehr leckerem , leider etwas süß geratenem Mascarponeeis, Bayrische Créme und Variation vom Topfen mit Rhabarber und Mandelkrokant, alles tadellos, gekonnt, keine Hochküche oder so, aber ein würdiger, wohlschmeckender Abschluss eines von Höhen und Tiefen gekennzeichneten gutbürgerlichen Mahles.
Restaurant Goldene Gans GmbH
Walter Mendel
Küchenchef: Werner Böswirth
Planegger Straße 31
81241 München
Tel.: +49 (89) 83 70 33
Fax: +49 (89) 83 70 34
E-Mail: mendel@goldenegans.net
Internet: www.goldenegans.net